Italienische Studie zum zahnärztlichen Berufsrisiko

Kein COVID-19-Fall bei Zahnärzten im Hotspot Lombardei

ck/silv
Praxis
Wissenschaftler haben das COVID-Risiko von Zahnärzten und ihrem Personal zu Pandemie-Beginn in der damals schwer betroffenen Lombardei in Norditalien untersucht.

Die italienische Studie belegt, dass das Berufsrisiko in der besonders betroffenen Region Norditalien während der ersten Welle bis Mitte März „null Prozent für Zahnärzte und Zahnarzthelferinnen betrug, während es bei 7,7 Prozent für Krankenschwestern lag" (95 Prozent Konfidenzintervall, 1,4 bis 33,3 Prozent).

Für die Studie „Berufliches COVID-19- Risiko für zahnärztliches Personal, das in einer öffentlichen Zahnarztpraxis im Epizentrum des Ausbruchs arbeitet“ wurden die Zahnarztbesuche je nach Aerosolproduktion in Untersuchungen (geringe bis keine Aerosolproduktion) und Behandlungen (mittlere bis hohe Aerosolproduktion) unterteilt.

Hintergrund: die Lage im Gesundheitswesen

Zum Hintergrund: Am 20. Februar wurden in der Lombardei die ersten Personen mit COVID-19 identifiziert. Seitdem wurde eine Reihe von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit durchgeführt, die darauf abzielten, die Ausbreitung der Infektion einzudämmen und das Gesundheitssystem umzugestalten, um den größten Teil der Ressourcen für die Behandlung von COVID-19-Patienten bereitzustellen.

Am 16. März wurden die Beschäftigten im Gesundheitswesen aufgefordert, ihren Einsatz auf Notfälle zu beschränken."http://www.salute.gov.it/imgs/C_17_pubbl icazi oni_2917_alle ato.pdf" - external-link-new-windowwurden jedoch erst am 30. Mai veröffentlicht - Maßnahmen, die  auf persönlichen Meinungen von Experten beruhten und nicht validiert wurden. Davor gab es keine Anleitung für zahnärztliche Einrichtungen in Italien, obwohl die Zahnarztpraxen geöffnet blieben.

Das größte Problem waren wenige und widerprüchliche Infos

"So kam es zu der paradoxen Situation, dass die Zahnärzte und Zahnärztinnen als

Angestellte im Gesundheitswesen im nicht-stationären Sektor gebeten wurden, weiter zu praktizieren, obwohl sie keine Anleitung und zusätzliche Ressourcen für die Infektionskontrolle hatten", berichten die Forscher. Daher seien die Leiter der Zahnarztpraxen im öffentlichen Gesundheitswesen quasi gezwungen gewesen, ihre eigenen Richtlinien zu entwerfen - eine Aufgabe, die durch die spärlichen und oft widersprüchlichen Informationen erschwert wurde. Dabei bestanden die größten Probleme darin, Kriterien für bestätigte COVID-19-Fälle, Übertragungsmuster und Todesursache infolge des Virus zu definieren.

Untersucht wurde der Raum Mailand

Protokolliert wurde die zahnärztliche Versorgung in der Territorialen Gesundheits- und Sozialbehörde (ASST) „Melegnano und Martesana“. Die Behörde stemmt im Südosten von Mailand und in 53 Städten der gleichnamigen Provinz die Gesundheitsversorgung für rund 650.000 Menschen. Der ASST erbringt Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen in Krankenhäusern, Ambulatorien und Bezirken. Für die zahnärztliche Abteilung des ASST arbeiten elf Zahnärzte, drei Zahnarzthelferinnen und 13 Krankenschwestern.

Insgesamt 256 Zahnbehandlungen fanden statt

Die Untersuchungen umfassten zahnärztliche Kontrollen, postoperative Medikamentenvergabe und Anpassungen kieferorthopädischer Apparaturen. Zahnextraktionen, konservative und endodontische Behandlungen sowie professionelle Mundhygiene wurden als Behandlungen klassifiziert. Die durchschnittliche Zeit für Untersuchungen und Behandlungen betrug 20 beziehungsweise 30 Minuten. An jedem Zahnarztbesuch waren zwei zahnärztliche Leistungserbringer beteiligt. Innerhalb der 50 Arbeitstage wurden 256 Zahnbehandlungen durchgeführt.

Keiner der Mitarbeiter, die ausschließlich für die zahnmedizinische Versorgung zuständig waren, entwickelte COVID-19-Symptome, wohingegen dies bei einer Krankenschwester nach dem 16. März der Fall war. Die Krankenschwestern waren überwiegend im nicht-zahnärztlichen Einsatz tätig. Die Wahrscheinlichkeit, asymptomatische Patienten aufzusuchen, stieg von 1,2 Prozent in der ersten Periode (20. Februar bis 15. März 2020) und auf 11,1 Prozent in der zweiten Periode (16. März bis 30. April).

Das Risiko für Krankenschwestern war höher

Zahnärzte und Zahnarzthelferinnen erkrankten nicht an COVID-19. Eine Krankenschwester hatte das Virus, wobei ihr Berufsrisiko unklar war, da sie überwiegend in der nicht-zahnärztlichen Gesundheitsfürsorge arbeitete. Die Wahrscheinlichkeiten für die Entwicklung von COVID-19 pro Arbeitsstunde und Person unter Ausschluss und Einbeziehung dieser unsicheren Situation betrugen 0,0 Prozent (95 CI, 0,0 bis 3,2 Prozent) und 0,9 Prozent (95 CI, 0,1 bis 4,7 Prozent).

Michele Nardone et al., „Occupational COVID‐19 risk to dental staff working in a public dental unit in the outbreak epicenter“, published 3 September 2020 in Oral Diseases, doi.org/10.1111/odi.13632

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