KZBV warnt vor Fristen und Sanktionen
Zum Hintergrund: Erstmals wurde 2005 gemäß SGB V (§291b Absatz 4 Satz 4) eine Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der eGK erlassen. Grund war, dass die gematik damals – nach Fristsetzung durch das Bundesgesundheitsministerium - notwendige Beschlüsse zur Erprobung der Einführung der eGK nicht fristgerecht erfasst hatte.
Die Beschlüsse betrafen die Erprobungsverfahren des Versichertenstammdatenmanagements. Inzwischen hat die gematik diese Maßnahmen durchgeführt, die jetzige Verordnung ist damit obsolet. Hinzu kommt, dass im Rahmen des E-Health-Gesetzes von 2015 festgelegt wurde, dass die Maßnahmen bei der gematik nicht mehr durch Verordnungen von Ersatzvornahmen (durch das BMG) erreicht werden sollten, sondern durch gesetzliche Fristen, Anreize und Sanktionen.
Marktoffenes Verfahren
Notfalldaten und Medikationsplan sollen schnellstmöglich auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden können. Die gematik-Gesellschafter haben deshalb Ende Dezember das Zulassungsverfahren und das dazugehörige Feldtestkonzept freigegeben und damit nach dem Versichertenstammdaten-Management nun auch die Einführung der medizinischen Anwendungen der Telematikinfrastruktur ermöglicht.
Beim sogenannten Marktmodell werden nicht mehr einzelne Industrieunternehmen mit einer vorgeschalteten Erprobung beauftragt: Stattdessen entwickeln Industrieunternehmen – wie bisher – ihre Produkte wie beispielsweise Konnektoren anhand der gematik-Spezifikationen. Anschließend reichen sie diese zur Zulassung ein. Dabei wird unter anderem im Testlabor der gematik der Nachweis erbracht, dass das jeweilige Produkt interoperabel und funktional ist.
Zusätzlich bestätigt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Sicherheit des Produkts. Die gematik erteilt daraufhin eine Zulassung unter Auflagen, mit der die Industrie zunächst in einem eigenverantwortlichen Feldtest mit einem beschränkten Teilnehmerkreis die Funktionalität und Interoperabilität in realen Versorgungsumgebungen nachweisen muss.
Quelle: gematik
Das BMG plant jetzt, dass die gematik bei künftigen Maßnahmen (das betrifft die Notfalldaten und den elektronischen Medikationsplan) nicht mehr an eigene Erprobungsverfahren gebunden sein soll. Vielmehr soll die gematik die Möglichkeit erhalten, neue Verfahren und Konzepte zu entwickeln und ihre Testverfahren zu flexibilisieren. Dazu hat das BMG jetzt einen Referentenentwurf vorgelegt, der die alte Verordnung aufhebt. Der neue rechtliche Rahmen soll an die bereits bestehende Praxis angepasst werden, eine Erprobung im marktoffenen Verfahren durchzuführen.
Erprobungsphase, Fristen und Sanktionen
Mit Fokus auf Praxistauglichkeit, Datenschutz, Interoperabilität, Kompatibilität, Stabilität und Sicherheit der TI wurde im Echtbetrieb die Online-Aktualisierung der Versichertenstammdaten in den letzten Jahren getestet und abgeschlossen. Inzwischen werden alle Praxen sukzessive an die Telematikinfrastruktur angeschlossen. Damit die Anbindung aller Praxen auch zügig erfolgt, schaffte der Gesetzgeber folgenden Vorgabe: Gemäß E-Health-Gesetz sollten diejenigen Ärzte und Zahnärzte, die bis zum 1. Juli 2018 keinen Zugang zur Telematikinfrastruktur haben, mit 1 Prozent Honorarabschlag sanktioniert werden. Die Frist ist bis Ende 2018 verlängert worden.
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Der Referentenentwurf liegt nun den Verbänden zur Stellungnahme vor. In ihrer Positionierung betont die KZBV zwar die grundsätzliche Zielrichtung und begrüßt, dass die gematik jetzt mehr Möglichkeiten zur Flexibilisierung erhalten soll. Jedoch warnt sie ausdrücklich davor, dass die Maßnahmen durch Fristen, Anreize oder Sanktionen erfolgen sollen.
„Die Verknüpfung unrealistischer Fristen mit empfindlichen Sanktionen birgt die Gefahr, dass zur Vermeidung eben dieser Sanktionen sicherheitstechnische und datenschutzrechtliche Anforderungen an Komponenten zugunsten einer Einhaltung von Fristen (ggf. unvermeidbar) zurückstehen müssen.“
Angesichts des schrittweisen Ausbaus der Telematikinfrastruktur und der stetigen Zunahme der darin verfügbaren versichertenbezogenen Gesundheitsdaten hält die KZBV eine solche Vorgehensweise für „unverantwortlich.“ Auch fordert die KZBV, dass bei künftigen Testmaßnahmen eine Finanzierung der der am Test teilnehmenden Leistungserbringer erfolgt.