Heiler versus Unternehmer: So verhalten sich Praxischefs richtig

sg
Praxis
Welche Trends und volkswirtschaftliche Entwicklungen beeinflussen das Gesundheitssystem? Und was bedeutet das für Praxischefs? Fachreferenten beantworten diese Fragen - und geben zum Teil ungewöhnliche Tipps.

"Im Praxisalltag von Zahnärzten bekommt die Rolle des Unternehmers immer mehr Gewicht", sagte der Gesundheitsökonom und Präsident der Frankfurt School of Finance, Prof. Udo Steffens, auf einer Fortbildungsveranstaltung der apoBank in München am 5. Dezember. Dabei bezeichnete er die Fähigkeit, als Zahnarzt wirtschaftliche Entwicklungen erkennen zu können und sie in die Praxisausrichtung zu integrieren, als unerlässlich. Dies sei eine besondere Herausforderung für den Berufsstand, wenn es darum gehe, die Wirtschaftlichkeit in den Praxen weiter zu entwickeln.

Strategien sind wichtiger denn je

Neben ihrer heilenden Tätigkeit als freiberufliche Mediziner hätten sich Zahnärzte auch – und zukünftig in immer stärkerem Maße – als Praxisbetreiber, Unternehmer und Arbeitgeber die Frage zu stellen, wie sie für die Erhaltung oder Steigerung der Praxiserlöse sorgen wollten.

Als ein Beispiel nannte der Wirtschaftswissenschaftler den Trend einer erkennbaren (Über-)Alterung der Gesellschaft, in der auch Zahnärzte es mit immer mehr alten Patienten zu tun hätten. Praxisführer müssten sich deshalb die Frage stellen, wie sie sich darauf einstellen könnten. Denkbar wäre etwa, als unternehmerisch bewusste Entscheidung die Praxis schwerpunktmäßig auf die „Generation 55 Plus“ auszurichten und sich so am Markt zu positionieren.

Trends der digitalen Weltbeeinflussen den Praxisalltag

Praxisbetreiber müssten zudem entscheiden, wie sie mit der allgegenwärtigen digitalen Vernetzung umgehen. Soziale Netzwerke seien heutzutage nicht mehr wegzudenken und gehörten für Patienten ebenso zum Alltag wie Arztbewertungsportale, in denen sie ihre Behandler beurteilen können. Steffens appellierte daher an die Zahnärzte, sich diesem Fakt zu stellen. "Die Frage ist: Was machen Sie aus diesem Umstand?", fragte er das Publikum. "Beteiligen Sie sich pro-aktiv am Internetgeschehen oder wollen sie es ignorieren?"

Jede Praxis sollte ein Leitbild entwickeln, wie bestimmte Werte vertreten werden

Der Arzt und Unternehmensberater Dr. Cay von Fournier setzte sich auf der Veranstaltung in München dafür ein, Praxen über klare Werte zu definieren, bei denen der Mensch im Mittelpunkt stehe. Dies setze voraus, dass Zahnärzte als Praxisbetreiber ein Leitbild für sich und ihre Mitarbeiter entwickelten, um dem betrieblichen Handeln einen Rahmen und übergeordneten Sinn zu geben.

Dies sei auch ökonomisch sinnvoll, da es Mitarbeiter als motivierend empfänden, ihr Mitwirken am Erfolg der Praxis und den Wert ihrer Arbeit berücksichtigt zu sehen. "Wer Leistung fordert, muss Sinn geben", sagte Fournier. "Ethik und Ökonomie gehören zusammen."

Unkonventioneller Vorschlag zur Vertiefung der Arzt-Patienten-Bindung

Beim Patientenumgang stünde selbstredend das vertrauensvolle Verhältnis im Mittelpunkt. Überlegenswert sei, auch einmal über Aktivitäten nachzudenken, die die Arzt-Patienten-Bindung weiter intensivieren, sagte Fournier und verdeutlicht dies mit einem unkonventionellen Vorschlag: Man könne sich doch mal abends auf dem Heimweg bei Patienten, die tagsüber behandelt wurden, per Telefon nach dem persönlichen Wohlbefinden erkundigen. "Das kostet nur ein paar Minuten", so der Referent. "Der am anderen Ende der Leitung aber staunt Bauklötze."

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