Neue S3-Leitlinie

Komplementärmedizinische Behandlungen bei Krebspatienten

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Zahnmedizin
Eine neue S3-Leitlinie bewertet komplementärmedizinische Verfahren wie Akupunktur, Yoga oder Baldrian-Gabe bei Krebspatienten. Ergebnis: Sie können Therapie und Krankheitsverlauf auch negativ beeinflussen.

Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen” erarbeitet, die im Juli 2021 veröffentlicht wurde. Darin werden die wichtigsten zur komplementären und alternativen Medizin zählenden Methoden, Verfahren und Substanzen, die aktuell in Deutschland angeboten werden, nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin bewertet.

Ein präzises Nachschlagewerk

Mit insgesamt 155 Statements wurde für alle, die onkologische Patienten begleiten und behandeln, ein präzises Nachschlagewerk geschaffen, das es ermöglicht, Fragen von Betroffenen evidenzbasiert zu beantworten, aktiv Empfehlungen auszusprechen oder von konkreten Maßnahmen und Verfahren abzuraten.

Man kann nach Symptom oder direkt nach der Therapie suchen

Einerseits kann anhand eines Symptoms in einer Tabelle nach komplementäre Therapien gesucht werden. Andersherum kann auch direkt nach der Therapie und dem Verfahren gesucht werden, welche in vier thematische Blöcke unterteilt sind. Zum ersten Block „Medizinische Systeme” zählen zum Beispiel Akupunktur, klassische Naturheilverfahren oder Homöopathie.

Unter die Kategorie „Mind-Body-Verfahren” fallen unter anderem Meditation, Thai Chi und Yoga; zu „Manipulativen Körpertherapien” zählen beispielsweise Chirotherapie, Osteopathie, Hyperthermieverfahren und Schwedische Massage; unter „Biologische Therapien” fallen unter anderem die Verabreichung verschiedener Vitaminpräparate sowie Phytotherapeutika (Baldrian, Ginseng, Ingwer).

Kombinierte Vitamin-C/E-Therapie beiXerostomie kontraindiziert

Sucht man in der Tabelle nach Xerostomie, die häufig bei Kopf-Hals-Tumoren als Nebenwirkung der Strahlentherapie auftritt, findet man eine Empfehlung zur Anwendung von Akupunktur zur Verbesserung der Symptome (Empfehlungsstärke: kann). Für die Anwendung von Zink liegen keine ausreichenden Daten vor.

Zur Milderung der Symptome einer Strahlentherapie-induzierten Xerostomie sollte gemäß der S3-Leitlinie eine Supplementierung einer Kombination aus Vitamin C und E explizit nicht verabreicht werden (Empfehlungsstärke: sollte nicht). So sei „[…] der Einsatz von Radikalfängern (Vitamin C und E) während einer Radiotherapie in Gänze infrage zu stellen” sei [S3-Leitlinie]. Die Verfasser vermuten, dass dies die Wirksamkeit der Bestrahlung negativ beeinflusst und damit die Xerostomie verringert haben könne.

Interaktionenverschiedener Therapien und ihre Folgen

Das vorangegangene Beispiel der Xerostomie zeigt exemplarisch, dass Interaktionen verschiedener Therapien unter anderem zu einer Verminderung der Wirksamkeit der Tumortherapie führen können. Hinzu kann es zu Nebenwirkungen – beispielsweise bei der Verabreichung von Phytotherapeutika – kommen, die sich in einer Organtoxizität äußern können. Diese werden möglicherweise nicht als unerwünschte Wirkung der komplementären Therapie, sondern der Tumortherapie gedeutet und diese möglicherweise geändert, was erhebliche Konsequenzen für die Erkrankten hat.

Die Häufigkeit solcher Interaktionen ist schwer zu bestimmen, da es zu wenig systematische Erfassungen zu diesem Thema gibt. Die wenigen hierzu verfügbaren Daten zeigen jedoch, dass solche Wechselwirkungen bei einem Drittel aller Patientinnen und Patienten wahrscheinlich sind. Hinzu kommt ein weiteres Drittel, bei denen eine Interaktion zumindest möglich erscheint.

Die Datenlage ist sehr dünn

Alles in allem liegen für die meisten Methoden der komplementären Medizin nur wenig wissenschaftliche Daten vor oder die Studien haben durch geringe Fallzahlen oder fehlende Vergleichsgruppen nur eine geringe Aussagekraft.

Während sich die Anwendung einiger komplementärmedizinischer Methoden günstig auf bestimmte Nebenwirkungen der onkologischen Therapie oder auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirken kann, gibt es nur in wenigen Studien systematisch erfasste Daten zu potenziellen Schäden in Form von Nebenwirkungen und Interaktionen komplementärer oder alternativer Methoden.

Deshalb ist es empfehlenswert, die Erkrankten frühestmöglich und im Verlauf wiederholt zur aktuellen und geplanten Anwendung von komplementären Maßnahmen zu befragen, bei Interesse auf verlässliche Informationsquellen zu verweisen und gezielt auf mögliche Interaktionen zwischen diesen Anwendungen und der Krebstherapie hinzuweisen.                                                         „Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen”,Langversion 1.0, 2021, AWMF Registernummer: 032/055OL

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