Was tun mit Maskenverweigerern?
*Aus Gründen der Gendergerechtigkeit schreibe ich Artikel im Wechsel entweder in der männlichen oder in der weiblichen Form. Dabei sind jeweils alle Geschlechter mit gemeint. ** Mundschutz, Mund-Nasen-Bedeckung und Maske werden im Artikel synonym verwendet.
Autorin Dr. Anke Handrock
Aus rechtlicher Sicht kommen hier – nach Rücksprache mit der Bundeszahnärztekammer – verschiedene Aspekte zum Tragen:
In der Zahnarztpraxis ist von Patientinnen eine Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) zu tragen. Das wird durch die „Coronaverordnungen“ der Bundesländer ausdrücklich so angeordnet. Die Praxisinhaberin hat also für die Umsetzung der Verordnung zu sorgen.
Die Praxisinhaberin ist für die Sicherstellung der Hygiene gemäß den Vorgaben des Robert Koch-Instituts verantwortlich. Außerdem ist sie als Arbeitgeberin dem Arbeitsschutz der Mitarbeiterinnen verpflichtet.
Wenn Patientinnen in der Praxis ein ärztliches Attest vorlegen, das sie von der Pflicht zum Tragen des Mundschutzes entbindet, müssen daraus – nach ersten Urteilen - die wesentlichen Gründe für die Befreiung hervorgehen. Allgemeine Atteste ohne Gründe müssen nicht anerkannt werden.
Die Zahnärztin kann in begründeten Fällen eine Behandlung ablehnen. Dazu muss sie eine sogenannte „pflichtgemäße Interessenabwägung“ vornehmen – etwa, wenn sie sich nicht dazu zwingen lassen will, gegen eine geltende Verordnung zu verstoßen.
In besonderen Fällen kann die Zahnärztin von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und eine Patientin der Praxis verweisen. Entfernt sich die Patientin dann nicht, handelt es sich um Hausfriedensbruch.
Falls es sich um einen echten medizinischen Notfall handelt, müsste die Zahnärztin die Patientin allerdings in jedem Fall behandeln. In der Zahnmedizin gibt es jedoch nur extrem wenig Notfälle, die eine absolut sofortige Behandlung erforderlich machen.
In dieser Gemengelage ist es für das Team hilfreich, wenn das in der Praxis gewünschte Vorgehen im Umgang mit Patientinnen ohne Maske komplett durchgesprochen wird. Dadurch entsteht Sicherheit und die Zahnärztin wird danach so selten wie möglich in der Behandlung unterbrochen. Ein mögliches strukturiertes Vorgehen ist in der Grafik kurz dargestellt:
Die einzelnen Schritte sind im Folgenden kurz beschrieben. Der Einfachheit halber finden Sie hier auch entsprechende mögliche Musterformulierungen.
1. Ansprechen
Als Erstes hilft es, von einem Versehen auszugehen: „Sie haben keine Maske auf, benötigen Sie eine oder haben Sie sie dabei? Oder dürfen Sie keine Maske tragen und haben Ihr Attest dabei?“ Auf diese Weise wird die Patientin deeskalierend und ohne Belehrung auf die Notwendigkeit hingewiesen, in der Praxis einen Mundschutz zu tragen oder ein Attest vorzulegen.
Wenn es sich um eine Patientin mit Attest handelt, kann man ihr einen Ecktermin anbieten und sie dann so schnell wie möglich wieder entlassen. Handelt es sich dagegen um einen Notfall, sollte die Patientin nicht im allgemeinen Warteraum Platz nehmen. Das ist einerseits sinnvoll, um Diskussionen mit anderen Patientinnen zu vermeiden, andererseits weil solche Patientinnen ohne Mundschutz oft auch selbst gefährdeten Gruppen angehören.
Sonderfall – unbegleitete Kinder ohne Mundschutz und Attest
Erscheinen Kinder ohne Mundschutz und Attest in der Praxis und behaupten, sie hätten aber ein Attest und bräuchten deswegen keine Maske tragen, sollten die Eltern kontaktiert werden. Sind die Eltern nicht erreichbar, kann man ähnlich wie bei Erwachsenen ohne Attest vorgehen. Anschließend sollten die Eltern (abhängig vom Alter der Kinder) informiert werden.
2. Diskussionen vermeiden
Bei „erwachsenen Maskenverweigerinnen aus Überzeugung“ ist es zeitsparend und sinnvoll, jegliche Diskussion an der Rezeption zu vermeiden.
Verweigert die Patientin den Mundschutz, kann man sie wie folgt aufklären: „In Praxen ist es zurzeit vorgeschrieben, dass auch Patientinnen eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Ich muss Sie deshalb bitten, jetzt diese Maske aufzusetzen (dabei wird der Patientin eine Maske gereicht). Wir sind gehalten, dafür zu sorgen, dass das diese Verordnung eingehalten wird, und hier bin ich dafür zuständig. Sie bringen mich persönlich und die ganze Praxis in Schwierigkeiten, wenn Sie die Maske jetzt nicht aufsetzen.“
Hier wird ganz bewusst auf eine Diskussion über die Notwendigkeit und den Sinn des Maskentragens verzichtet. Dadurch wird versucht, eine politische Diskussion zu vermeiden, die nur zur Emotionalisierung und damit zu weiteren Problemen führen würde. Gleichzeitig wird die Patientin darauf hingewiesen, dass ihr unerwünschtes Verhalten ihrer Gesprächspartnerin persönlich Probleme bereitet. Manchmal hilft das deutlich weiter.
3. Die Zahnärztin informieren
Verweigert die Patientin weiterhin das Tragen der Maske, kann sie aufgefordert werden, vor der Praxis zu warten. „Ich sehe, dass Sie keine Maske tragen wollen. Dann darf ich Sie hier nicht stehen lassen. Bitte warten Sie kurz vor der Praxis. Ich werde die Zahnärztin informieren, denn in solchen Fällen entscheidet sie selber.“ Dieses Vorgehen schafft für die Mitarbeiterin Sicherheit: Sie hat die Patientin nicht der Praxis verwiesen, gleichzeitig aber der „Coronaverordnung“ Rechnung getragen. Die Zahnärztin kann jetzt entscheiden, ob sie die Behandlung ablehnen möchte.
4. Diskussionen aus dem Weg gehen
Wenn die Patientin weiter diskutiert, hilft es, nicht inhaltlich einzusteigen. Dabei kann es etwas bringen, der Patientin das Gefühl zu geben, gehört worden zu sein. „Ich habe schon wahrgenommen, dass Sie da eine andere Meinung haben. Aber hier in der Praxis können und werden wir über dieses Thema nicht diskutieren, denn wir müssen unsere Patienten so gut, so schnell und so sicher wie möglich behandeln. Zahnärztinnen und Mitarbeiterinnen tragen bei der Behandlung ja sowieso immer einen Mundschutz – das gilt jetzt im Moment eben für alle, die hier sind.“
Falls die Patientin dann noch weiter diskutiert, wiederholen Sie diesen Satz einfach. „Ich sagte ja eben, dass ich Ihre Meinung durchaus wahrgenommen habe, allerdings muss ich mich hier an dir Regeln halten. Bitte setzen Sie den Mundschutz jetzt auf oder warten Sie bitte vor der Praxis. Die Zahnärztin wird sobald wie möglich zu Ihnen kommen oder ich werde Sie entsprechend informieren.“
5. Endgültige Entscheidungen der Zahnärztin überlassen
Manchmal führt ein derartiges deeskalierendes Verhalten dann doch dazu, dass die Patientin (unwillig) einen Mundschutz nutzt. Falls nicht, kann jetzt die Zahnärztin entscheiden, welches weitere Vorgehen sie für richtig hält.
Sollte sie sich entscheiden, die Patientin der Praxis zu verweisen, wird allgemein empfohlen, dass sie das selber tut. Dabei sollte sie darauf achten, dass mindestens eine weitere Zeugin aus der Praxis dabei ist und dass der Vorgang hinterher gut dokumentiert wird (Name der Patientin, Name der Zeugin, Inhalt der Aussage, Reaktion der Patientin).
Auch hier bietet sich eine formale, nicht emotionalisierte Mitteilung an: „Meine Mitarbeiterin hat mich gerade darüber informiert, dass Sie nicht bereit sind, die Coronaverordnung einzuhalten. Stimmt es, dass Sie nicht bereit sind, in meiner Praxis einen Mundschutz zu tragen?“ [JA!] „Das bedauere ich, ich würde Sie gerne behandeln. Allerdings kann ich nicht zulassen, dass in meiner Praxis Verordnungen zum Schutz von Patientinnen und Mitarbeiterinnen willkürlich außer Kraft gesetzt werden. Deswegen kann ich Sie leider unter diesen Umständen nicht behandeln. Bitte verlassen Sie jetzt sofort meine Praxis!“
Wichtig ist, dass es sich hier jeweils um Einzelfallentscheidungen handelt, die Zahnärztin nach bestem Wissen und Gewissen fällt. So können Gründe, die in der Patientin oder in der Arzt-Patienten-Beziehung liegen, dazu führen, das, ähnlich aussehende Entscheidungen völlig unterschiedlich getroffen werden.
Dr. med. dent. Anke Handrock leitet seit 1995 ihr eigenes Beratungsunternehmen für Coaching und Training in der Medizin. Sie hat sich insbesondere auf Patientenführung und systemisch-strategische Teamkommunikation spezialisiert.