Todkranke in Pflegeheimen nicht ideal versorgt
Sterbenskranke Menschen in Altenpflegeheimen werden nach Ansicht von Palliativmedizinern noch zu schlecht versorgt. "Wir haben immer mehr schwerkranke Menschen in Pflegeheimen", sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), Prof. Friedemann Nauck, am Mittwoch in Düsseldorf. Die Arbeitsbedingungen dort seien aber "zum Teil katastrophal".
Ein Palliativbeauftragter pro Krankenhaus
In Pflegeheimen müssten vielmehr spezialisierte ambulante Palliativversorgungsteams eingesetzt werden, um alte und oft auch demenzkranke Menschen am Ende ihres Lebens ihren Bedürfnissen entsprechend zu behandeln und zu begleiten. Nauck forderte für jedes Krankenhaus und jede Pflegeeinrichtung einen verantwortlichen Palliativbeauftragten.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz sprach von einer "offenkundigen Ungerechtigkeit" bei der Palliativversorgung in Pflegeheimen. Die Sozialversicherung vergüte die Sterbebegleitung in einem Hospiz fünfmal höher als in einem Heim. "So stehen für den Hospizpatienten rund 7.500 Euro zur Verfügung, für den sterbenden Pflegeheimbewohner maximal 1.550 Euro im Monat, erklärte Vorstand Eugen Brysch.
Rund 100.000 Ehrenamtliche in der Hospizarbeit
Auch die Pflegereform werde daran nichts ändern. "Es fehlt eine Pflegestufe für Sterbende. Dabei darf der Ort keine Rolle spielen." Notwendig sei eine "qualifizierte Sterbebegleitung, die durch die Kassen finanziert wird". Menschen, die in einer Pflegeeinrichtung leben, hätten keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Hospizplatz, sagte Susanne Hirsmüller, Präsidentin des erstmals beim Palliativkongress stattfindenden Hospiztages.
Rund 100.000 Menschen - überwiegend Frauen - engagieren sich in Deutschland ehrenamtlich in der Hospizarbeit. DGP-Präsident Nauck forderte die Ausweitung der bisherigen palliativmedizinischen Betreuung von unheilbar kranken Krebspatienten auf Patienten mit chronischen Herz-, Lungen- oder Nierenleiden und auf Demenzkranke. Eine gute und würdevolle Versorgung müssten außerdem auch schwerstkranke behinderte Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, aber auch beispielsweise Obdachlose erhalten.
DGP: Jeder zehnte Sterbende braucht eine zusätzliche Palliativversorgung
In Düsseldorf zieht die 1994 gegründete DGP bei ihrem bis Freitag dauernden Kongress eine Bilanz ihrer bislang 20-jährigen Arbeit. Die palliativmedizinische Versorgung sei besonders in ländlichen Regionen noch nicht ausreichend ausgebaut, sagte Nauck.
Andererseits dürfe es aber auch etwa in Städten keine Überversorgung geben, da sich Hospize sonst Konkurrenz um Spendengelder machten. Etwa jeder Zehnte der jährlich in Deutschland sterbenden mehr als 800.000 Menschen braucht nach Angaben Naucks eine zusätzliche Palliativversorgung.
In Deutschland stehen sterbenden Menschen nach Angaben der DGP derzeit fast 300 Palliativstationen, rund 200 Hospize, 250 ambulante Spezialteams und etwa 1.500 ambulante Hospizdienste zur Verfügung.
Auch in zertifizierten Krebszentren werde die Palliativversorgung noch "völlig unterschiedlich umgesetzt", sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, Gerd Nettekoven. Nachholbedarf gebe es zudem in Forschung und Lehre. Aufgrund der Alterung der Gesellschaft werde der Bedarf an Palliativmedizin in den kommenden Jahren weiter steigen.