Studie aus Großbritannien

„Zuckersteuer“ mit weniger Adipositas bei Mädchen assoziiert

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Gesellschaft
Vor allem Mädchen aus sozial benachteiligten Familien haben laut einer aktuellen Studie von der „Zuckersteuer" profitiert, die in Großbritannien seit 2018 auf Softdrinks erhoben wird ­– die Adipositasrate sank um 8 Prozent.

Die ForscherInnen um Studienleiterin Nina Rogers von der MRC Epidemiology Unit an der University of Cambridge School of Clinical Medicine werteten Daten von mehr als einer Million Kindern aus Großbritannien aus.

Sowohl Kinder im Vorschulalter von vier bis fünf Jahren als auch Grundschüler im Alter von zehn bis elf Jahren wurden von September 2013 bis November 2019 nachbeobachtet. Verglichen wurden die Adipositasraten in den 19 Monaten nach Einführung der Zuckersteuer mit prognostizierten Raten für den Fall, dass keine entsprechende Steuer eingeführt worden wäre.

Adipositasraten von über 1 Million Kinder ausgewertet

Die ForscherInnen fanden bei zehn- bis elfjährigen Mädchen eine absolute Reduktion der Adipositasrate um 1,6 Prozentpunkte (95 Prozent Konfidenzintervall (KI): 1,1, 2,1), was einer relativen Reduktion um 8 Prozent entspricht. Am stärksten waren die Reduktionen bei Mädchen in den am stärksten benachteiligten Quintilen. Bei ihnen sank die Adipositasprävalenz absolut um 2,4 Prozentpunkte (95 Prozent KI 1.6-3.2).

Bei zehn- bis elfjährigen Jungen waren dagegen keine Veränderungen der Adipositasraten zu beobachten, und auch kein offensichtliches Muster an Veränderungen in Relation zur Benachteiligung. Allerdings war bei Jungen im am wenigsten benachteiligten Quintil eine Zunahme der Adipositasrate um absolut 1,6 Prozentpunkte (relative Zunahme um 10,1 Prozent) zu beobachten.

Bei den jüngeren Kindern wurden keine Assoziationen zwischen der Einführung der Zuckersteuer auf Getränke und den Adipositasraten gefunden.

Mädchen aus benachteiligten Regionen profitierten

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Besteuerung von gezuckerten Softdrinks in Großbritannien einen positiven gesundheitlichen Effekt hatte und zwar in Form einer niedrigeren Adipositasrate bei zehn- bis elfjährigen Mädchen“, schreiben die AutorInnen. Es seien aber weitere Strategien erforderlich, um die Adipositasprävalenz im Grundschulalter insgesamt zu senken, speziell bei älteren Jungen und jüngeren Kindern.

Die der Adipositas zugrundeliegenden Ursachen seien komplex, weshalb es schwierig sei, eine Veränderung der Adipositasraten einem einzelnen Faktor zuzuordnen. Es müssten deshalb weiterhin multifaktorielle Strategien genutzt werden, um den Zugang zu bezahlbaren gesunden Lebensmitteln – speziell für Kinder aus Haushalten mit geringem Einkommen – zu verbessern und vermehrte körperliche Aktivität im Kindesalter zu fördern.

2020 hatten 10 Prozent der Vier- bis Fünfjährigen und 20 Prozent der Zehn- bis Elfjährigen in Großbritannien Adipositas. Anhand früherer Studien konnte bereits gezeigt werden, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien ein doppelt so hohes Risiko für Adipositas haben als diejenigen aus wohlhabenden Familien.

„Nur Deutschland will sich nicht mit der Getränkeindustrie anlegen!“

Die Verbraucherschutzorganisation foodwatch fordert seit Jahren die Politik auf, in Deutschland ebenfalls eine Herstellerabgabe auf gesüßte Getränke einzuführen und im Gegenzug Obst und Gemüse von der Mehrwertsteuer zu befreien. Großbritannien reihe sich neben Irland, Portugal, Estland, Belgien, Norwegen, Mexiko, Südafrika und Frankreich in eine immer länger werdende Liste von Ländern ein, die mit steuerlichen Anreizen aktiv gegen Fehlernährung, Fettleibigkeit und Diabetes vorgehen, so foodwatch.

"Nur Deutschland will sich anscheinend nicht mit der Getränkeindustrie anlegen und schaut lieber tatenlos zu, wie die Hersteller kiloweise Zucker in ihre Produkte kippen." Auch die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) sowie Kinder- und Jugendärzte fordern Maßnahmen, um den Softdrink-Konsum bei Kindern und Jugendlichen zu senken.

Rogers NT, Cummins S, Forde H, Jones CP, Mytton O, Rutter H, et al. (2023) Associations between trajectories of obesity prevalence in English primary school children and the UK soft drinks industry levy: An interrupted time series analysis of surveillance data. PLoS Med 20(1): e1004160. doi.org/10.1371/journal.pmed.1004160

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