Neuer Therapieansatz zur Behandlung von Kehlkopfkrebs
Zum Hintergrund: Rund 20.000 Menschen pro Jahr erkranken an Kehlkopfkrebs. Sie stehen dann oft vor einer schwerwiegenden Wahl zwischen zwei Therapieoptionen: Entscheiden sie sich für den heutigen Standard der Behandlung fortgeschrittener Tumoren, wird der Kehlkopf entfernt. Das bedeutet eine mögliche Heilung aber auch einschneidende Folgen wie den Verlust der Stimme.
Alternativ kann der Tumor auch mit einer Radiochemotherapie (RCT) behandelt werden, um den Kehlkopf zu erhalten. Spricht der Patient allerdings nicht darauf an, wird eine anschließende Total-OP riskanter, weil Tumor und Gewebe sich während der wochenlangen Radiochemotherapie verändert haben. Außerdem verlieren die Patienten Zeit, in der sich unter Umständen bei unzureichendem Ansprechen Metastasen bilden können.
Nach einer Kurz-Chemotherapie wissen die Ärzte, ob der Tumor anspricht oder nicht
"Wir haben uns gefragt, ob eine kurze einfache Chemotherapie von nur einem Zyklus ausreichende Hinweise darauf liefern könnte, ob der Tumor anspricht oder nicht. Diese Kurztherapie sollte dann die Grundlage einer Therapieentscheidung werden. Das war unser Forschungsansatz", erklärt Prof. Andreas Dietz von der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig.
Die Ergebnisse der interdisziplinären multizentrischen Studie DeLOS-II wurden kürzlich im internationalen Fachmagazin der Krebsforschung, „Annals of Oncology“, publiziert. Demnach können Arzt und Patient tatsächlich schneller entscheiden, welche Behandlung die passende ist: "Nach nur drei Wochen Kurztherapie lassen sich klare Empfehlungen formulieren, die auf Fakten fußen", sagt Dietz.
Bei der Kurztherapie erhalten die Patienten zunächst eine Chemotherapie, die an zwei Tagen gegeben wird. Nach zwei Wochen kontrolliert ein Chirurg mit dem Endoskop, wie sich der Tumor verändert hat. Aus dieser Begutachtung lässt sich ableiten, ob weiter mit Chemo- und Radiotherapie gearbeitet wird oder der Kehlkopf operativ entfernt werden muss.
"Ist der Tumor um mindestens 30 Prozent verkleinert, wird der Patient statistisch gesehen in hohem Maße in Folge der weiteren Radiochemotherapie auch tumorfrei", fasst Dr. Gunnar Wichmann, Leiter des HNO-Forschungslabors der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, zusammen.
Der Weg zu einer personalisierten Krebsbehandlung
Dabei haben die HNO-Spezialisten gemeinsam mit den Kollegen des interdisziplinären Universitären Krebszentrums Leipzig (UCCL) des Universitätsklinikums Leipzig auch ein neues Schema der Radiochemotherapie entwickelt und erfolgreich getestet. Sie setzen auf eine alleinige initiale Kurz-Chemotherapie, auf die erst nach der endoskopischen Kontrolle (Frühansprechen) gegebenenfalls zwei weitere Chemo-Zyklen und die Strahlentherapie folgen.
Dieser schonendere Ansatz, auch mit weniger kombinierten Modalitäten als bisher üblich, soll den oft geschwächten Tumorpatienten helfen: "Wir haben die Therapien entzerrt und festgestellt, dass die Spättoxizität geringer ist, als in Studien, bei denen Bestrahlung und Chemo simultan gemacht werden. Das bedeutet, dass die Nebenwirkungen Jahre nach der Therapie geringer sind", sagt Dietz.
Bei rund einem Drittel der Patienten in der Studie wurde nach der Kurztherapie bei mangelndem Frühansprechen entschieden, den Kehlkopf operativ zu entfernen. Mit guten Ergebnissen, wie Wichmann sagt: "Bei diesen doch weit fortgeschrittenen Tumoren war das gesamte Überleben in unserer Studie sehr gut und das mit deutlich weniger späten Funktionsstörungen als bislang bei der primären Radiochemotherapie, die vielerorts als Alternative zur Kehlkopfoperation angeboten wird."
"Induction chemotherapy (IC) followed by radiotherapy (RT) versus cetuximab plus IC and RT in advanced laryngeal/hypopharyngeal cancer resectable only by total laryngectomy—final results of the larynx organ preservation trial DeLOS-I", Annals of OncologyDeLOS-II