Corona-Pandemie

Virologen distanzieren sich von KBV-Positionspapier

silv/pm
Das Pandemie-Positionspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) stößt auf Kritik – zuletzt distanzierten sich die Mitglieder der Gesellschaft für Virologie in einem Schreiben von den Inhalten, unter ihnen auch Prof. Christian Drosten.

„Wir distanzieren uns von der Art und Weise, wie verschiedene Vorschläge zur Pandemieeindämmung vorgebracht werden und auch von einigen Inhalten“, teilen die Virologen  auf ihrer Website mit. „Dazu zählt die Darstellung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in ihrer Stellungnahme, einschließlich der dazugehörenden Pressekonferenz am 28. Oktober 2020.“ Darin werde der Anschein erweckt, dass es sich um die „gesammelte Meinung von Wissenschaft und Ärzteschaft" handele: „Dies gilt für die Mehrzahl der Virologinnen aus wissenschaftlicher als auch aus ärztlicher Sicht ganz sicher nicht.“

45 Virologen unterzeichnen das Protest-Schreiben

Die Unterzeichner, 45 Virologinnen und Virologen, darunter auch Prof. Christian Drosten von der Berliner Charité, distanzieren sich mit dem Schreiben öffentlich und vehement vom KBV-Positionspapier.

„Eine alleinige Eindämmung nur durch Kontaktpersonennachverfolgung war nie die Strategie der Pandemiebekämpfung. Sie war immer kombiniert mit weiteren Verhaltensmaßnahmen (darunter die Umsetzung der AHA+L+A-Regeln).“ Der besondere Schutz von Risikogruppen war und sei ein zentraler Punkt der Pandemiebekämpfung, man müsse aber berücksichtigen, „dass diese auch in der Mitte unserer Gesellschaft leben&quo

„Es ist zu bedenken, dass circa 30 Prozent der europäischen Bevölkerung mindestens einen bekannten Risikofaktor für einen schweren Infektionsverlauf hat. Damit wird klar, dass viele Risikopersonen nicht in Einrichtungen leben, sondern in der Mitte der Gesellschaft. Diese Personen besser zu schützen, wird unserer Ansicht nach nur über die Reduktion von Infektionen in der Gesamtbevölkerung gelingen.“

Einige Verbände distanzieren sich ebenfalls vom Positionspapier

Kurz nach der Präsentation des KBV-Positionspapiers distanzierten sich einige der von KBV-Chef Dr. Andreas Gassen genannten Unterstützer von dem Papier. Sie werfen Gassen vor, nicht gefragt geworden zu sein, ob sie auf der Unterstützerliste auftauchen möchten. Dazu gehört zum Beispiel der Präsident des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA), Prof. Dr. Götz Geldner. Er beklagt, dass der BDA mit seinen rund 20.000 Mitgliedern im Vorfeld keinerlei Kenntnis über dieses Papier hatte.

Auch beim Berufsverband Deutscher Humangenetiker e.V. (BVDH) ist man über die Vorgehensweise der KBV verstimmt, weil man ohne Zustimmung als „Erstunterzeichner“ genannt wurde. Beim Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SPiFa), der 32 Mitgliedsverbände mit 160.000 Fachärzten repräsentiert, hat man das auf der Verbands-Website veröffentlichte Positionspapier mittlerweile von der Seite genommen und verweist diesbezüglich nur noch auf die KBV-Website.

Die KBV wiederum hat die Liste der Unterstützer auf seiner Website überarbeitet, nun taucht zwar der SpiFa auf, die einzelnen Mitgliedsverbände jedoch nicht mehr. Auf der Liste der Unterstützer stehen über zwei Dutzend ärztliche Verbände und Vereinigungen.

Die Kernthesen des KBV-Positionspapiers

Die Kernthesen des KBV-Positionspapiers

Abkehr von der Eindämmung alleine durch Kontaktpersonennachverfolgung.

Einführung eines bundesweit einheitlichen Ampelsystems anhand dessen sowohl auf Bundes- als auch auf Kreisebene die aktuelle Lage auf einen Blick erkennbar wird.

Fokussierung der Ressourcen auf den spezifischen Schutz der Bevölkerungs-gruppen, die ein hohes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben.

Gebotskultur an erste Stelle in die Risikokommunikation setzen.

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