Die zm-Kolumne rund um die relevanten Praxisfragen: QM im Jahr 2019

Langweilig, aufwendig und nutzlos?

Christian Henrici
„QM gleich Bürokratie“ – mit diesem Vorurteil starten viele Praxen, wenn sie sich mit der Einführung von Qualitätsmanagement (QM) beschäftigen.

Fangen wir mit den Argumenten für ein sinnvolles QM an:

  • Standardisierung,

  • schnelle Einarbeitung,

  • kein Nachdenken mehr bei ungewöhnlichen Dingen,

  • Ersetzbarkeit,

  • Datenschutz.

Für wen sind all die aufgeführten Dinge hilfreich und unterstützend? An erster Stelle für die Mitarbeiter! Wenn jeder weiß (und es im Zweifel auch nachlesen kann), was wo und wann zu tun ist, erleichtert das die Arbeit erheblich. Dann verlieren auch kurzfristige Krankmeldungen ihren Schrecken, weil die Kollegen die Aufgabe übernehmen können. Auch die Angst vor neuen Aufgaben sinkt, da alles sauber nachvollziehbar dokumentiert worden ist. Mit anderen Worten: Mit einem QM-System investiert man ins bestehende Personal und somit in den nachhaltigen Praxiswert!

Besonders in Zeiten das Fachkräftemangels sollte man den Wert der Mitarbeiter, die man hat, keinesfalls unterschätzen. Strukturierte und klar gestaltete Arbeitsabläufe, die auch nachvollziehbar sind, sind eine wesentliche Voraussetzung für Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Durch klar definierte Führungsstrukturen, Verantwortlichkeiten und Prozessbeschreibungen vereinfachen    sich die interne Abstimmung und die Kommunikation. Jeder kennt seine Prozessschritte und Verantwortlichkeiten und wird durch deren Übertragung gleichermaßen motiviert – Mitarbeiterzufriedenheit als wichtiger Aspekt dafür, um gutes Personal in der Praxis zu halten.

Auch bei Krankmeldungen muss die Praxis laufen

Durch die Beteiligung am Design des Qualitätsmanagements und die aktive Mitwirkung am kontinuierlichen Verbesserungsprozess werden Mitarbeiter gefördert und sorgen im selben Zug für eine Arbeitsplatzsicherung durch die Einhaltung der Qualitätsrichtlinien. Schafft man eine klare Übersicht der internen Abläufe und verbunden mit einer transparenten Arbeitsweise, so ist das sehr direkt auch mit Vorteilen bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter verbunden. Die Festlegung der Zuständigkeiten und Schnittstellen fördert die Zusammenarbeit innerhalb jedes – kleinen oder großen – Praxisteams.

Über das Thema Personal hinaus ist Qualitätsmanagement aktueller denn je. Welche Bedeutung Qualität heute hat, zeigen die Sternebewertungen auf Amazon, Google und Facebook. Unternehmen mit mangelnder Produktqualität verschwinden schnell vom Markt. Zu viele Reklamationen und negative Kundenrezensionen führen auf Dauer zum Verlust des Kundenvertrauens.

Am Qualitätssiegel ISO 9001 erkennen Patienten, dass in ihrer Praxis „Qualität“ einen hohen Stellenwert einnimmt. Nach dem Gesetz besteht allerdings keine Pflicht zu einer Zertifizierung. Der Zahnarzt hat lediglich ein QM-System einzuführen und weiterzuentwickeln. Das lohnt sich offensichtlich zumindest bei Arztpraxen:Nach einer Umfrage der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern unter 39 zertifizierten Arztpraxen waren bei

  • über 83 Prozent der Praxen Zeiteinsparungen,

  • bei 88 Prozent eine verbesserte Kommunikation sowie

  • bei über 70 Prozent eine Verbesserung des Praxisklimas und der Mitarbeitermotivation zu verzeichnen.

Weitere nicht zu vernachlässigende Aspekte sind zum einen die Kostensenkung durch Fehlervermeidung und kontinuierliche Verbesserungen (KVP) mit sich wiederholenden Kontrollen, zum anderen die Erhöhung der Patientenzufriedenheit durch Fehlervermeidung oder Fehlererkennung durch QM-Kontrolle. Zugegeben, hier bediene ich mich schon etwas an Prospektargumenten, denn wir alle wissen ja was für die Patientenzufriedenheit besonders elementar ist …

Bei Unzufriedenheit stimmt der Datenschutz nicht

Nun ist es nicht so, dass erst ein QM-System eine langfristige und vertrauensvolle Praxis-Patienten-Beziehung entstehen lässt. Allerdings haben sich die Zeiten erheblich verändert. Patienten sind erheblich kritischer geworden (Zweitmeinungsproblematik!) und bevor neue Patienten eine Praxis betreten, haben sich fast alle – im Übrigen auch die, die aufgrund von Mundpropaganda kommen – im Internet vorab darüber informiert, was sie erwartet.

Die Transparenz der Ergebnisse aus dem Qualitätsmanagementsystem schafft hier Vertrauen und wirkt nach innen wie nach außen. Es stellt Qualität, Sicherheit und die Kontinuität der Abläufe in der Praxis sicher und sorgt damit dafür, dass der Praxisbetrieb effizienter wird und nicht durch unvorhergesehene Ereignisse aus dem Gleichgewicht gerät. Dies kann in der heutigen Zeit hinsichtlich des Themas Datenschutz zum Beispiel sehr schnell geschehen.

Nach meinen Erfahrungen geht die größte Gefahr eines Datenschutz-Problems von (unzufriedenen) Patienten aus. Fühlt ein Patient sich ungerecht oder nicht richtig behandelt, wählt er nicht selten den Weg zur zuständigen Landesdatenschutzbehörde, um dort seine für Außenstehende vielleicht banal erscheinenden Beobachtungen im Praxisalltag zur Anzeige zu bringen. Laut aktuell gültigem Recht hat die Datenschutzbehörde die Aufgabe, jeder Anzeige uneingeschränkt nachzugehen, was bedeutet, dass sich die Praxis, anders als vor Aktualisierung des Bundesdatenschutz-Gesetzes (BDSG neu), in so einem Fall zwingend mit der Behörde auseinandersetzen und ihre Unschuld beweisen muss, auch wenn der Patient der Behörde keine direkten Beweise außer seiner persönlichen Aussage vorlegen kann.

Auslöser für solch eine extrem unangenehme Situation können schon sein, dass Patienten herumliegende Patientenakten oder -unterlagen einsehen konnten, nicht für ihre Ohren bestimmte Gespräche mithörten, Einsicht in nicht gesperrte Computer haben konnten etc. Tritt die Behörde wegen eines solchen oder ähnlich gelagerten Falles mit der Praxis in Kontakt, ist die Praxis in der Beweispflicht.

Einen Nachweis über die konsequente Einhaltung der Datenschutzvorschriften erbringt man am Einfachsten in Form der jeweils geforderten Dokumente, zu denen beispielsweise auch Arbeitsanweisungen gehören. Dabei interessiert niemanden, ob die Praxis drei oder 30 Mitarbeiter angestellt hat, denn die Pflicht zur Nachweisbarkeit der Umsetzung und Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung sowie des BDSG (neu) besteht ausnahmslos für jede Praxis.

Fazit

Starten Sie mit einem QM und sehen Sie auf die Vorteile – statt auf den Sammelordner im Regal. Lassen Sie sich mit der Bearbeitung Zeit und nutzen Sie das Wissen Ihrer Mitarbeiter, denn wer sich mit den Themen der Zukunft auseinandersetzt – zu denen QM zweifelsohne gehört – und seinen Mitarbeitern sowie seinen Patienten eine langfristige Perspektive der Zusammenarbeit und der Bindung bietet, der wird eine höhere Zufriedenheit und im Ergebnis daraus auch höhere Einnahmen erzielen.

In diesem Sinne…
Ihr Christian Henrici

Henrici@opti-hc.de, www.opti-hc.de

Christian Henrici

Dipl. Kfm. Christian Henrici ist seit 2006 Gründer und Geschäftsführer der OPTI health consulting GmbH, die nach eigenen Angaben seit 2006 rund 3.000 Zahnarztpraxen in Deutschland beraten hat. Henrici ist Lehrbeauftragter und Referent für Controlling, Personal und Businessplanung. Als Autor erschien von ihm im Quintessenz-Verlag das Buch „Wer braucht schon gutes Personal? – Erfolgreich führen in der Zahnarztpraxis“. Christian Henrici schreibt Fachbeiträge zu den Themen Betriebswirtschaft, Organisation und Führung & Personal in der Zahnarztpraxis und seine regelmäßige Kolumne in den zm.

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