Corona-Expertenrat fordert bessere Kommunikation

„Schnell, effektiv und evidenzbasiert informieren“

Gesellschaft
Eine deutlich bessere Krisenkommunikation mahnt der Corona-Expertenrat der Bundesregierung an. Und fordert dringend eine reaktionsschnelle, evidenzbasierte und zielgruppenspezifische Informationsstrategie.

Eine fehlende Übereinstimmung bei Corona-Informationen, bei deren Bewertung und den dort verbreiteten Empfehlungen trägt zur Verunsicherung der Bevölkerung bei, kritisiert der Expertenrat in seiner gestern veröffentlichten Stellungnahme, die die 18 Mitglieder einstimmig verabschiedet haben. Die derzeitige unkoordinierte Kommunikation hält er für deutlich verbesserungsfähig.

Sie biete Angriffsfläche für Falsch- und Desinformation, untergrabe das Vertrauen in staatliches Handeln und gefährde den Erfolg von wichtigen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit, moniert das Gremium.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordern stattdessen eine „reaktionsschnelle, evidenzbasierte, zielgruppen- und nutzerspezifische Risiko- und Gesundheitskommunikation”. Diese müsse wissenschaftliche Evidenz einfach erklären, in Handlungsempfehlungen übersetzen und zur ersten Wahl für eine verlässliche Information der Bürger werden. Zwar würden Behörden einzelne Teile davon bereits umsetzen – dennoch gebe es hierzulande keine Institution, die diese Punkte koordiniere und steuere.

Der Expertenrat listet vier Bereiche auf, in denen Maßnahmen dringlich umgesetzt werden und die eng ineinander greifen sollten:

Der Expertenrat listet vier Bereiche auf, in denen Maßnahmen dringlich umgesetzt werden und die eng ineinander greifen sollten:

Generierung des besten verfügbaren Wissens:Dazu zählen für den Experten Strukturen, die medizinische und epidemiologische Informationen zusammenführen. Darunter fallen etwa die Auswertung von Studien, die Modellierung von Statistiken und das Monitoring von Maßnahmenakzeptanz, Impfbereitschaft und dem Vertrauen der Bevölkerung. Hinzu komme die Beobachtung von klassischen und sozialen Medien, um Trends und Falschinformationen aufzuzeigen.    

Übersetzung von Daten und Statistiken in gezielte, verständliche und handlungsrelevante Informationsformate:Das Ziel von Maßnahmen solle Aufklärung und nicht Werbung oder Überreden sein, heißt es in dem Expertenpapier. Die Inhalte sollten auf unterschiedliche Bildungsvoraussetzungen, kulturelle, sprachliche und altersabhängige Unterschiede angepasst werden. Verhaltensrelevante Aspekte und die Inhalte in (sozialen) Medien sollten miteinbezogen werden. Der Expertenrat schlägt vor, konkrete Entscheidungshilfen anzubieten - wie Checklisten oder einfache Entscheidungsbäume - die auch auf existierenden Apps wie der Corona-Warn-App, verfügbar gemacht werden können.

Kommunikation über die verschiedenen Kanäle einer modernen Informationsgesellschaft:Hier empfiehlt sich nach Ansicht des Expertenrats ein zielgruppenspezifisches Vorgehen. Manche Gruppen wie etwa Kinder und Jugendliche, Menschen mit Migrationshintergrund oder bildungsferne Personen seien unterschiedlich gut erreichbar, erläutern die Wissenschaftler. Deshalb seien auch Multiplikatoren besonders relevant - wie etwa Ärzte, Sozialarbeiter, Lehrer oder Pfleger. Diese müssten mit Materialien und einem entsprechenden Auftrag unterstützen werden. Das gelte auch für Gesundheitsämter.

Evaluation und Anpassung:Maßnahmen sollten evaluiert und nötigenfalls angepasst werden, heißt es in der Stellungnahme. Formate sollte geprüft und unbeabsichtigte Effekte antizipiert werden. Die Einbindung von Bürgern in Fokusgruppen könne das Vertrauen in die Kommunikation erhöhen.

Eindringlich spricht sich der Expertenrat dafür aus, die Infrastruktur für Risiko- und Gesundheitskommunikation schnell auszubauen. Dafür sollten die bestehenden Kompetenzen gebündelt und fehlende ergänzt werden. Diese multidisziplinär ausgerichtete Infrastruktur sollte nach Meinung der Experten fachlich unabhängig sein.

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