Mit Dolmetscher zum Arzt
Gemeinsam sitzen sie wenig später dem Arzt im Nervenzentrum gegenüber. Dieser schaut die 37-Jährige an, stellt ihr Fragen. Die Antworten bekommt er jedoch von ihrem 73 Jahre alten Begleiter - dem Sprachmittler.
Dolmetschen für gute Medizin
"Der Dolmetscher ist wichtig für uns, um gute Medizin machen zu können", sagt Neurologe Volker Kunzmann. "Wenn wir mit Sprachbarrieren kämpfen müssen, erschwert dies die Behandlung." Der Potsdamer Arzt bewertet die Sprachmittler positiv: "Teils helfen sie, dass der Patient schneller Vertrauen zu mir aufbaut."
Man hat sich so durchgewurschtelt
Viele seiner Kollegen seien skeptischer, berichtet Wolfgang Bautz vom "Fachberatungsdienst Zuwanderung, Integration und Toleranz des Landes Brandenburg" (FaZit). Die Organisation schult und betreut die ehrenamtlichen Helfer, die Flüchtlinge und Zugewanderte zu Arztbesuchen oder medizinischen Untersuchungen begleiten. "Anfangs waren die Ärzte zurückhaltend", berichtet Bautz. "Bislang habe man sich auch durchgewurschtelt, hieß es."
Inzwischen habe sich das Angebot etabliert. Seit 2004 hatten die Sprachmittler 2.000 Einsätze. Allein 2012 haben sie mehr als 650 mal Flüchtlinge zu Medizinern begleitet. Derzeit sind 35 Ehrenamtliche landesweit unterwegs. Ihre Dienste können in 15 Sprachen angeboten werden - von Arabisch über Französisch und Hindi bis Polnisch und Vietnamesisch.
Rund 53.000 Ausländer leben laut Sozialministerium derzeit in Brandenburg, darunter etwa 3.300 Asylbewerber oder geduldete Ausländer. Wollen sie schnell Deutsch lernen, sind sie auf die Unterstützung der Kommunen oder ehrenamtlicher Helfer angewiesen. Flüchtlinge, deren Status noch unklar ist, können nicht an den vom Bund unterstützten Integrationskursen teilnehmen.
Erstaufnahme Eisenhüttenstadt - keine Chance
"Wer in der Erstaufnahmestelle für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt untergebracht ist, hat keine Chance", sagt FaZit-Leiter Bautz. Für Brandenburgs Sozialminister Günter Baaske (SPD) ist dies ein Fehler. "Sprachkenntnisse sind der Schlüssel für Migration", betont er. "Ich halte es für fatal, wenn wir nicht frühzeitig ansetzen - zumal über 70 Prozent der Flüchtlinge hierbleiben."
Baaske setzt sich auf Bundesebene für eine frühere Sprachförderung für Flüchtlinge ein. "Wir wollen, dass Sprachkurse auch bei Flüchtlingen mit unklarem Aufenthaltsstatus vom Bund finanziert werden", so der Minister.
Sprachmittler werden dennoch weiter nötig sein. Teils auch deswegen, weil bei älteren Zuwanderern bereits erlernte Sprachkenntnisse angesichts fehlender sozialer Kontakte verloren gehen, erläutert Bautz. Seine Organisation will die Sprachmittler zusätzlich qualifizieren. Um noch schneller helfen zu können, wird zudem über einen zusätzlichen telefonischen Dolmetscher-Dienst nachgedacht.
Gebunden an die Schweigepflicht
Angst, dass intimste Dinge durch die Sprachmittler aus dem Sprechzimmer gelangen, brauchen Patienten laut FaZit nicht zu haben. "Wir unterliegen einer Schweigepflicht", erklärt Jean-Pascal Nkuibo (40), der Französisch, Englisch, Italienisch und Kamerunisch-Medumba spricht.