Warum Corona für die Zahnmedizin auch eine Chance ist
Landi stellt in seinemStatementfest, dass die COVID-19-Pandemie nach wie vor verheerende gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Folgen hat und immer noch in erheblichem Maße die Bereitstellung von Gesundheitsleistungen beeinträchtigt - auch in der Zahnmedizin.
Die politischen Vorgaben nährten die Angst vor der Behandlung
Was heißt das für die Zahnmedizin? "Die europäischen Regierungen hatten die Zahnärzte angewiesen, elektive zahnärztliche Eingriffe zu verschieben und nur zahnärztliche Notfallbehandlungen durchzuführen, um einerseits die Ausbreitung von Infektionen zu verhindern und andererseits zahnärztliche Patienten davon abzuhalten, die Notaufnahmen der Krankenhäuser zu belasten", ruft Landi ins Gedächtnis.
Doch habe dieser Ansatz nicht nur die Angst der Patienten genährt, sich bei einem Zahnarztbesuch mit dem Virus anzustecken, sondern auch das Image der Mundpflege als optionalen Luxus statt als Notwendigkeit erhärtet.
Die Bedeutung der Mundgesundheitsförderung
Laut Landi war die Vernachlässigung der Mundgesundheit natürlich schon vor der COVID-19-Ära ein Thema. Er zitiert in dem Zusammenhang die Global Burden of Disease-Studie von 2017 - ein maßgebliches Forschungsprojekt zu den Ursachen von Sterblichkeit und Behinderung - wonach weltweit fast 3,5 Milliarden Menschen von oralen Erkrankungen betroffen sind. "Und unbehandelte Karies an bleibenden Zähnen die häufigste Krankheit ist."
Dennoch habe die Weltgesundheitsorganisation erst 2019 die Mundgesundheit in die Deklaration zur " Universal Health Coverage" aufgenommen - acht Jahre nachdem die Vereinten Nationen anerkannt hatten, dass orale Erkrankungen für viele Länder eine große gesundheitliche Belastung darstellen.
Dass die Prävalenz von Mundkrankheiten in Europa weiter zunimmt, liegt Landi zufolge in erster Linie an den entsprechenden Gesundheitsbudgets, fehlenden Präventionskampagnen und dem Mangel an neuen gesetzlichen Programmen, die auf die Förderung und Sicherung eines gesunden Lebensstils abzielen.
"Darüber hinaus versäumen wir es, fragilen und gefährdeten Bevölkerungsgruppen Priorität einzuräumen, die bereits jetzt nur begrenzten Zugang zu regelmäßigen Kontrolluntersuchungen haben, um orale Krankheiten sowie frühe Anzeichen allgemeiner Gesundheitsprobleme wie Mundkrebs, Diabetes, Lymphome und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkennen", bilanziert Landi. Es sei kein Zufall, dass gerade diese Gruppen mit eingeschränktem Zugang zur allgemeinen und oralen Gesundheitsversorgung auch ein hohes Risiko für COVID-19 haben.
Der CED-Präsident erinnert daran, dass die Zahnärzte zu Beginn der COVID-19-Pandemie aufgrund der möglichen direkten und indirekten Exposition gegenüber infektiösem Material gemeinhin als eine der Berufsgruppen mit dem höchsten Risiko für COVID-19 galten.
Es gibt Belege, dass der Zahnarztbesuch sicher ist
Landi: "Zahnärzte haben jedoch in den letzten 50 Jahren strenge Maßnahmen zur Infektionskontrolle und universelle Vorsichtsmaßnahmen ergriffen." Es gebe immer mehr Belege dafür, dass die Zahnheilkunde auch unter COVID-19-Bedingungen für die Patienten, das zahnärztliche Team und die Zahnärzte selbst sicher bleibt.
In den meisten europäischen Ländern öffneten die Zahnärztinnen und Zahnärzte denn auch im Frühjahr/ Sommer 2020 - unter ständig aktualisierten Anleitungen zu den erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen - ihre Praxen langsam wieder.
Widersprüchliche Empfehlungen waren keine Hilfe
Doch hätten, wendet Landi ein, internationale, europäische und nationale Gremien verschiedene Empfehlungen veröffentlicht, die sich teilweise widersprachen und falsch interpretiert wurden. Im November 2020 habe der CED daher seine eigenen Erklärungen zur Sicherheit der Zahnmedizin und einer effektiven zahnärztlichen Ausbildung in Zeiten von COVID-19 herausgebracht und dabei nachdrücklich zur Kontinuität der zahnärztlichen Versorgung während der Pandemie geraten.
Neuausrichtung statt Rückkehr zum Business as usual
Für Landi stellt die Pandemie schlussendlich "eine übergreifende Gelegenheit" dar, die Zukunft der Zahnheilkunde zu überdenken und drängende Probleme des Fachgebiets anzugehen, anstatt zum "Business as usual" zurückzukehren.
"Die aktuellen Umstände bieten die Chance, die Mundpflege auf einen weniger invasiven und stärker präventiven Ansatz auszurichten, ein Bestreben, das die gemeinsamen Risiken für orale und andere nicht-übertragbare Krankheiten angeht und den nicht-chirurgischen Ansatz zur Kariesbehandlung einbezieht, wie er vom CED in unserem Weißbuch zur Prävention gefördert wird", verdeutlicht der CED-Präsident.
Damit Prävention funktioniert, müssen die Bedingungen stimmen
"Wir schlagen vor, das Paradigma der zahnärztlichen Versorgung von der Behandlung auf die Prävention zu verlagern, indem wir uns auf die Reduzierung von Risikofaktoren und die Förderung eines gesunden Lebensstils in der Gemeinschaft konzentrieren und den Zugang zur Mundgesundheit verbessern. Diese Methoden stellen eine große Chance dar, den Zugang zu präventiver und restaurativer Versorgung für gefährdete Bevölkerungsgruppen zu erweitern, aber sie müssen mit politischen Veränderungen, einer nachhaltigen Reform der Bezahlung und Änderungen in der Ausbildung von Mundgesundheitsfachkräften kombiniert werden", veranschaulicht Landi.
In diesem Zusammenhang begrüße der CED den Tempowechsel in der europäischen Gesundheitspolitik, wonach der Gesundheit mit einem "mutigen Programm" und mehrjährigen Haushaltsvorschlägen mehr Bedeutung beigemessen werde.
Gesundheitssysteme müssen Epidemien begegnen können
"Diese Initiativen zielen darauf ab, die nationalen Gesundheitssysteme so zu stärken, dass sie Epidemien sowie langfristigen Herausforderungen begegnen können, indem sie die Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung, die digitale Transformation der Gesundheitssysteme und den Zugang zur Gesundheitsversorgung für gefährdete Gruppen fördern", erläutert Landi.
Dieser Ansatz sind für ihn ein wichtiger Schritt zum Aufbau starker und widerstandsfähiger Gesundheitssysteme in ganz Europa.