Zukunftskongress

„Die Gemeinschaftspraxis ist wie eine Ehe!”

Das war nicht die einzige Take-Home-Message für die rund 300 Zahnärzte, die dem Zukunftskongress als Teil des Deutschen Zahnärztetages am 6. November zugeschaltet waren.

Ist die eigene Praxis noch ein Zukunftsmodell? Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), ermutigte die jungen Zahnärzte, ihre eigene individuelle Entscheidung zu treffen. Beides, sowohl die Selbstständigkeit als auch das Angestelltenverhältnis, habe Vor- und Nachteile. Benz versuchte dabei, das aktuelle Narrativ geradezurücken, das Highender, also Spezialisten in Hightech-Praxen, den Familien-Generalisten gegenüberstellt. Die Struktur der Praxen sei im Wandel, ja. Aber dass die Stadt dem Land vorgezogen wird, der Trend zu großen Praxen geht und somit die kleinen langsam aussterben – das stimme so nicht ganz. Klar sei aber, dass immer mehr Frauen in den Beruf kommen, viele aufgrund der Familienplanung Teilzeit fordern oder sich Nine-to-five-Arbeitzeiten für die Work-Life-Balance wünschen.

Im Studium zu wenig über Praxisführung gelernt

„Im Studium haben wir viel über Zähne gelernt, aber wenig über Praxisführung“, resümierte Dr. Kathleen Menzel in ihrem Vortrag „Fehler bei der Praxisgründung und wie man sie vermeidet“. Die Entscheidung für eine Gründung hänge natürlich vor allem von der Persönlichkeit ab, vom richtigen Zeitpunkt, vom Ort und auch von der Familienplanung. Dann folge auch aber schon die Frage: Gründe ich alleine, mit einem Partner oder sogar mit mehreren. Während man in der Einzelpraxis zum Einzelkämpfer mutieren könne, rede einem aber eben auch keiner rein. In der Gemeinschaftspraxis trage man nicht die alleinige Verantwortung, müsse sich aber bewusst sein, dass man oft Kompromisse eingehen muss. „Die Gemeinschaftspraxis ist wie eine Ehe“, fügte die Zahnärztin schmunzelnd hinzu.

Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin war das Thema von Zahnärztin Linnea Borglin. Die Schwedin, die in Deutschland lebt, schrieb bereits ihre Masterarbeit darüber. Der Gesundheitssektor in Deutschland verursacht bekanntlich rund fünf Prozent der gesamten Emissionen. Sie schärfte das Bewusstsein für das hohe Ressourcenaufkommen an Wasser, Strom und Verbrauchsmaterialien in den Praxen. Zum einen könnten die (täglichen) Verbrauchsmaterialien zum Teil aus nachhaltigeren Materialien hergestellt werden. Zum anderen müsse man an die Emissionen denken, die direkt oder indirekt in der Praxis und im Arbeitsalltag entstehen und sich beispielsweise aus Lieferketten ergeben. So mache etwa die Anfahrt der Patienten in die Praxis einen großen Teil des ökologischen Fußabdrucks aus.

Die Ergebnisse einer Umfrage der AS Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung zur Zufriedenheit angestellter Zahnärztinnen und Zahnärzte stellte im Anschluss Julie Fotiadis-Wentker vor. Die Neuköllner Zahnärztin ist 2. Vorsitzende des Verbands der Zahnärztinnen und Zahnärzte von Berlin. An der Studie nahmen über 1.100 Zahnärzte und Zahnärztinnen teil, die größtenteils in Einzel- oder Mehrbehandlerpraxen angestellt sind. 

Wie zufrieden sind angestellte Zahnärzte?

Sie schilderten sowohl positive Erfahrungen – „kollegialer Austausch mit mehreren Zahnärzten und flexible Arbeitszeiten wegen längerer Öffnungszeiten“ und „Freiheit in Planung und Umsetzung der Therapie“ – wie auch negative – „viel Bürokratie und Abrechnung, wenig Transparenz bezüglich meiner Zahlen“ oder „Gehaltsverhandlungen nervig; die vertragliche Leistungen wurden nicht erfüllt“. Es gebe Handlungsbedarf, resümierte Fotiadis-Wentker. Auf eine eigene Praxisgründung fühlen sich der Umfrage zufolge über 70 Prozent nicht gut vorbereitet. „Die Defizite liegen in den Bereichen GOZ-Abrechnung, Hygiene und Praxisführung“, das lasse sich durch die Umfrage belegen, erklärte sie.

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