Pressegespräch der Bundeszahnärztekammer

„Wir sind enttäuscht von der Politik!“

pr
Politik
Ob Niederlassung, GOZ, Bürokratie, Amalgam, Digitalisierung oder das Budget bei der PAR – die BZÄK-Spitze benannte auf einem Pressegespräch zahlreiche Probleme, mit denen die Zahnärzte derzeit zu kämpfen haben.

Auf dem gestrigen Pressehintergrundgespräch im Nachgang zur Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) in Berlin-Mitte brachte der Geschäftsführende Vorstand seine Enttäuschung gegenüber der Gesundheitspolitik deutlich zum Ausdruck. „Wir kämpfen um vernünftige Rahmenbedingungen für die Kollegenschaft“, sagte BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz. „Und wir werden nur Vorhaben unterstützen, die uns auch in der Praxis und für die Patienten nützen.“ So seien zum Beispiel die Strukturen investorenbetriebener Medizinischer Versorgungszentren (iMVZ) ein „schlechter Impuls, wenn es um die Niederlassung geht“.

Auch die Budgetierung bei der neuen Parodontitis-Therapie bringe die Zahnärzteschaft in eine „ganz schwierige Lage“ für die Versorgung der Patienten, kritisierte Benz. Denn rein rechnerisch könne man aufgrund des im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) festgeschriebenen Budgets im nächsten Jahr keinen einzigen neuen Patienten mehr in die neue Behandlungsform aufnehmen. Die Folgekosten dieser Entscheidung habe das Bundesgesundheitsministerium nicht auf den Tisch gelegt: Jeder Euro, den man in die Parodontitis-Therapie stecke, würde im Gesundheitswesen aber 76 Euro an Krankheitskosten sparen.

Der Bürokratieabbau ist für Vizepräsident Konstantin von Laffert ein wichtiges Anliegen. Rund 61 Tage im Jahr würden einer Umfrage zufolge der Behandlung durch Bürokratie entzogen, sagte er. Die BZÄK habe zusammen mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) ein Papier mit Vorschlägen zum Bürokratieabbau vorgelegt. Frustrierend sei, dass dies in den vorgelegten Eckpunkten des Bundesjustizministeriums nicht aufgegriffen wurde. „Wir mahnen an, gehört zu werden,“ forderte von Laffert.

Ein besonderes Thema sei dabei die von den Hygienebehörden geforderte Validierung der abschließenden Wischdesinfektion bei semikritischen Medizinprodukten. Sollte es bei der Forderung bleiben, gebe in der Praxis große Probleme, prophezeite von Laffert. Das sei auch ein fatales Signal an niederlassungswillige junge Kolleginnen und Kollegen. Enttäuscht war der Vizepräsident auch darüber, dass die Ampel bisher – entgegen ihrer Ankündigung – noch keine Regelung zur Regulierung von iMVZ vorgelegt hat. Auch hier habe die Zahnärzteschaft Vorschläge unterbreitet.

BZÄK-Vizepräsidentin Dr. Romy Ermler umriss die Herausforderungen bei der Förderung des beruflichen Nachwuchses. Wichtig sei die Stärkung der Versorgung auf dem Land, dazu seien die Kammern vielerorts schon mit den Kommunen im Gespräch. Es brauche Unterstützung, damit der ländliche Raum nicht an Attraktivität verliere. Anreizsysteme und eine Standort-Analyse könnten hier hilfreich sein.

Ermler kam auch auf den politischen Stillstand bei der GOZ zu sprechen. Zwar gebe es aus dem BMG keine Signale zu einer Novellierung, gleichwohl bleibe die Zahnärzteschaft hier weiter am Ball. So sei das gemeinsame Beratungsforum mit der PKV bei der Weiterentwicklung von GOZ-Auslegungsfragen aktiv. Unter Beteiligung namhafter Juristen sei ferner eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Prüfung. Digitalisierung sei ein weiterer wichtiger Schwerpunkt: Zur geplanten elektronischen Patientenakte (ePA) forderte sie eine Klärung darüber, wie die Akte befüllt werden solle.

Über die Kampagne zur Werbung für das Berufsbild ZFA (Imagewerbung via Influencer) sagte sie: „Wir müssen den Beruf nach vorne tragen und für dessen Image werben!" Alle Kammern beteiligten sich daran. Als sehr erfolgreich habe sich auch die Paro-Kampagne der BZÄK erwiesen. Zunächst ging die Zielrichtung in die breite Öffentlichkeit, jetzt nehme man auch die Zielgruppe Politik in den Fokus.

Bei dem Pressegespräch ging es auch um das auf EU-Ebene geplante Amalgam-Verbot in Zahnarztpraxen. Von Laffert reinnerte daran, dass der Füllungswerkstoff nach jetzigem Stand ab Anfang 2025 europaweit nicht mehr verwendet werden dürfe. Für vulnerable Gruppe sei Amalgam aber das Mittel der Wahl und es gebe keine Alternativen. Allerdings müssten hier noch das Europäische Parlament und der Rat zustimmen. Die Zahnärzteschaft habe bereits Gespräche geführt und es zeigten sich Vorbehalte. So habe sich die EU-Berichterstatterin Marlene Mortler (CSU) für ein Verbot erst ab 2027 ausgesprochen. „Aus Sicht der Zahnärzteschaft ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte von Laffert.

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