Medizinischer Dienst (MD) stellt Jahresstatistik 2023 vor

Meldepflicht für Never Events gefordert

pr
Politik
Eine Meldepflicht für folgenschwere und vermeidbare Behandlungsfehler hat der Medizinische Dienst gefordert. Die Zahl der Gutachten liegt leicht unter dem Niveau der Vorjahre, so die neue MD-Statistik für 2023.

Im vergangenen Jahr hat der Medizinische Dienst (MD) bundesweit 12.438 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt. Das geht aus der neuen Jahresstatistik 2023 hervor, die der MD heute in Berlin der Presse vorgestellt hat. In jedem vierten Fall (3.160 Fälle) wurde demnach ein Fehler mit Schaden bestätigt. In jedem fünften Fall (2.679 Fälle) war der Fehler Ursache für den erlittenen Schaden – nur dann haben Patientinnen und Patienten Aussicht auf Schadensersatz, so der MD. Die Zahl der Gutachten lag geringfügig unter dem Niveau der Vorjahre. Es handelt sich dabei grundsätzlich um vermeidbare Schadensfälle. Der Bereich Zahnmedizin stand bei der Pressekonferenz nicht im Fokus.

In der aktuellen Jahresstatistik bezogen sich zwei Drittel aller erhobenen Behandlungsfehlervorwürfe auf Leistungen in der stationären Versorgung, vor allem in Krankenhäusern (8.177 Fälle). Ein Drittel bezog sich auf den ambulanten Bereich (4.233 Fälle). 29,5 Prozent der Vorwürfe (3.665 Fälle) betrafen die Orthopädie und Unfallchirurgie; 11,5 Prozent die Innere Medizin und Allgemeinmedizin (1.426 Fälle). Auf die Zahnmedizin entfielen 9,3 Prozent (1.156 Fälle – das bewegt sich etwa auf dem Niveau des Vorjahres) und auf die Frauenheilkunde und Geburtshilfe (1.119 Fälle) jeweils 9 Prozent ebenso viel wie auf die die Allgemein- und Viszeralchirurgie (1.118 Fälle). 5,8 Prozent der Vorwürfe bezogen sich laut der Statistik auf die Pflege (726 Fälle) und 26 Prozent der Vorwürfe entfielen auf 29 weitere Fachgebiete (3.228 Fälle).

In der Jahresstatistik 2023 sind 12.438 Verdachtsfälle zu insgesamt 994 verschiedenen Diagnosen erfasst. Die Vorwürfe betreffen fehlerhafte Behandlungen bei Hüft- und Kniegelenksverschleiß, Knochenbrüchen, Zahnwurzelbehandlungen, Druckgeschwüren und weitere Probleme.

Dinge, die eigentlich nicht passieren dürften

Ein zentrales Anliegen des Medizinischen Dienstes sind sogenannte Never Events. Das sind Schadensereignisse, die eigentlich nie passieren dürften. In der Jahresstatistik 2023 wurden 151 Fälle (2022: 165) als sogenannte Never Events eingestuft. Wie Dr. Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Bund, erklärte, gehören dazu schwerwiegende Medikationsfehler, unbeabsichtigt zurückgebliebene Fremdkörper nach Operationen oder Verwechslungen von Patientinnen und Patienten, die zu schweren Schäden führen können.

„Wenn solche Fehler passieren, dann bestehen Risiken im Versorgungsprozess, denen systematisch nachgegangen werden muss, um sie in Zukunft zu vermeiden und Schaden an Patienten zu verhindern“, so Gronemeyer. Dringend forderte er eine Meldepflicht für Never Events. Sie seien für das Erkennen, Umsetzen und Bewerten von Sicherheitsmaßnahmen besonders wichtig und werden daher in vielen anderen Ländern bereits für die Prävention erfolgreich genutzt. Gronemeyer nannte etwa Länder wie die USA, Großbritannien, Australien oder der Schweiz. In Deutschland stehe eine Umsetzung nach wie vor aus. Auch im globalen Aktionsplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sei sie als Ziel bis 2030 verankert. Wichtig für Gronemeyer: Die Meldungen müssten pseudonymisiert und sanktionsfrei erfolgen. Laufende aktuelle Reformprozesse im Gesundheitswesen böten eine Chance, die Meldepflicht einzuführen.

Die Zahlen der Jahresstatistik seien nicht repräsentativ − sie zeigten lediglich die Begutachtungszahlen und -ergebnisse des Medizinischen Dienstes, wie Dr. Christine Adolph, Stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Leitende Ärztin des Medizinischen Dienstes Bayern vor der Presse erklärte. Eine Häufung von Vorwürfen in einem Fachgebiet sage nichts über die Fehlerquote oder die Sicherheit in dem jeweiligen Gebiet aus.

Bei knapp zwei Drittel (65,5 Prozent) der begutachteten Fälle waren die Gesundheitsschäden der Patientinnen und Patienten laut Bericht vorübergehend − eine Intervention oder ein Krankenhausaufenthalt waren notwendig. Die Patienten seien jedoch vollständig genesen. Bei einem knappen Drittel der Betroffenen (29,7 Prozent) sei ein Dauerschaden verursacht worden, hieß es weiter. In 2,8 Prozent der begutachteten Fälle (75 Fälle) habe ein Fehler zum Tod geführt. Wie international üblich, unterschieden die Medizinischen Dienste zwischen leichten, mittleren und schweren Schäden, so der Bericht.

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