Neue S3-Leitlinie

Platelet-Rich-Fibrin (PRF) in der dentalen Implantologie

br
Zahnmedizin
Die Deutsche Gesellschaft für Implantologie im Zahn-, Mund- und Kieferbereich (DGI) hat die weltweit erste Leitlinie zum Einsatz von Platelet-Rich-Fibrin (PRF) in der dentalen Implantologie vorgestellt.

Platelet-Rich-Fibrin (PRF) dient in der oralen Implantologie als bioaktives Hilfsmittel bei der Therapie unterschiedlicher Defekte und ermöglicht verschiedene augmentative und prothetisch-implantologische Versorgungskonzepte. Fachleute von 18 Fachgesellschaften und Organisationen haben unter Federführung der DGI und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) nun in der weltweit ersten S3-Leitlinie auf diesem Gebiet Empfehlungen für den Einsatz von PRF formuliert.

Platelet-Rich-Fibrin (PRF) ist eine Matrix des Blutgerinnungsfaktors Fibrin, die durch Zentrifugieren bei einer bestimmten Umdrehungszahl aus Blut gewonnen werden kann. Die Matrix enthält Thrombozyten, Leukozyten sowie Wachstumsfaktoren. Darum kann PRF in fester und flüssiger Form die Wundheilung unterstützen. Aktuell wird es in der zahnärztlichen Praxis in fester Form als solide PRF-Plug-Matrix nach Extraktionen zum Auffüllen der Alveole eingesetzt. Alternativ kann auch eine flüssige PRF-Matrix hergestellt werden mit ähnlichen biologischen Eigenschaften wie das solide PRF.

Systematische Untersuchungen sind Mangelware

Obwohl PRF schon seit vielen Jahren in der (Zahn-)Medizin eingesetzt wird und seine Bedeutung in der dentalen Implantologie in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich größer wurde, sind systematische Untersuchungen zu seiner Wirksamkeit in der Geweberegeneration Mangelware. Vorliegende Übersichtsarbeiten erschweren darüber hinaus konkrete und zielorientierte Schlussfolgerungen. Aus diesem Grund gibt es bislang weltweit keine einzige Leitlinie zur Verwendung des Blutkonzentrats in der oralen Implantologie.

Die erste Leitlinie weltweit kommt nun aus Deutschland. Sie soll Zahnärztinnen und Zahnärzten als Entscheidungshilfe dienen, wie PRF im Rahmen der dentalen Implantologie eingesetzt werden kann. Es gilt, Vor- und Nachteile sowie Risiken der Therapie einzuschätzen und Patientinnen und Patienten über Behandlungsalternativen im Rahmen eines informierten Konsenses zu informieren.

Sieben Indikationen auf dem Prüfstand

Bei der Entwicklung der Leitlinie wurde die Wirksamkeit von PRF in insgesamt sieben Indikationen überprüft: Bei der Socket/ Ridge Preservation, der Sinusboden-Elevation, der lateralen, der vertikalen und der dreidimensionalen Augmentation, bei periimplantären Erkrankungen und bei der Sofortimplantation. Ebenfalls analysierten die Fachleute die Datenlage zur Auswirkung der PRF-Therapie auf das Schmerzempfinden der Patienten.

Die Fachleute achteten bei der Auswertung der Fachliteratur darauf, dass die PRF-Therapie jeweils mit einer „vernünftigen Kontrollgruppe” verglichen worden war. Da das Konzentrat aus dem Blut des Patienten gewonnen wird, kann es durch viele patientenbezogene Parameter, etwa Alter oder Gesundheitszustand beeinflusst werden. Aus diesen Gründen wurde bei dieser Leitlinie die spontane Wundheilung als Kontrollgruppe bei der Verwendung von PRF als alleiniger Therapie berücksichtigt. Kam PRF in Kombination mit Knochenersatzmaterialien oder Membranen zum Einsatz, galt als akzeptable Kontrollgruppe die Behandlung mit diesen Materialien ohne PRF. „Durch dieses Vorgehen kann die klinische Wirksamkeit von PRF unter Minimierung weiterer Störfaktoren untersucht werden”, betonen die Leitlinienautoren.

Zwei Empfehlungen und sechs Statements

Der Alveolenverschluss durch die Regeneration und Epithelialisierung des Weichgewebes ist neben der Knochenregeneration für den Therapieerfolg bei einer Implantation entscheidend wichtig. Die vorliegenden Studien haben Schwächen, etwa die fehlende Verblindung der Untersucher, die das „Bias-Risiko” erhöhen. Ebenso fehlt der Vergleich zwischen der PRF-Therapie und weiteren mittlerweile etablierten Behandlungskonzepten. „Dennoch kann unter Berücksichtigung dieser Limitationen der vorliegenden Literatur die Überlegenheit der PRF-Behandlung in der Verbesserung der Alveolenheilung gegenüber der spontanen Wundheilung belegt werden”, schreiben die Autoren. Mit starkem Konsens wurde eine offene Empfehlung beschlossen. „Offen“ bedeutet eine Kann-Formulierung: ein Verfahren oder eine Therapiemaßnahme kann erwogen oder einem Patienten empfohlen werden. Möglich ist aber auch der Verzicht darauf.

Zu einem identischen Urteil kamen die Fachleute auch bei der Empfehlung zum Thema Socket/Ridge Preservation zum Volumenerhalt des Kieferkammes. Auch hier lautet die evidenzbasierte Empfehlung, dass die alleinige Anwendung von solider PRF-Plug-Matrix zum Auffüllen der Alveole zum Volumenerhalt beitragen und darum als alternative Therapieoption erwogen und empfohlen werden kann.

Statements: keine Aussagen möglich

Empfehlungen der Leitliniengruppe reflektieren deren Einschätzung, sollen Orientierung bieten und auch handlungsleitend sein (kann/sollte/soll eingesetzt oder nicht eingesetzt werden). Demgegenüber sind Statements Aussagen, die man auch als Tatsachenbehauptung verstehen kann: ein Verfahren ist wirksam/unwirksam. Aufgrund der derzeitigen Datenlage zu den verbliebenen sechs Indikationen sowie im Hinblick auf die Minderung des Schmerzempfindens durch die Anwendung einer soliden PRF-Plug-Matrix zum Auffüllen der Alveole konnten die Fachleute keine Empfehlung bezüglich der Therapie aussprechen.

Keine Aussage zur Therapieempfehlung

Bei diesen Indikationen ist keine Aussage zur Therapieempfehlung möglich:

  • Sinusboden-Elevation

  • Laterale Augmentation

  • Vertikale Augmentation

  • Dreidimensionale Augmentation

  • Periimplantäre Erkrankungen

  • Sofortimplantation

Im Hinblick auf die Minderung der Schmerzempfindung ist ebenfalls keine Aussage zur Therapieempfehlung möglich.

Die Leitlinie ist auf der Webseite der DGZMK hier herunterladbar.

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