Parodontitis: Infektion mit E. gingivalis führt zum Zelltod
E. gingivalis ist eine Verwandte der im Darm die Amöbenruhr auslösenden Entamoeba histolytica und verhält sich ähnlich. Der Parasit dringt in das Zahnfleischgewebe ein, ernährt sich dort von Zellen – das Gewebe wird zerstört. Nicht nur die Invasionsstrategie beider Amöben ist vergleichbar, sondern auch die Immunantwort des Körpers.
Während die bakterielle Vielfalt der Mundhöhle abnimmt, steigt die Häufigkeit von E. gingivalis bei einer schweren Parodontitis sehr stark an. Wie die orale Entzündung mit einer Kolonisierung der mundspezifischen E. gingivalis einhergeht, konnte das Team um
Dr. Arne Schäfer, Leiter der Forschungsabteilung für Parodontologie am Institut für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Berliner
, zeigen.
E. gingivalis dringt in die Schleimhaut ein und zerstört dort das Gewebe
Das krankheitserregende Potenzial dieser Amöbengattung ist bereits durch die Darmamöbe E. histolytica gut bekannt. Diese verursacht die sogenannte Amöbenruhr, eine der weltweit häufigsten Todesursachen durch Parasiten. „Wir haben nachgewiesen, dass auch eine die Mundhöhle besiedelnde Amöbe wie E. gingivalis in die Schleimhaut eindringt und dort das Gewebe zerstört. In der Folge können vermehrt Bakterien eintreten und die Entzündung und Gewebezerstörung weiter verstärken“, sagt Schäfer.
Wie genau die Amöbe E. gingivalis zum Entzündungsgeschehen beiträgt, hat das internationale Forschungsteam nun erstmals beschrieben. Untersucht wurden entzündete Zahnfleischtaschen: die Amöben wurden bei etwa 80 Prozent der Patienten, aber nur bei 15 Prozent der gesunden Probanden gefunden.
Infektion mit E. gingivalis führt zum Zelltod
Die Forscher beobachteten, dass die Parasiten in das Zahnfleisch eindringen, sich dort fortbewegen und die Wirtszellen töten, indem sie den Inhalt der Zellen in sich aufnehmen. Zellkulturexperimente zeigten zudem, dass eine Infektion mit E. gingivalis das Wachstum von Zellen verlangsamt und schließlich zum Zelltod führt.
Deutliche Parallelen zur Entstehung der Amöbenruhr
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass die Rolle der Amöben während des Entzündungsprozesses deutliche Parallelen zur Entstehung einer Amöbenruhr aufweist. „E. gingivalis trägt im Zahnfleisch aktiv zur Gewebszerstörung bei und aktiviert dieselben Abwehrmechanismen des menschlichen Wirts wie E. histolytica während der Invasion in die Darmschleimhaut“, erklärt Schäfer. „Der durch einfache Tröpfcheninfektion übertragbare Parasit ist somit ein möglicher Verursacher schwerwiegender oraler Entzündungskrankheiten.“
Oft sind die Heilungserfolge der Parodontitis nur von geringer Dauer. Ursache könnte das hohe krankheitserregende Potenzial dieser bisher unbeachtet gebliebenen, aber äußerst häufigen Amöbe sein.
Die Beseitigung des Parasiten könnte die Behandlung verbessern
„Wir haben einen infektiösen Parasiten identifiziert, dessen Beseitigung die Behandlung schwerer Entzündungen des Zahnfleischs gezielt und möglicherweise langfristig verbessern könnte“, resümiert Schäfer. „Bislang werden weder die Infektion noch die erfolgreiche Eliminierung dieses Parasiten in der Therapie einer Parodontitis berücksichtigt.“ Aktuell soll eine klinische Studie klären, in welchem Umfang die Parodontitis durch eine Beseitigung der Amöben besser behandelt werden kann.
Bao X et al. Entamoeba gingivalis causes oral inflammation and tissue destruction. J Dent R
Der Parasit Entamoeba gingivalis dringt ins Zahnfleischgewebe ein und ernährt sich dort von Wirtszellen. Foto: Schäfer_