Berufsmonitoring der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Medizinstudierende wollen Work-Life-Balance und geregelte Arbeitszeiten

pr
Gesellschaft
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie geregelte, flexible Arbeitszeiten – das erwarten angehende Ärztinnen und Ärzte in Deutschland von ihrem künftigen Berufsleben. Erstmals wurden auch Studierende aus Frankreich und der Schweiz befragt.

Weitgehend über die Jahre konstant zeigen die sich Erwartungen angehender Ärztinnen und Ärzte an ihre spätere berufliche Tätigkeit. Das ergab das neue „Berufsmonitoring Medizinstudierende 2022“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die Umfrage unter 8.600 Teilnehmenden wurde gestern veröffentlicht. Demnach finden 92,5 Prozent von ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei ihrer späteren Tätigkeit als entscheidenden Faktor.

Im Monitoring von 2018 und 2014 bewegte sich der Wert noch um die 94 Prozent. Zu den weiteren entscheidenden Faktoren des künftigen Berufslebens zählen geregelte (für 83,1 Prozent wichtig) und flexible Arbeitszeiten (für 81,2 Prozent wichtig).

Erstmals wurden auch franzosen und Schweizer befragt

Das Berufsmonitoring der Medizinstudierenden wird im Auftrag der KBV alle vier Jahre seit 2010 von der Universität Trier zusammen mit dem Medizinischen Fakultätentag (MFT) und der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) durchgeführt. In diesem Jahr wurde auch zum Vergleich eine kleine Anzahl von Medizinstudierenden aus Frankreich (328 Teilnehmende) und der Schweiz (330) befragt.

Unterschiede bei den Erwartungen der Studierenden zeigten sich im Vergleich Deutschlands zu Frankreich. Dort spiele der Wert „geregelte und flexible Arbeitszeiten“ eine geringere Rolle, erläuterte Prof. Dr. Rüdiger Jacob, Universität Trier, bei der Online-Vorstellung der Befragung.

In Frankreich spiele der Wert „Krankheitsgeschichte und Lebensumstände der Patienten“ (88,1 Prozent) und die Arbeit im Team (79,6 Prozent) eine größere Rolle. Die Werte in der Schweiz seien denen in Deutschland ähnlich. Der Wunsch nach einer eigenen Praxis sei im Vergleich zu Deutschland in den beiden Ländern weniger ausgeprägt: in der Schweiz (49,7 Prozent) und in Frankreich (41,8 Prozent).

Der Wunsch zur Niederlassung bleibt, aber die Anstellung erscheint attraktiver

Der Wunsch zur Niederlassung zeigt sich in den letzten Jahren als relativ konstant. So gaben dieses Jahr 73,6 Prozent der Befragten an, sich niederlassen zu wollen. Für die hausärztliche Versorgung gaben dies 42,6 Prozent der Befragten an, für die fachärztliche Versorgung 71,2 Prozent. Die Anstellung können sich – im Vergleich zu den Vorjahren – jetzt mehr angehende Mediziner vorstellen: 2022 sind dies 96 Prozent, 2014 waren es noch 89,3 Prozent. Vor allem die Möglichkeit der Anstellung im ambulanten Sektor werde für die Ärzte immer interessanter, erklärte Jacob.

Veränderungen zu den Vorjahren gab es aber bei der Option einer Anstellung: So konnten sich jetzt 96 Prozent der Studierenden vorstellen als an­gestellte Ärztinnen und Ärzte zu arbeiten, 2014 waren es lediglich 89,3 Prozent.

Was die Problemfächer Allgemeinmedizin und Chirurgie angeht, gibt es leichte Veränderungen im Vergleich zu den Vorjahren. 36,8 Prozent können sich heute laut Befragung vorstellen, in der Allgemeinmedizin zu arbeiten, 2018 waren es nur 35,3 Prozent. Die Rekrutierung im Fach Chirurgie bleibt jedoch schwierig: Es können sich nur 25,7 Prozent vorstellen, dort zu arbeiten (2018: 24,3 Prozent).

8 von 10 wollen in der Heimat bleiben, aber nicht auf dem Land

Ein wichtiges Thema war auch, wo angehende Ärzteinnen und Ärzte gerne arbeiten oder auch nicht arbeiten wollen. So zeigt sich in Deutschland im Jahresvergleich eine stabile Heimatorientierung: 85,8 Prozent wollen im Heimatbundesland und 80,4 Prozent in der näheren Heimatregion arbeiten. Andere Bundesländer oder das Ausland erscheinen ihnen nicht so attraktiv.

Franzosen und Schweizer sind demgegenüber breiter orientiert und erwägen gerne auch eine Tätigkeit in einer anderen Region oder im Ausland. Insgesamt bleiben ländliche Regionen ein unbeliebter Arbeitsort – vor allem in Deutschland.

Der Monitor griff auch das Thema „Studieren in der Corona-Pandemie“ auf. In allen drei Ländern zeigten sich die Befragten überzeugt, dass die Pandemie Auswirkungen auf die Entwicklung wichtiger Kompetenzen habe. In Deutschland bejahten dies 67,7 Prozent, in der Schweiz 61,4 Prozent und in Frankreich 64,4 Prozent.

Während in Deutschland aber 58,4 Prozent der Auffassung waren, die Pandemie habe sich eher negativ auf sie ausgewirkt, empfanden die Befragten in der Schweiz die Auswirkungen als eher positiv (67,2 Prozent) und in Frankreich 50,2 Prozent als eher positiv. Als Verbesserung wurde in allen drei Ländern die Selbstorganisation genannt.

Zu den Verschlechterungen zählten die Deutschen die Kommunikation mit Kollegen und Patienten, während etwa die Schweizer hier Verbesserungen sahen. Franzosen und Schweizer gaben aus Verbesserung außerdem das Erlernen von medizinischem Fachwissen an. Vor allem die Digitalisierung, so das Fazit in allen drei Ländern, berge hohes Potenzial, die Umsetzung jedoch lasse noch zu wünschen übrig.

Das Monitoring erfolgte als Online-Befragung per E-Mail an deutschen Hochschulen über persönlich adressierte Verteiler der jeweiligen Fakultäten. Mit 8.600 Befragten entspricht dies etwa 12 Prozent aller Medizinstudierenden in Deutschland. Die ausführlichen Ergebnisse des aktuellen Berufsmonitorings erscheinen vorrausichtlich im ersten Quartal 2023.

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