„Wie lohnenswert ist es in Deutschland eine Vertragsarztpraxis zu führen?“
„Wie lohnenswert ist es in Deutschland, eine Vertragsarztpraxis zu führen?“, lautet die Frage zu Beginn eines Beitrags im E-Magazin „90 Prozent“, das vom GKV-SV publiziert wird. „Tatsächlich lässt sich diese Frage nicht so leicht beantworten. Denn zur wirtschaftlichen Situation der Vertragsärzteschaft lagen bislang nur begrenzt valide Daten vor“, räumt Autor Dr. Ronny Klein, Volkswirt beim GKV-SV, ein. Nichtsdestotrotz kommt er zu diesem Fazit: „Die Ergebnisse zeigen, dass in den letzten Jahren zwar die Praxisaufwendungen deutlich gestiegen sind. Gleichzeitig erhöhten sich jedoch auch die Einnahmen, insbesondere aus der Tätigkeit für die GKV. In der Summe führte dies zu einer überdurchschnittlichen Steigerung der Jahresüberschüsse der Vertragsärzteschaft sowie der niedergelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.“
Basis für die Analyse ist die jüngste Erhebung zur Kostenstruktur bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Praxen von psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten (KSE) des Statistischen Bundesamts. Die im August 2023 veröffentlichten Befragungsergebnisse beziehen sich auf das Jahr 2021.
Große Unterschiede zwischen den Fachgebieten
Laut destatis hätten die durchschnittlichen Einnahmen einer Arztpraxis im Jahr 2021 bei 656.000 Euro gelegen, schreibt Klein. Auf alle Praxisinhaberinnen und -inhaber in Deutschland umgelegt entspreche das rechnerischen Einnahmen in Höhe von durchschnittlich 481.000 Euro. Die durchschnittlichen Aufwendungen von Personal bis Strom hätten in diesem Zeitraum pro Inhaber und Inhaberin rund 244.000 Euro betragen, so der Autor.
Der mit Abstand größte Ausgabenblock in den Arztpraxen seien dabei die Personalaufwendungen: „Diese summieren sich im Jahr 2021 auf rund 144.000 Euro je Praxisinhaber/-in. Somit entfielen mit 59,2 Prozent deutlich mehr als die Hälfte der gesamten Aufwendungen auf das angestellte Personal einer Arztpraxis.“
Den mit Abstand höchsten Reinertrag erzielten laut der Analyse des Kassenverbands die Fachgebiete Radiologie, Nuklearmedizin, Strahlentherapie beziehungsweise Neuroradiologie. „Praxisinhaberinnen und -inhaber dieser Fachgebiete konnten im Jahr 2021 im Durchschnitt rund 474.000 Euro an Jahresüberschuss erzielen. Ebenfalls einen deutlich überdurchschnittlichen Überschuss erwirtschafteten im Jahr 2021 die Augenärztinnen und -ärzte mit ca. 399.000 Euro je Inhaber/-in“, führt Volkswirt Klein aus. Der größte Teil der niedergelassenen Ärzteschaft habe 2021 einen Reinertrag zwischen 192.000 und 296.000 Euro erzielt.
Sinkende Wochenarbeitszeiten
Der beobachtete Anstieg der Jahresüberschüsse in den Arztpraxen sei nicht auf eine Ausweitung der Arbeitszeit zurückzuführen, schreibt Klein. Für das Jahr 2021 habe destatis für die niedergelassene Ärzteschaft im Durchschnitt eine Wochenarbeitszeit in Höhe von 43,6 Stunden festgestellt: „Somit hat sich die Arbeitszeit der Praxisinhaberinnen und -inhaber in den letzten Jahren im Durchschnitt weiter reduziert. Denn im Jahr 2015 antworteten die befragten niedergelassenen Ärzte noch, dass sie im Schnitt 47,8 Stunden pro Woche gearbeitet haben.“