Was haben fünf Jahre DSGVO gebracht?
Mehr als 6 von 10 Unternehmen (62 Prozent) zögern bei der Datennutzung, weil sie Angst haben, gegen den Datenschutz zu verstoßen. Fast ebenso viele (60 Prozent) haben schon einmal Pläne für Innovationen gestoppt, weil datenschutzrechtliche Vorgaben oder Unsicherheiten sie dazu gezwungen haben. Dabei war dies bei 22 Prozent der Betriebe schon häufig, bei 24 Prozent mehrfach und bei 14 Prozent bislang einmal der Fall. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Digitalverbandes Bitkom zum fünften Jahrestag der DSGVO. Die Verordnung gilt seit dem 25. Mai 2018.
„Ein einheitliches Datenschutzrecht für die ganze EU war und ist ein großartiges Projekt für die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für die EU als Wirtschaftsraum", sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. "Nach fünf Jahren Datenschutz-Grundverordnung muss man allerdings festhalten: Die DSGVO hat ihr Versprechen, für europaweit einheitliche, verständliche und praxistaugliche Datenschutz-Regeln zu sorgen, nicht eingelöst!"
Stattdessen führe die von jeder nationalen und regionalen Aufsicht eigenständige Interpretation der Regeln zu Rechtsunsicherheit. Berg: "Viele Unternehmen verzichten deshalb auf die Entwicklung neuer Technologien und Dienste – oder verlagern ihre Projekte ins Ausland. Das zeigt sich nicht zuletzt an Verboten für innovative Technologien wie ChatGPT in einzelnen EU-Mitgliedstaaten, die für massive Verunsicherung sorgen."
"Deutschland verschenkt Chancen, weil zu oft auf Datennutzung verzichtet wird!"
Demzufolge glauben 58 Prozent der Unternehmen, dass Deutschland Chancen für Wachstum und Wohlstand verschenkt, weil zu oft auf Datennutzung verzichtet wird. 63 Prozent meinen, dass durch strenge Regeln innovative datengetriebene Geschäftsmodelle in Deutschland erstickt oder aus dem Land vertrieben werden.
„Datenschutz ist in unserer digitalen Welt extrem wichtig. Aktuell erleben wir aber eine lähmende Angst vor Fehlern und eine einseitige Abwägung zwischen Datenschutz und Mehrwerten der Datennutzung“, so Berg. Das gelte zum Beispiel für länderübergreifende Kooperationsprojekte und die medizinische Forschung, aber auch für die Digitalisierung des Gesundheitswesens oder der Verwaltung. Insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen fehle es zudem an praxistauglichen Hilfestellungen, um in der Datenökonomie innovative Geschäftsideen umsetzen und wachsen zu können.
„Die vorhandenen Spielräume der DSGVO werden in Deutschland kaum genutzt“, sagt Berg. „Wir müssen Datenverarbeitungen als Chance verstehen, nicht immer nur als Risiko. Wenn wir fünf Jahre so weitermachen wie zuletzt, schwächen wir unsere Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit.“
Der Verband fordert daher, die Datenschutz-Aufsicht stärker zu vereinheitlichen. Momentan gebe es allein in Deutschland 18 unabhängige Datenschutz-Aufsichten. Zudem müsse sich der Datenschutz stärker an realen Gefahren als an theoretischen Risiken orientieren, gerade bei den laufenden Diskussionen zum Beschäftigtendatenschutz. Die Aufsichtsbehörden sollten aus Bitkom-Sicht auch dazu verpflichtet werden, nicht nur Verbote oder pauschale Produktwarnungen auszusprechen und Bußgelder zu verhängen, sondern bei datenschutzkonformer Umsetzung zu unterstützen.
Für die Umfrage im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom hat Bitkom Research 602 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft. Die Fragen lauteten: „Inwieweit treffen folgende Aussagen zum Thema Datenpolitik aus Sicht Ihres Unternehmens zu bzw. nicht zu?"; "Haben Sie in Ihrem Unternehmen schon einmal Pläne für Innovationen in Zusammenhang mit der Nutzung von Daten wegen rechtlicher Vorgaben oder Unsicherheiten gestoppt?“