"Beschweren Sie sich hier!" - Geht's noch?

sg/nh
Die Verbraucherzentralen haben ein neues Internetportal geschaltet, das sich ausschließlich um Probleme und Ärger von Patienten beim Zahnarzt kümmert. Die Überprüfung der Beschwerden durch einen ausgewiesenen Experten findet jedoch nicht statt, kritisiert die KZBV.

In einem Verbund wollen die Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Berlin über die Themen Zahnersatz, Zahnbehandlung, KFO-Behandlungen sowie Kostenübernahmen der Krankenkassen informieren und gleichzeitig den Patienten eine Plattform für ihren Ärger bieten. Das PortalKostenfalle-Zahn.deversteht sich dabei explizit als „Informations- und Beschwerdeportal der Verbraucherzentralen“.

"Ärger mit dem Zahnarzt? Beschweren Sie sich hier!"

Dafür wird den Nutzern eigens ein Beschwerdeformular angeboten. Das Portal wertet die Beschwerden aus und veröffentlicht anschließend den Erfahrungsbericht in anonymisierter Form auf einer „Beschwerde-Pinnwand“. Zusätzlich werden Patienten aufgerufen, ihre Erfahrungsberichte über missliche Situationen bei der Zahnarztbehandlung zahlreich zuzuliefern. Denn je mehr Fälle geschildert würden, desto mehr Druck könnten die Verbraucherzentralen gegenüber unkorrekt arbeitenden Zahnärzten ausüben, heißt es in einer Erklärung. 

Zahnärzte: Wo bleiben Belege für Beschwerden?

Für den Vorstandsvorsitzenden der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Dr. Wolfgang Eßer, hat das Portal zwei Seiten: "Kritisch zu bewerten ist aus Sicht der KZBV insbesondere die Möglichkeit, dass sich Patienten bei dem Portal beschweren können und dabei anonym bleiben, dann aber die Vorwürfe nicht durch Belege sachgerecht geprüft werden. Patienten-Beschwerden und Anonymität sind zwar grundsätzlich legitim, die fehlende Überprüfung durch einen ausgewiesenen Experten ist allerdings ein gravierender Mangel."

Zudem beurteile man vor allem die Tatsache kritisch, dass Patienten regelrecht animiert werden, sich zu beschweren. Offensichtlich sei die Verbraucherzentrale der Ansicht, nur mit vielen Beschwerden maximalen Druck auf Politik und Zahnärzteschaft ausüben zu können - unabhängig davon, ob die Beschwerden in jedem Einzelfall tatsächlich angemessen seien oder nicht.

Dennoch "kein Grund zur Aufregung"

"Ansonsten sollte das neue Portal für die Vertragszahnärzteschaft aber kein Grund zur Aufregung sein, da dort grundsätzlich ja für Patienten wichtige Aspekte der zahnmedizinischen Versorgung abgebildet und zum Teil nützliche Hinweise gegeben werden", so Eßer, "erwähnt wird zum Beispiel das zahnärztliche Zweitmeinungsmodell, Kostenspannen bei der PZR unter der Quellenangabe "KZBV" sowie eine Verlinkung auf die Ergebnisse einer Umfrage der KZBV in Sachen PZR bei allen gesetzlichen Krankenkassen."

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KZBV, Dr. Jürgen Fedderwitz, ergänzt: "Bei all den durchaus begrüßenswerten Zielen des Projektes muss die Verbraucherzentrale aufpassen, dass dieses Modell nicht zur anonymen Hetzmaschine mutiert."

Rückendeckung vom Bundesministerium

Kostenfalle-Zahn.de möchte auch juristisch für den Patienten in Aktion treten: „Bei gravierenden Verstößen gehen wir mit Ihrem Einverständnis rechtlich gegen den Zahnarzt vor", heißt es auf dem Portal. Gefördert wird die Seite Kostenfalle-Zahn.de durch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz.

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