Große Umfrage

So erging es MFA-Azubis in der Pandemie

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Praxis
Keine Zeit zum Lernen, Berufsschule geschlossen, schwierige Patienten, Ärger mit dem Chef: Medizinische Fachangestellte (MFA) in Ausbildung berichten, wie sie die Corona-Pandemie erlebt haben.

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Die Befragung erfolgte wenige Monate nach dem ersten bundesweiten Lockdown und noch vor dem starken Wiederanstieg der Fallzahlen und der damit verbundenen Einführung erneuter Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie.

So waren zum einen die Berufsschulen und damit auch die Lehrkräfte stellenweise (technisch) unvorbereitet, zum anderen hatten die Azubis aufgrund des erhöhten Arbeitsaufkommens in den Betrieben teilweise zu wenig oder keine Zeit zum Lernen und taten sich zudem teilweise mit dem Selberlernen schwer.

Keine Zeit zum Lernen, Angst vor den Prüfungen

Hinzu kamen Sorgen in Bezug auf die Prüfungen: Ist es möglich, die Lerninhalte bis zu den Prüfungen aufzuholen? Werden die Ausfälle in den Prüfungen berücksichtigt? Die Azubis äußerten in dem Zusammenhang häufig den Wunsch nach ausreichend Lernzeit in den Betrieben und angemessenen Lernangeboten der Berufsschulen bei Schulschließungen.

Mehr Respekt wäre schön

Zugleich hatten die beruflichen Anforderungen offenbar zugenommen, nicht nur durch den gestiegenen Arbeitsdruck, sondern auch in Bezug auf die Kommunikation mit Patienten. Generell zeigt sich in den Antworten der Azubis, dass sie eine große Rolle bei der Aufrechterhaltung der Praxisabläufe spielen. Nicht zuletzt deswegen würde es viele zusätzlich motivieren, wenn ihr Beruf bei der Bewältigung der Pandemie mehr beachtet und gewertschätzt würde.

Die Autoren vermuten daher, dass sich die erkennbaren Tendenzen in künftigen Ausnahmesituationen, die mit vergleichbaren Maßnahmen wie Schulschließungen einhergehen, verschärfen würden. Sie befürchten, dass das Belastungsempfinden immer dann steigt, wenn sich die geschilderten Schwierigkeiten in Bezug auf die Lernsituation oder die Anforderungen im Praxisalltag zuspitzen.

Den Job wollen die meisten trotzdem weitermachen

Trotz der Belastungen will der Großteil der befragten Auszubildenden weiterhin in seinem Beruf arbeiten. Die Ergebnisse unterstreichen den Autoren zufolge die Wichtigkeit einer umfassenden, vollwertigen Ausbildung, in der die Auszubildenden das nötige Rüstzeug zur Bewältigung dieser besonderen, auch emotionalen Belastungen erhalten, wobei auch der zweite Lernort, die Berufsschule, nicht vernachlässigt werden dürfe.

Eine vollwertige Ausbildung ist sehr wichtig

"Adäquate Lernmöglichkeiten müssen auch in Ausnahmesituationen bereitgestellt und deren Nutzung vonseiten der Betriebe wiederum ermöglicht werden", heißt es in ihrem Fazit. "Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Umfrage die gerade in dieser besonderen Situation große Bedeutung der Auszubildenden für die Aufrechterhaltung der Praxisabläufe", bilanzieren die Autoren.

Schnitzler, Annalisa; Tschöpe, Tanja; Volvakov, Irina; Raecke, Julia; Peters, Markus; Dietrich, Mirco; Konheiser, Sebastian; Schneider, Kerstin: Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ausbildung von Medizinischen Fachangestellten. Ergebnisse einer Auszubildendenumfrage, 978-3-96208-276-5, 2021

 

 Die Ergebnisse im Einzelnen

  • Während 38 Prozent der Azubis angaben, dass sich ihre Arbeitszeit nicht verändert habe, meinten 43 Prozent, dass sich der Umfang wegen der Pandemie vergrößert habe. Dies gilt besonders für angehende MFA in allgemeinmedizinischen Praxen, während in den übrigen Praxen sogar 21 Prozent berichteten, weniger als vorher gearbeitet zu haben.

  • Nur rund ein Prozent hat den Betrieb gewechselt. Insgesamt dachten aber zehn Prozent darüber nach, wegen der Pandemie ihre Ausbildung abzubrechen.

  • Negativ wurden unangenehme Telefonate mit gereizten Patienten empfunden. Mehrfach wurden eine Verschlechterung des Teamklimas und Konflikte mit dem Chef geschildert; auch die Tatsache, dass die Mittagspause nicht gemeinsam gemacht werden konnte. Im Hinblick auf die Kommunikation mit Patienten wurde beklagt, dass diese sich teilweise uneinsichtig zeigten, was die Einhaltung der Corona-Regeln betrifft.

  • Auf die Frage, was sich durch die Schutzmaßnahmen (Maske, Abstand, Plexiglasscheibe) in der Kommunikation geändert hat, betonten je 89 Prozent an, dass sie ihr Gegenüber schwerer verstehen beziehungsweise schwerer verstanden würden. 46 Prozent haben Probleme, die Bedürfnisse ihres Gegenübers zu erkennen.

  • Durch die Maske kommt es wegen der fehlenden Mimik zu Missverständnissen: Patienten falle das Erkennen der Praxisangehörigen schwerer, sie seien verunsichert und fühlten sich nicht angesprochen. Schwerhörige oder taubstumme Patienten könnten durch die Maske nicht von den Lippen lesen.

  • Von der Möglichkeit, sich selbst oder andere anzustecken, fühlte sich rund jeder Vierte sehr stark belastet. 21 Prozent empfinden die Umstellungen im Praxisablauf als sehr stark belastend, 13 Prozent die Notwendigkeit zur Desinfektion von Räumen und Händen. Für jeden Fünften stellte schlechte Stimmung im Team eine sehr starke Belastung dar, indes gab jeder Zehnte an, dass keine schlechte Stimmung im Team vorherrsche. Die Angst vor Kurzarbeit oder vor fehlenden Übernahmechancen scheint hingegen nicht vorherrschend zu sein.

  • In den offenen Antworten dominierte das Thema der Arbeitsüberlastung. So gaben Azubis an, sie hätten bei Personalausfällen öfter als ihre Kollegen einspringen, sogar ihren Urlaub verschieben müssen und seien als normale Arbeitskräfte eingesetzt worden, so dass keine wirkliche Ausbildung mehr stattgefunden habe. Zudem seien sie in den entfallenen Schulzeiten in der Praxis eingesetzt worden, so dass sie die Zeit nicht zum Aufarbeiten des Lernstoffs hätten nutzen können.

  • Mehr als drei Viertel der Befragten berichteten, der Berufsschulunterricht vor Ort sei in der Zeit von März bis zu den Sommerferien großteils oder sogar komplett ausgefallen.

  • Fünf Prozent sagten, die Berufsschule habe keine Alternativen als Ersatz für ausgefallenen Unterricht bereitgestellt. Als häufigste Alternative zum Präsenzunterricht wurde das Verschicken von Aufgaben genannt. 39 Prozent waren regelmäßig im Austausch mit Lehrkräften. Ein Viertel hatte live Online-Unterricht.

  • Viele Azubis äußerten ihren Unmut darüber, dass für das selbstständige Aufarbeiten der entfallenen Unterrichtsinhalte nicht genügend Zeit zur Verfügung gestanden habe, weil die Betriebe sie für die Zeiten, in denen eigentlich Schulunterricht stattgefunden hätte, zur Arbeit eingeteilt hatten - teilweise selbst dann, wenn Onlineunterricht angesetzt war.

  • Das Selberlernen von Inhalten wurde zum Teil als schwierig beschrieben. Unter anderem fehlte den Befragten die Möglichkeit für Nachfragen und Erklärungen durch die Lehrkräfte und zur Rückmeldung beziehungsweise Kontrolle der Aufgaben. Auch seien die selbsterarbeiteten Inhalte zum Teil nach Rückkehr in den Präsenzunterricht nicht mehr wiederholt worden, zudem habe der Austausch mit den Mitschülern gefehlt. Dies habe auch dazu geführt, dass es nach der Rückkehr an die Schule keinen einheitlichen Wissensstand mehr gab.

  • Die Sorgen um die eigene und die Gesundheit anderer und die Notwendigkeit, sich entsprechend vorsichtig zu verhalten, wirkten sich zum Teil negativ auf den Spaß an der beruflichen Tätigkeit aus. Als Auszubildende möchte man außerdem keine zusätzliche Belastung für das Team sein und bittet deshalb nicht um Hilfe.

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