Studie der Stanford University

SARS-CoV-2 kann Autoimmunkrankheit auslösen

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Gesellschaft
Mindestens einer von fünf hospitalisierten COVID-19-Patienten entwickelt innerhalb einer Woche nach der Einlieferung neue Antikörper, die sein eigenes Gewebe angreifen. Das zeigt eine neue Studie der Stanford University School of Medicine in Kalifornien.

"Wenn man durch COVID-19 so krank wird, dass man im Krankenhaus landet, ist man möglicherweise auch nach der Genesung noch nicht über den Berg", folgert PJ Utz, MD, Professor für Immunologie und Rheumatologie an der Stanford Medicine und einer der Erstautoren.

Die Wissenschaftler suchten nach Autoantikörpern in Blutproben, die im März und April 2020 von 147 COVID-19-Patienten in den drei Universitätskliniken und von einer Kohorte von 48 Patienten bei Kaiser Permanente in Kalifornien abgegeben wurden. Blutproben aus der Zeit vor der COVID-19-Pandemie von anderen Spendern dienten als Kontrollen.

Das Immunsystem ist aufgrund der Infektion überlastet

Im Ergebnis wiesen bis zu 60 Prozent aller hospitalisierten COVID-19-Patienten im Vergleich zu etwa 15 Prozent der gesunden Kontrollpersonen Antikörper gegen Zytokine auf. Den Forschern zufolge könnte dies die Folge einer Überlastung des Immunsystems sein, die durch eine virulente, anhaltende Infektion ausgelöst wird.

das Virus hat mehr Zeit, sich zu vermehren

"Die Fülle an Zytokinen kann eine irrtümliche Produktion von Autoantikörpern auslösen", führt Utz aus. "Wenn einer dieser Antikörper die Fähigkeit eines Zytokins blockiert, sich an den entsprechenden Rezeptor zu binden, wird die vorgesehene Empfänger-Immunzelle möglicherweise nicht aktiviert. Das wiederum könnte dem Virus mehr Zeit verschaffen, sich zu vermehren und zu schwerem COVID führen."

Von etwa 50 Patienten standen Blutproben zur Verfügung, die an verschiedenen Tagen entnommen worden waren, darunter auch an dem Tag, an dem sie erstmals eingewiesen wurden. So konnten die Forscher die Entwicklung der Autoantikörper verfolgen.

Jede fünfte Probe wies Autoantikörper auf

 "Innerhalb einer Woche nach der Einlieferung ins Krankenhaus hatten etwa 20 Prozent dieser Patienten neue Antikörper gegen ihr eigenes Gewebe entwickelt, die am Tag der Einlieferung noch nicht vorhanden waren", erläutert Utz. "In vielen Fällen waren diese Autoantikörperwerte mit denen vergleichbar, die man bei einer diagnostizierten Autoimmunerkrankung sieht."

Autoimmun-Beschwerden bei COVID-19

Es sei daher möglich, dass das Immunsystem im Verlauf einer schlecht kontrollierten SARS-CoV-2-Infektion - bei der das Virus zu lange im Körper verbleibt, während eine sich verstärkende Immunreaktion die Viruspartikel in Stücke zerlegt - Teile des Virus sieht, die es vorher nicht gesehen hat. Utz: "Wenn dann eines dieser Virenteile einem unserer eigenen Proteine zu sehr ähnelt, könnte dies die Produktion von Autoantikörpern auslösen."

Die Impfung führt nicht zur Bildung von Autoantikörpern

Dieser Befund untermauere die Argumente für eine Impfung, fügt er hinzu. "Impfstoffe gegen COVID-19 enthalten nur ein einziges Protein - das Spike-Protein von SARS-CoV-2 - oder die genetischen Anweisungen für dessen Produktion. Bei einer Impfung wird das Immunsystem nie mit den zahlreichen anderen neuartigen Virusproteinen konfrontiert, die während der Infektion gebildet werden, und kann dadurch möglicherweise 'verwirrt' werden."

Außerdem sei eine Impfung weniger entzündlich als eine tatsächliche Infektion, so dass die Wahrscheinlichkeit geringer ist, dass das Immunsystem dazu verleitet wird, Antikörper gegen seine eigenen Signalproteine oder gegen körpereigenes Gewebe zu bilden.

lebenslange Probleme durch schweres CovID

"Wenn Sie schwer an COVID erkranken, können Sie sich auf lebenslange Probleme einstellen, weil das Virus eine Autoimmunität auslösen kann", betont Utz. "Wir können noch nicht sagen, dass man auf jeden Fall eine Autoimmunerkrankung bekommt - wir haben die Patienten noch nicht lange genug untersucht, um zu wissen, ob diese Autoantikörper ein oder zwei Jahre später immer noch da sind, obwohl wir hoffen, dies untersuchen zu können - aber es ist durchaus möglich. Ich würde dieses Risiko nicht eingehen wollen."

Forscher der Universität von Pennsylvania, der Philipps-Marburg-Universität, der Universität von Tennessee, der Oklahoma Medical Research Foundation und von Kaiser Permanente Northern California trugen zu der Arbeit bei.

Chang, S.E., Feng, A., Meng, W. et al. New-onset IgG autoantibodies in hospitalized patients with COVID-19. Nat Commun 12, 5417 (2021). doi.org/10.1038/s41467-021-25509-3

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