Die zm-Kolumne rund um die relevanten Praxisfragen: Probleme des Praxisverkaufs – Teil 1

Lassen Sie Ihre Praxis nicht vergümmeln!

Die Praxisabgabe ist in den vergangenen Jahren für die meisten Praxisinhaber zu einer enorm großen Hürde vor dem wohlverdienten Ruhestand geworden, gestaltet sich der Verkauf doch zumeist schwierig und (zeit-)aufwendig. Längst bedeutet der Verkauf der eigenen Praxis nicht mehr einen „gesicherten Ruhestand“! Dies umso mehr, wenn es sich um eine „Gümmelpraxis“ handelt.

Was es mit dieser Bezeichnung auf sich hat, möchte ich gerne erläutern. Dieser eigenartig klingende Begriff, den ich nicht erfunden habe und der keinesfalls despektierlich gemeint ist, stammt aus Gesprächen mit jungen Zahnmedizinern, die sich für die Niederlassung interessieren und auf der Suche nach einer geeigneten Praxis sind. Der Begriff „Gümmelpraxis“ steht für eine Alterspraxis mit hohem Investitionsstau, einem gealterten Patientenstamm und unterdurchschnittlichen betriebswirtschaftlichen Zahlen. Von dieser Art Praxen befinden sich mehr auf dem Markt, als man glauben mag. Sie sind häufig das Resultat falscher Weichenstellungen lange vor der Praxisabgabe – die ich nachfolgend kurz darstellen möchte.

Würden Sie als Gründer Ihre eigene Praxis kaufen?

Ein Blick in die aktuellen Praxisbörsen lässt erahnen, dass oft eben nicht die Zahnarztpraxen angeboten werden, die junge Zahnmediziner präferieren. Mich wundert es keineswegs, wenn abgebende Zahnärzte irritiert sind, dass sie keinen potenziellen Nachfolger für ihre Praxis finden. Denn: Wie häufig wurden am Ende des beruflichen Werdegangs die erforderlichen Modernisierungsmaßnahmen nicht mehr durchgeführt, der Patientenstamm nicht aktiv bearbeitet, mit der Konsequenz der Überalterung sowie die betriebswirtschaftliche Sicht auf die Praxis vernachlässigt?

An dieser Stelle sollte man einen Perspektivwechsel vornehmen und sich fragen: Wie sollte eine Praxis aussehen, wenn man selber kurz davorstünde, sich niederlassen zu wollen? Wenn man dann noch in Betracht zieht, dass im Gegensatz zur eigenen Niederlassungszeit vor 30 und mehr Jahren heutzutage ein Überangebot an Zahnarztpraxen auf dem Markt verfügbar ist – also genau andersherum als zur eigenen Gründungszeit, dann würden die heutigen Praxisabgeber genauso selektieren, wie es die jungen Zahnmediziner/-innen heute tun. Zum Verständnis ist es sinnvoll, sich die Unternehmung „Zahnarztpraxis“ anhand eines Lebenszyklus vorzustellen (Abbildung 1): Nach der Gründungs- und der Aufbau-/ Wachstumsphase kommt die Konsolidierungsphase, quasi die „Festigungsphase“. Hier erreicht die Praxisentwicklung ihren Höhepunkt, die Umsätze festigen sich, auch das Patientenaufkommen pendelt sich ein. In diese Phase fallen auch Veränderungen aus der Aufbau- und Wachstumsphase, die nun wirksam werden, beispielsweise die Einstellung eines Assistenzzahnarztes oder auch Spezialisierungen auf bestimmte Behandlungsmethoden. An dieser Stelle soll es jedoch um die Konsolidierungsphase und alles, was danach kommt, gehen.

Im Durchschnitt ist ein Praxisinhaber am Ende der Konsolidierungsphase zwischen 50 und 60 Jahren alt und die Praxis auf dem Höhepunkt. Und genau dann sollte man damit beginnen, sich mit der Praxisabgabe gezielt zu beschäftigen! Denn nur durch eine frühzeitige Planung stehen die Chancen gut, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Im Prinzip geht es darum, eine Praxis „warm“ zu übergeben. Dazu gehört, einen geeigneten Nachfolger aufzubauen und Personal und Patienten einzugewöhnen.

Wird der rechtzeitige Zeitpunkt des „Kümmerns“ verpasst, folgt die „Degenerationsphase“: In dieser Phase setzt der Wertverlust der Praxis ein. Die Umsätze beginnen leicht zu sinken, dagegen steigt das Durchschnittsalter des Patientenstamms und die Investitionen in den Werterhalt der Praxis werden geringer. 

Ziel ist eine Übergabe „mit warmer Hand“

Im Verlauf der vergangenen Jahre konnte man beobachten, dass die Anzahl der Zahnarztpraxen, die ohne Nachfolger geschlossen werden müssen, stetig steigt. Dies liegt einerseits daran, dass der Zahnarztpraxismarkt sich zu einem Käufermarkt entwickelt hat: Es gibt mehr Angebot als Nachfrage! Zurückzuführen ist dies unter anderem auf den demografischen Wandel, gleichzeitig aber auch auf die veränderten Präferenzen der jungen Zahnmediziner (Abbildung 2).

Laut aktuellem Jahrbuch der Bundeszahnärztekammer, erreichen in den nächsten 15 Jahren genau 53 Prozent der behandelnd tätigen Zahnärzte das Rentenalter, was der Anzahl von mehr als 38.000 Zahnärzten/-innen entspricht. Bei einer Niederlassungsquote von derzeit 70 Prozent bedeutet dies, dass in den nächsten Jahren mehr als 27.000 niedergelassene Zahnärzte – davon 80 Prozent Einzelpraxen – ihre Praxis an eine Generation abgeben wollen, für die Selbstständigkeit keine Selbstverständlichkeit ist. Genau deshalb ist die rechtzeitige Planung das A & O!

Momentan wird der Zahnarztpraxismarkt von den „Gümmelpraxen“ geprägt, denn von den jährlich 1.500 bis 2.000 neu auf den Markt kommenden Zahnarztpraxen sind nur wenige für die junge Generation attraktiv. Daher zahlt sich rechtzeitige Planung aus!

In diesem Sinne…
Ihr Christian Henrici

Henrici@opti-hc.de, www.opti-hc.de

In meiner nächsten Kolumne werde ich auf Fehler bei der Praxisübergabe sowie auf die Präferenzen junger Zahnmediziner eingehen.

Christian Henrici

Dipl. Kfm. Christian Henrici ist seit 2006 Gründer und Geschäftsführer der OPTI health consulting GmbH, die nach eigenen Angaben seit 2006 rund 3.000 Zahnarztpraxen in Deutschland beraten hat. Henrici ist Lehrbeauftragter und Referent für Controlling, Personal und Businessplanung. Als Autor erschien von ihm im Quintessenz-Verlag das Buch „Wer braucht schon gutes Personal? – Erfolgreich führen in der Zahnarztpraxis“. Christian Henrici schreibt Fachbeiträge zu den Themen Betriebswirtschaft, Organisation und Führung & Personal in der Zahnarztpraxis und seine regelmäßige Kolumne in den zm.

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