Shared Decision Making

Wenig Evidenz zum gesundheitlichen Nutzen

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Politik
Führt die gemeinsame Entscheidungsfindung von Patient und Arzt über Diagnose und Therapie auch zu einer besseren Gesundheit? Dieser Frage ging jetzt eine vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beauftragte Arbeitsgruppe nach.

Die Untersuchung erfolgte im Rahmen des vom IQWiG betreuten „Themenchecks Medizin“, bei dem Bürgerinnen und Bürger Vorschläge einreichen können, welche medizinischen Verfahren auf ihren Nutzen geprüft werden sollen. Jetzt wollte eine Frau wissen, ob eine gemeinsame Entscheidungsfindung Einfluss auf das Behandlungsergebnis und die Patientenzufriedenheit haben kann.

Im Auftrag des IQWiG untersuchte ein Forschungsteam daher, wie zufrieden Patienten mit dem Arztgespräch und der getroffenen Entscheidung sind. Außerdem analysierten die Forschenden die gesundheitlichen Vor- oder Nachteile für Patientinnen und Patienten, etwa im Hinblick auf die Krankheitsbeschwerden oder die Lebensqualität. Dazu wurde nach Studien zu solchen Maßnahmen bei der Behandlung von Erwachsenen gesucht – egal mit welcher Erkrankung.

Für die Untersuchung werteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schließlich sieben systematische Übersichten aus, die in rund 250 Einzelstudien eingeschlossen waren. In drei Übersichten lag der Fokus auf sogenannten Entscheidungshilfen für Patienten, in den vier anderen wurden verschiedene weitere Maßnahmen für eine gemeinsame Entscheidungsfindung betrachtet.

Die Patienten haben mehr Vertrauen in ihre eigene Entscheidung

Dabei kam heraus, dass Entscheidungshilfen im Vergleich zu einer Standardversorgung vorteilhaft für Shared Decison Making sein können. Sie führten zum Beispiel dazu, dass die Patienten stärker eingebunden waren, mehr über ihre Erkrankung und die Therapiemöglichkeiten wussten, Risiken besser einschätzen konnten und mehr Vertrauen in ihre eigene Entscheidung hatten. Im Unterschied dazu wurden für ärztliche Schulungen keine Vorteilen nachgewiesen. Keine der Maßnahmen hatte Nachteile für den Entscheidungsprozess.

Was die Kosten betrifft: Sie variieren laut Arbeitsgruppe stark, je nach Maßnahme. Das Verhältnis von Kosten und gesundheitlichen Vorteilen könne sie daher nicht pauschal abschätzen. Einzelne Studien lassen den Forschenden zufolge aber vermuten, dass Entscheidungshilfen für bestimmte Erkrankungen möglicherweise Kosten einsparen könnten. Die Frage, ob Shared Decisoin Making Unter-, Über- oder Fehlversorgung verringern und dadurch die Effizienz im Gesundheitssystem erhöht, könne man jedoch nicht beantworten, da die Maßnahmen nicht als Steuerungsinstrument gedacht seien.

Die gesundheitsbezogenen Effekte sind aber weitgehend unklar

Zur Frage, wie sich die Maßnahmen auf gesundheitliche Aspekte auswirken, gab es nur wenige und meist nicht verlässliche Studien. Diese zeigten weder Vorteile noch Nachteile – insgesamt ließen sich keine zuverlässigen Aussagen dazu machen. Zudem hielt das Arbeitsteam die Qualität der meisten Arbeiten für gering. Wegen fehlender oder methodisch unzureichender Studien seien die gesundheitsbezogenen Effekte darum weitgehend unklar.

Shared Decison Making

In Deutschland und anderen Ländern gelten ethische und rechtliche Regeln, nach denen Patientinnen und Patienten bei medizinischen Fragen ausführlich aufgeklärt werden müssen. Diese Gespräche sollen am besten so stattfinden, dass am Ende eine gemeinsame Entscheidung steht. Das heißt: Patienten und Ärzte sprechen auf Augenhöhe miteinander und entscheiden sich gemeinsam für oder gegen eine bestimmte Behandlung.

„Shared Decision Making“ (SDM) soll dabei helfen, dass dieses Recht leichter im Alltag praktiziert wird: Ärztinnen und Ärzte schaffen eine Atmosphäre, in der sich Patientinnen und Patienten als Gesprächspartner ernst genommen fühlen und ihre Wünsche und Bedenken frei äußern können.

Beim ThemenCheck Medizin können Bürgerinnen und Bürger Fragen an das IQWiG stellen und Vorschläge für wissenschaftliche Begutachtungen von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren machen. In einem zweistufigen Auswahlverfahren, an dem die Bürger auch beteiligt sind, werden aus den Vorschlägen pro Jahr bis zu fünf neue Themen ausgewählt, die für die Versorgung von besonderer Bedeutung sind. Die Berichte dazu werden von externe Sachverständigen verfasst.

„Wie sich SDM-Maßnahmen auf die Gesundheit auswirken, ist nicht gut untersucht“, schreiben die Autorinnen und Autoren. „Es konnten weder Vorteile noch Nachteile für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten nachgewiesen werden.“ Das bedeute allerdings nicht, dass es keine Vor- oder Nachteile gibt – vielmehr müssten sie noch in besseren Studien untersucht werden. „Es braucht auch mehr Forschung dazu, welche SDM-Maßnahmen am besten sind und wie genau sie gestaltet undkombiniert werden sollten.“

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