Wer wird der Erste?
Russland will als erstes Land der Welt einen Impfstoff gegen COVID-19 zulassen. Geht es nach den Plänen der russischen Zulassungsbehörde, soll ein Impfstoff des Gamaleya-Forschungszentrums in Moskau am 10. August grünes Licht für die Freigabe bekommen. Auf CNN sagte Kirill Dmitriev, Vorsitzender des Russischen Investitionsfonds, einer vom Kreml gegründeten Stiftung, die auch die russische Impfstoffforschung finanziert: „Es ist ein Sputnik-Moment“. Es geht im internationalen Wettbewerb darum, der Erste zu sein, der seiner Bevölkerung Impfschutz bieten kann. Der russische Impfstoff befindet sich allerdings erst in der Phase-II-Studie. Nach ihrem Abschluss soll parallel die Phase III beginnen und die Zulassung erfolgen. Andere Länder und Hersteller bestehen darauf, dass die Phase III abgeschlossen sein muss, bevor ein Impfstoff freigegeben werden darf.
Erste Liefervereinbarungen wurden getroffen
Biontech/Pfizer will im Oktober den ersten Corona-Impfstoff auf den Markt bringen. Das hat das Firmentandem Ende Juli zum Start seiner Phase-II/III-Studie bekanntgegeben. Geplant sind Tests an bis zu 30.000 Probanden in 120 Studienzentren weltweit. Ihr Alter liegt zwischen 18 und 85 Jahren. Ende September oder Anfang Oktober soll dann bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA ein Antrag auf Zulassung des Impfstoffes gestellt werden. Läuft alles nach Plan, könnten bis Ende 2020 weltweit 100 Millionen Impfstoffdosen ausgeliefert werden, bis Ende 2021 sollen es mehr als 1,3 Milliarden sein. Die USA und Großbritannien haben erste Liefervereinbarungen mit Biontech/Pfizer geschlossen.
Das Biotech-Unternehmen Moderna hat am 27. Juli 2020 eine Phase-III-Studie mit 30.000 Probanden begonnen, eine Studie mit Rhesusaffen lieferte positive Daten, der RNA-Impfstoff löste bei den Tieren eine starke Immunreaktion aus. Das chinesische Biotech-Unternehmen Sinovac startete am 21. Juli 2020 in Brasilien die klinische Phase-III-Studie seines Impfstoffkandidaten.
Mögliche Produktionsorte Tübingen und Dessau
Das Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac gehört in Deutschland zu den Hoffnungsträgern, derzeit läuft die Phase-I-Studie in Deutschland und Belgien, die Produktion des möglichen Impfstoffes soll in Tübingen stattfinden. Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung arbeitet gemeinsam mit den Universitäten München und Marburg und dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf an einem Impfstoff, klinische Studien sind ab September geplant, die Produktion soll in Dessau stattfinden.
Sanofi und GlaxoSmithKline haben Ende Juli nach eigenen Angaben einen Milliardendeal mit der US-Regierung geschlossen. Ein Teil des Geldes soll für die Weiterentwicklung eines potenziellen Corona-Impfstoffes eingesetzt werden. Die US-Regierung hat die Option, anfangs 100 Millionen und langfristig weitere 500 Millionen Impfdosen zu erhalten. Auch die britische Regierung sicherte sich im Juli 60 Millionen Dosen eines möglichen COVID-19-Impfstoffs. Parallel dazu schloss die britische Regierung Liefervereinbarungen mit weiteren Pharma-Unternehmen. Auch der britische Pharmakonzern Astrazeneca forscht derzeit an einem möglichen Impfstoff. Den hatte ursprünglich die Universität Oxford entwickelt, die beiden Partner kooperieren nun.
„Momentan gibt es kein Wundermittel“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gab sich in dieser Woche optimistisch, was die erfolgreiche Suche nach einem Impfstoff betrifft. Im „Morning Briefing“ des Journalisten Gabor Steingart sagte er, dass er zuversichtlich sei, dass es so schnell wie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte einen Impfstoff geben könne: „Wir haben sehr vielversprechende Kandidaten.“ Auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) ist optimistisch, sie rechnet mit einem Corona-Impfstoff zur Mitte des kommenden Jahres. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat im Juni 202 ein 750-Millionen-Sonderprogramm zur Beschleunigung von Forschung und Entwicklung eines Impfstoffes aufgelegt. Biontech, Curevac und IDT Biologika erhielten als erste deutsche Firmen die Genehmigung zur klinischen Prüfung eines möglichen Impfstoffs gegen SARS-CoV-2.
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte in dieser Woche auf einer virtuellen Pressekonferenz in Genf: „Die Botschaft an die Menschen und Regierungen ist klar: ‚Macht alles“. Der Weg zurück zur Normalität werde lang: „Momentan gibt es kein Wundermittel – und es könnte es nie geben,“ so Ghebreyesus.