In Deutschland werden pro Jahr in der Zahnmedizin circa 57 Millionen Röntgenaufnahmen angefertigt, in den übrigen Disziplinen der Medizin sind es etwa 83 Millionen [Nekolla et al., 2017]. Damit hat die zahnärztliche Teilradiologie einen Anteil von fast 41 Prozent an allen medizinischen Röntgenaufnahmen.
Im Jahr 2016 waren 68 Prozent der über die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen) abgerechneten Röntgenleistungen intraorale Aufnahmen, 29 Prozent entfielen auf Panoramaaufnahmen (OPG) und 3 Prozent auf andere [KZBV, Jahrbuch 2017]. Zwar gibt es über die Aufteilung in analoge filmbasierte und digitale Aufnahmen keine präzisen Daten, aber man kann aktuell davon ausgehen, dass etwa die Hälfte der Röntgengeräte mit digitalen Bildempfängern betrieben werden – bei steigender Tendenz.
Vergleich analoger und digitaler Workflow
Dass sich die Rahmenbedingen beim zahnärztlichen Röntgen gerade grundlegend wandeln, erkennt man bei einem Vergleich der analogen mit den digitalen Röntgenverfahren. Beim filmbasierten Röntgen sind die Arbeitsabläufe mit wenigen Schritten umschrieben:
- röntgen
- Film entwickeln
- Film am Lichtkasten befunden
- Dokumentation in der Krankenakte
Beim digitalen Röntgen sind die Abläufe wesentlich umfangreicher:
- Benutzer anmelden
- Patientendaten eingeben
- Auftrag schreiben
- röntgen
- gegebenenfalls Speicherfolie scannen
- Bild bearbeiten
- Bild befunden
- speichern, sichern, dokumentieren
- Benutzer abmelden
Bei dieser Gegenüberstellung drängt sich die Frage auf, welche Vorteile die digitale Technik hat beziehungsweise warum sich ein Umsteigen lohnt. Folgende Punkte sprechen für digitales Röntgen:
- schnelle Bilderzeugung
- keine Geräte und Verbrauchsmaterialien für die Filmentwicklung
- keine Konstanzprüfung der Filmverarbeitung
- keine Chemikalien (Entsorgung)
- wenig Verbrauchsmaterialien
- Möglichkeit der Bildbearbeitung
- reduzierte Strahlenexposition
- einfache Archivierung
- Einbindung in die digitale Krankenakte
- einfacher Datentransport
- dreidimensionale Bildgebung
Der Wechsel von Analog auf Digital ergibt sich zwangsläufig, wenn man die Digitale Volumentomografie (DVT) nutzen möchte. Oder wenn man sich ein neues OPG-Gerät kaufen muss: Die Industrie bietet praktisch nur noch digitale Ausführungen an. Wer plant, papiergestützte Krankenakten abzuschaffen, für den bietet es sich an, auch das Röntgen zu digitalisieren, damit alle Patientenunterlagen in einem System verwaltet werden können.
Bei einer Praxisneugründung wird man ebenfalls zukunftsorientiert digital einsteigen, hingegen sollte bei einer geplanten Praxisabgabe oder nach einer Übernahme kritisch geprüft werden, ob die Einführung des digitalen Röntgens zum aktuellen Zeitpunkt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist.
Anwendungs- und Einsatzgebiete
Wie aus der Gegenüberstellung von analogem und digitalem Röntgen deutlich wird, verändert die neue Technik die Arbeitsabläufe in der Praxis und stellt neue Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter. Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten des Digitalen muss überlegt werden, in welcher Weise das digitale Röntgen sinnvoll und effizient eingebunden wird. Folgende Aspekte sind hier relevant:
- Anfertigung der Röntgenaufnahmen durch Assistenzpersonal (Bedienung, Qualifikation)
- schnelle Generierung qualitativ hochwertiger Aufnahmen
- Befundung am Behandlungsstuhl (ausgenommen DVT-Aufnahmen)
- Unterstützung durch das Röntgenprogramm bei der Auswertung
- verordnungskonforme Dokumentation der Röntgenuntersuchung
- einfacher Austausch von Röntgenaufnahmen mit Kollegen
- Unterstützung durch das Röntgenprogramm bei der Konstanzprüfung
- Unterstützung bei der Zusammenstellung der Unterlagen für die zahnärztliche Röntgenstelle
- Anwendungssichere Soft- und Hardware
Nicht zu vergessen ist die Unterstützung bei der Positionierung intraoraler Detektoren und bei der Tubusausrichtung sowie bei der Patientenpositionierung bei extraoralen Verfahren.
Betrachtet man einen routinemäßigen digitalen Röntgenvorgang einmal systematisch, dann ergeben sich folgende Arbeitsschritte:
- Patientendaten aufrufen
- Auftragsart auswählen
- Röntgengerät ansteuern (beim intraoralen Röntgen Sensor aktivieren)
- Patient positionieren (beim intraoralen Röntgen zusätzlich Sensor platzieren)
- Aufnahme auslösen
- Expositionsdaten registrieren
- Aufnahme visualisieren
- Aufnahme gegebenenfalls nachbearbeiten
- Aufnahme befunden
- Aufnahme speichern
Organisation in der Praxis
Stand-alone-Lösung
Bei einer sicher nicht selten vorkommenden Praxissituation mit einem Röntgenraum, in dem ein Tubusgerät und ein Panoramagerät desselben Herstellers installiert sind, kann man den Röntgenbetrieb als „Stand-alone-Lösung“ durchführen. Die Patientendaten werden dann einmalig in das Röntgenprogramm eingegeben und können bei weiteren Aufnahmen per Patientenauswahl aufgerufen werden. Ergonomisch optimieren kann man den Vorgang, wenn die Patientendaten aus dem Abrechnungsprogramm übernommen werden, was Praxis- und Röntgensoftware meist komplikationslos erlauben.
Der Autor hat allerdings selbst schon bei dieser banalen Schnittstelle Fehlersituationen erlebt, die zur „Weigerung“ des Röntgenprogramms geführt haben, den neuen Patienten anzulegen. Der Fehler lag zwar streng genommen beim Benutzer, aber die Programme gaben keinen Hinweis auf eine unlogische Eingabe, so dass man weder gewarnt wurde noch Hinweise zur Fehlerbehebung bekommen hätte.
Nutzung mehrerer Geräte
Will man Modalitäten – also Medizingeräte, die der Bildgebung dienen – unterschiedlicher Hersteller nebeneinander verwenden, um sich für unterschiedliche Röntgenverfahren jeweils optimale Hardwarebedingungen zu schaffen, und sollen die Röntgenaufnahmen an unterschiedlichen Stellen in der Praxis betrachtet und befundet werden, wird die Sache komplizierter. Man hat dann in der Regel verschiedene Röntgensoftware, was bedeutet, dass die Aufnahmen in dem jeweiligen Programm archiviert und damit nicht gemeinsam betrachtet werden können.
Hinzu kommt unterschiedliche Software, mit der die Röntgenbilder am Monitor dargestellt und nachbearbeitet werden – ein Umstand, der die Komplexität insgesamt erhöht, effiziente Bedienungsautomatismen hemmt und zusätzliches Fehlerpotenzial generiert. Die Lösung besteht in einem Picture Archiving and Communication System (PACS), mit dem Bilddaten unterschiedlichster Modalitäten gemeinsam verwaltet, betrachtet und befundet werden können. Die Anschaffung ist allerdings leider eine zusätzliche und zudem teure Investition. Inzwischen hat die Industrie diese Problematik erkannt und beginnt, auch die Einbindung von Geräten anderer Hersteller zu ermöglichen.
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