Gesetz zur Selbstverwaltung

Stark durch Fesseln?

„Unsinn“, „Staatsmedizin“, „Ende der Selbstverwaltung“ – die Bestandsaufnahmen von Zahnärzteschaft und Ärzteschaft fallen deutlich und herb aus. Doch das Selbstverwaltungsstärkungsgesetz, das Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) auf den Weg bringen will, hat es in sich. Es geht um nichts weniger als die Fundamente der Selbstverwaltung.

Von Anfang an hieß es offiziell Gesetz „zur Stärkung“ der Selbstverwaltung. Angeregt durch die vielen Unregelmäßigkeiten und justiziablen Vorgänge des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), sah sich der Minister veranlasst, neue Regelungen zu schaffen. Und während Hermann Gröhe sein jüngstes Gesetzesvorhaben ernsthaft so nennt wie er es nennt, sehen dies die entsprechenden Akteure der Selbstverwaltung gänzlich anders: Nicht nur Ärzte und Zahnärzte sind erzürnt, auch die Kassen finden wenig Gefallen an dem jüngst verschickten Referentenentwurf zum Gesetz. Dessen Plan: Das Gesetz soll dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) als Dienstaufsicht mehr Kontrolle und „mehr Transparenz“ verschaffen, heißt es im Entwurf. Die Kontrollmechanismen erscheinen dem Ministerium „uneinheitlich und vor dem Hintergrund neuerer Entwicklungen nicht mehr ausreichend“.

Nein zur Entmündigung!

Dafür sieht das Ministerium eine Fülle von strittigen Maßnahmen vor. Kritiker sehen die Gefahr, dass durch das Gesetz die Grundsatzfrage gestellt wird inwieweit die betroffenen Organisationen wie bisher ihre Aufgaben wahrnehmen und noch als Selbstverwaltungskörperschaften angesehen werden können. Die tiefgestaffelten Eingriffsbefugnisse des Ministeriums in die Angelegenheiten der (hier: zahnärztlichen) Verwaltungsorgane sei bestimmt, die Handlungsfähigkeit der Selbstverwaltungskörperschaften nahezu nach Belieben einzuschränken respektive aufzuheben, monieren sie. Ferner würde durch eine Reihe von Regelungen das Verhältnis zwischen Vorstand und Vertreterversammlung tiefgreifend belastet.

Vor allem die, vom Ministerium geplanten massiven Änderungen im SBG V sind es, die in der Kritik stehen und den Geist der Fachaufsicht über die Selbstverwaltungsorgane heraufbeschwören. Der Referentenentwurf sieht unter anderem folgende Regelungen vor:

• Die Aufsichtsbehörde kann bei unbestimmten Rechtsbegriffen verbindliche Inhaltsbestimmungen treffen, an die sich die KZBV zu halten hat. Eine Klage hiergegen ist unzulässig.

• Für die Vollstreckung von Aufsichtsverfügungen soll ein Zwangsgeld in Höhe bis zu 10.000.000 Euro zugunsten des Gesundheitsfonds festgesetzt werden können.

• Entsprechend einer bereits jetzt geltenden Bestimmung für die Krankassen in § 195 soll die Aufsichtsbehörde die Satzung der KZBV selbst regeln können, wenn die KZBV Anordnungen hierzu innerhalb einer gesetzten Frist nicht nachkommt.

• Ebenso soll die Aufsichtsbehörde einen VV-Beschluss ersetzen können, wenn dieser zur Umsetzung gesetzlicher Vorschriften oder aufsichtsrechtlichen Verfügungen erforderlich ist und dieser nicht innerhalb einer gesetzten Frist erfolgt.

• Die Aufsichtsbehörde kann auch einen VV-Beschluss aufheben, wenn dies die Vertreterversammlung auf Anordnung innerhalb einer gesetzten Frist nicht selbst tut. Aufgrund des Beschlusses getroffene Maßnahmen sind rückgängig zu machen.

• Neben der unverändert möglichen Einsetzung eines Beauftragten (Kommissars) kann die Aufsichtsbehörde einen „Entsandten für besondere Angelegenheiten“ bestellen, der im Innenverhältnis teilweise Befugnisse der Organe übernimmt bzw. Aufsichtsverfügungen umsetzt bzw. überwacht, Schadenersatzansprüche gegen augenblickliche oder ehemalige Organmitglieder prüft oder den Vorstand „unterstützt und überwacht“, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass eine ordnungsgemäße Verwaltung gefährdet ist. Die Vergütung des Entsandten wird von der Aufsichtsbehörde festgesetzt und ist von der KZBV zu tragen.

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• Geheime Abstimmungen in VVs sind nur noch in besonderen Fällen zulässig. Hat das Abstimmungsverhalten haftungsrechtliche Bedeutung, ist namentlich abzustimmen.

• Für die Wahl des Vorstandsvorsitzenden ist eine Mehrheit von zwei Drittel der Mitglieder der Vertreterversammlung erforderlich.

• Der Vorstand hat interne Kontrollsysteme und eine unabhängige interne Revision einzurichten, die an ihn und bei festgestellten Verstößen auch an die Aufsichtsbehörde berichtet.

• Ein Beauftragter (Kommissar) kann bereits dann bestellt werden, wenn durch das Handeln des Vorstandes die ordnungsgemäße Verwaltung nicht mehr gewährleistet ist und andere Aufsichtsmittel nicht ausreichen.

• Die Vergütung für den Beauftragten setzt die Aufsichtsbehörde fest. Werden Befugnisse des Vorstandes ersetzt, ist die entsprechende Vergütung des Vorstandes in angemessenem Umfang zu kürzen.

• Die Vertreterversammlung kann VV-Vorsitzende mit einfacher Mehrheit der Mitglieder abberufen, wenn Tatsachen deren Vertrauen zu der Amtsführung ausschließen.

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