Umstrittene Wirkung von Koffein

Macht uns Kaffee wirklich wach?

LL
Gesellschaft
Wahrscheinlich bilden wir es nur uns ein, dass uns die Tasse Kaffee munterer macht. Zu diesem Schluss kommen jedenfalls wissenschaftliche Studien zur Wirkung von Koffein.

Koffein hat vor allem eine wachmachende Wirkung, wenn wir zu kurz geschlafen haben oder bereits sehr lange wach sind. Dann unterstützen koffeinhaltige Getränke das Wachheitsgefühl. Wenn wir ausgeschlafen sind, macht uns Koffein nicht wacher, als wir es schon sind. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) im Vorfeld ihrer Jahrestagung hin.

Unser Eindruck, dass uns Kaffee am Morgen beim Wachwerden hilft, komme daher, dass die meisten Menschen sogenannte chronische Koffein-Konsumenten sind. Das bedeute, dass sie täglich, egal, ob zu unterschiedlichen Zeiten oder nur ein Mal am Tag, Kaffee zu sich nehmen. „Unser Gehirn gewöhnt sich an den Wirkstoff. In der Nacht kann sich dann ein Mini-Entzug einstellen. Und der macht uns müde. Wenn dann Kaffee getrunken wird, hat dies bei Menschen, die täglich Kaffee trinken, schon einen positiven Effekt“, teilt die DGSM mit.

Kaffee macht nur wach, wenn man ihn selten trinkt

Andere Effekte stellen sich beim akuten Konsum ein. „In der Regel werden die Menschen für kontrollierte Studien gebeten, ein bis zwei Wochen auf Koffeingenuss zu verzichten, um sie wieder sensibel zu machen für diese psychoaktive Substanz. Die Forschergruppe des pharmakologischen Instituts der Universität Zürich konnte etwa zeigen, dass sogar schon vier Tage Abstinenz ausreichen, um mit einer morgendlichen Koffeineinnahme einen reduzierten Tiefschlaf in der darauffolgenden Nacht hervorzurufen“, erklärt Dr. Carolin Reichert, stellvertretende Leiterin des Zentrums für Chronobiologie der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel.

Das sei auch der Grund, warum wir stärker auf Koffein reagiert wird, je seltener man es konsumieren. Es gebe auch genetische Unterschiede, wie sensitiv Personen auf Koffein reagieren, aber auch andere Faktoren seien entscheidend für die Aufnahme, zum Beispiel ob jemand raucht.

Wie sollte man denn dann ideal Kaffee konsumieren?

Und wie sollte man dann ideal Kaffee trinken? „Wenn wir einen wachmachenden Effekt von Kaffee & Co. haben möchten, dann dürfen wir ihn nicht chronisch konsumieren“, erklärt Reichert. „Kaffee ist nur dann ein Wachmacher, wenn unsere Rezeptoren sensitiv auf ihn reagieren, und dazu braucht es Phasen der Abstinenz“. Sie empfiehlt, nicht nur auf den wachmachenden Effekt zu schauen: „In manchen Studien gibt es Anzeichen dafür, dass regelmäßiger Koffeingenuss vor neurodegenerativen Erkrankungen schützen könnte. Auch im psychiatrischen Bereich, zum Beispiel bei affektiven Störungen, weisen manche Studien nach, dass ein regelmäßiger Konsum günstig sein kann.“

Nicht zu vergessen sei auch der positive Gedanke, den wir Menschen mit dem Kaffeetrinken verbinden: „Koffein hat einen Einfluss auf das Dopamin-System. So könnte es ein Gefühl der Belohnung vermitteln und uns sogar dazu bringen, danach Dinge motivierter anzupacken.“

Auf der Jahrestagung gibt es auch ein Symposium mit dem Titel „Koffein: Segen oder Fluch - Mechanismen der Koffeinwirkung auf Schlaf, zirkadiane Rhythmik und Leistung“.

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