Studie des Wissenschaftlichen Instituts der PKV

„Privatversicherte finanzieren das Gesundheitssystem überproportional mit“

pr
Die Mehrumsätze der Privatversicherten in den Arztpraxen haben konkrete Auswirkungen auf die Verbreitung von innovativen Behandlungsmethoden in der ambulanten Versorgung. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Studie des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP).

Die Studie hat das Unternehmen Rebmann Research im Auftrag des WIP erstellt. Mehrumsätze werden definiert als der zusätzliche Erlös im Vergleich zu einer Abrechnung bei einem GKV-Versicherten. So stieg der Mehrumsatz durch Privatversicherte 2021 auf 11,68 Milliarden Euro, rund 150 Millionen Euro beziehungsweise 1,3 Prozent mehr als im Vorjahr, heißt es in der Studie.

Dies sei auf eine Mischung aus Preis-, Mengen-, Struktur- und Alterseffekten zurückzuführen. Denn für die Behandlung von PKV-Patienten gebe es weniger Budgetbeschränkungen und meist höhere Honorare als für GKV-Patienten. „Dieser [...] Mehrumsatz stellt somit den Betrag dar, welcher allein durch die Existenz der PKV den Akteuren des Gesundheitswesens zugutekommt“, folgern die Autoren.

Für PKV-Patienten gibt es meist höhere Honorare ...

Mit diesem Mehrumsatz gingen deshalb positive medizinische Versorgungseffekte einher, weil dieser Facharztpraxen ermögliche, in moderne Diagnose- und Behandlungsmethoden zu investieren. Das zeige eine Untersuchung der innovativen medizinisch-technischen Leistungen, die zwischen 2008 bis 2021 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) für die ambulante vertragsärztliche Versorgung zugelassen wurden. So erfordere die Verwendung einer innovativen Diagnose- und Behandlungsmethode in der ambulanten Versorgung in den Praxen oft nicht unerhebliche Investitionen in die technische Ausstattung und in personelle Ressourcen, führen die Autoren aus.

Wie in den Vorjahren entfiel im Ergebnis der WIP-Studie mit 6,74 Milliarden Euro der größte Teil des Mehrumsatzes auf die ambulant-ärztliche Versorgung. In diesem Bereich gab es sogar einen Zuwachs von 5,7 Prozent. In der Zahnmedizin wurde der Mehrumsatz mit 2,88 Milliarden Euro beziffert. 1 Milliarde Euro kamen auf Heilmittel und 1,06 Milliarden Euro auf sonstige Einnahmen. Dieses deutliche Plus sei vor allem eine Folge der stärkeren Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen gegenüber dem ersten Pandemiejahr. Demnach betragen die Mehreinnahmen je Arztpraxis durchschnittlich 58.849 Euro (Vorjahr: 55.416 Euro).

Wie der Nutzen von Mehrumsätzen im PKV-Bereich für alle Versicherten konkret aussieht, führt die WIP-Studie anhand von Beispielen aus dem ärztlichen Bereich auf. In der Augenheilkunde sei etwa eine Investition in die optische Kohärenztomografie zur Diagnostik und Therapiesteuerung bei Netzhauterkrankungen im dualen Gesundheitssystem von GKV und PKV bei Augenärzten nach rund 1,8 Jahren refinanziert. Bei einem einheitlichen Vergütungsrahmen nach GKV-Regeln hingegen würde die Refinanzierung 5,4 Jahre dauern.

Die Bedeutung der Privatversicherten für die niedergelassenen Ärzte zeige sich auch darin, dass 20,4 Prozent ihrer Gesamteinnahmen auf PKV-Versicherte entfallen – bei einem Versichertenanteil von 10,5 Prozent. Der Mehrumsatz der Privatversicherten sei vermutlich sogar noch deutlich höher als in der Studie berechnet, mutmaßen die Autoren. In der Praxis kämen oft Rechnungen hinzu, die Privatversicherte nicht zur Erstattung einreichen, um stattdessen von Beitragsrückerstattungen zu profitieren.

... und weniger Budgetbeschränkungen

Die Autoren haben auch untersucht, wie sich die Ausgaben je Versicherter von 2011 bis 2021 entwickelt haben. Demnach erhöhten sich die PKV-Leistungsausgaben in diesem Zeitraum um 38,6 Prozent – die GKV-Leistungsausgaben dagegen um 50,8 Prozent. Diese Schere klaffte zuletzt immer weiter auseinander. Die Studienautoren führen dies auf größere Ausgabensteigerungen in der GKV zurück. Ursachen seien Leistungsausgaben-steigernde Gesetze wie das Terminservice- und Versorgungsgesetz.

Warum PKV-Versicherte maßgeblich zur Finanzierung der Qualität in der Versorgung beitragen

„Ein wesentlicher Grund dafür ist der sogenannte Mehrumsatz, der durch die PKV-Versicherten im Gesundheitssystem generiert wird. Dieser Mehrumsatz entspricht dem Betrag, den PKV-Versicherte im Vergleich zu GKV-Versicherten mehr bezahlen. So bilden in der ambulant-ärztlichen sowie in der zahnärztlichen Versorgung unterschiedliche Gebührenordnungen den Hintergrund für die Abrechnung der Leistungen. Während für die Abrechnung von PKV-Versicherten die Preise nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und Zahnärzte (GOZ) gelten, ist der einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) bzw. der Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA) die Abrechnungsgrundlage für Leistungen, die innerhalb der GKV erbracht werden. Die PKV zahlt entsprechend der Gebührenordnungen für vergleichbare Leistungen in der Regel mehr. Abweichend davon werden in der stationären Versorgung die Leistungen in beiden Versicherungszweigen nach dem DRG-Fallpauschalensystem einheitlich abgerechnet. Hier können sich gegebenenfalls Unterschiede durch Wahlleistungen (Chefarztbehandlungen etc.) ergeben. Abweichende Regularien existieren darüber hinaus auch bei Arzneimitteln sowie bei Heil- und Hilfsmitteln."

aus: Dr. Lewe Bahnsen, Dr. Frank Wild: Mehrumsatz und Leistungsausgaben von PKV-Versicherten, Jahresbericht 2023, WIP-Analyse Mai 2023

Insgesamt leiste die PKV innerhalb des dualen Versicherungssystems einen wichtigen Beitrag zur Beschleunigung der Verbreitung von Innovationen und zur Aufrechterhaltung einer innovativen ambulant-ärztlichen Versorgungsstruktur in Deutschland. Trotz eines geringeren Anteils an Versicherten führten die höheren PKV-Vergütungen zu einer überproportionalen Verkürzung der Refinanzierungsdauer von Innovationen, lautet das Fazit.

Die Studie:
Bernd Rebmann, Elisabeth Leonhard, Andrea Kern-Schnur, Nadine Brohammer: Innovation und Diffusion in der ambulant-ärztlichen Versorgungsstruktur, Der Beitrag der Privaten Krankenversicherung, Hrsg: Wissenschaftliches Institut der PKV, ISBN: 978-3-95466-790-1, Mai 2023

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