Einrichtungsbezogene Impfpflicht

Der Stichtag rückt näher

Wenige Wochen vor Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist die Lage nach wie vor unübersichtlich. Dass sie wirklich kommen wird, scheint aber sicher. Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag, der die Impfpflicht stoppen sollte, am 11. Februar abgelehnt. Länder wie Bayern, die die Impfpflicht aussetzen wollten, sind inzwischen wieder zurückgerudert. Offen ist immer noch, wie die Regelungen durch die Gesundheitsämter nachgehalten werden.

Die Gesundheitsminister der Länder waren sich Mitte Februar weitestgehend einig, dass die Corona-Impfpflicht für das Pflege- und Gesundheitspersonal ab dem 15. März ausgewogen und in einem gestuften Verfahren umgesetzt wird. Zwar seien noch viele Fragen offen, dennoch hielten die Minister am Vollzug und an der Umsetzung des Gesetzes fest, verkündete die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Petra Grimm-Benne (SPD).

Demzufolge sollen die Beschäftigten in den betroffenen Einrichtungen innerhalb von 14 Tagen einen Impfnachweis vorlegen. Alle diejenigen, die sich noch impfen lassen wollen oder erst eine Impfung haben, sollen weiterarbeiten dürfen. Sie müssten dann unter Fristsetzung die anderen Impfungen vornehmen lassen. Unterschiede soll es auch zwischen Beschäftigten geben, die direkt mit Patienten arbeiten und denjenigen, die weniger Kontakt mit Patienten haben. „Das sind alles Einzelfallentscheidungen. Wir sind der Auffassung, es gehört ein geordnetes Anhörungsverfahren dazu“, betonte Grimm-Benne.

Und das brauche Zeit. Dabei soll der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten. Seitens der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) wurde indes vor den möglicherweise gravierenden Folgen für die zahnärztliche Versorgung durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht gewarnt. In einem gemeinsamen Brief wandten sich der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer und der BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) (siehe Artikel S. 16).

BMG aktualisiert „Handreichung“

Unterdessen hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die „Handreichung zur Impfprävention in Bezug auf einrichtungsbezogene Tätigkeiten“ aktualisiert. Dabei handelt es sich um die Fortführung der seit Dezember bestehenden FAQs des BMG. Auf 23 Seiten sind alle Einrichtungen aufgeführt, die unter die einrichtungsbezogene Impfpflicht fallen. Nach Infektionsschutzgesetz (§ 20a Absatz 1, Satz 1, Nummer 1 IfSG) gehören dazu: Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen, Hospizdienste, die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV), Blutspendeeinrichtungen, Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Betriebsärzte, Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe, Rettungsdienste, sozialpädiatrische Zentren nach § 119 SGB V sowie medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen. Daneben ist eine Reihe von humanmedizinische Heilberufen aufgeführt, die unter die Impfpflicht fallen. 

Verfassungsgericht lehnt Eilantrag ab

Nicht betroffen sind nach dieser Aufstellung Mitarbeiter von Apotheken und Medizinischen Laboren, auch wenn in Apotheken Impfungen durchgeführt werden. Sollten jedoch Apotheker Impfungen in einer anderen Einrichtung oder in einem Unternehmen vornehmen, das unter die Regelung des § 20a IfSG fällt, fallen sie unter die Impfpflicht. In der Handreichung werden die konkreten Schritte für Arbeitgeber erklärt, wenn die Beschäftigten nicht ausreichend geimpft sind. Arbeitsrechtliche Fragen, etwa zu Lohnzahlungen oder zur Frage von Kündigungen, bleiben allerdings unbeantwortet. Bundesgesundheitsminister Lauterbach sagte aber zu, dass weitere Ergänzungen und Aktualisierungen der „Handreichung“ folgen sollen.

Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 11. Februar in einem Eilverfahren einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, womit der Vollzug der einrichtungsbezogenen Impfpflicht vorläufig ausgesetzt werden sollte. Damit kann das Gesetz, das im Dezember beschlossen wurde, wie vorgesehen am 15. März in Kraft treten. Bei diesem Beschluss ging es um eine Regelung für die Zwischenzeit. Das Hauptverfahren, in dem das Gesetz umfassend geprüft wird, steht noch aus.

Das Gericht nahm dabei eine Folgenabwägung vor. Die Richter prüften, welche Konsequenzen schlimmer wären: das Gesetz zunächst nicht zu stoppen, obwohl die Klagen berechtigt wären – oder die Impfpflicht vorübergehend auszusetzen, selbst wenn sich diese dann später als verfassungsgemäß herausstellt. Die Verfassungsrichter entschieden, dass die Nachteile, die den überwiegend im Gesundheitswesen tätigen Beschwerdeführern durch eine Impfpflicht drohten, weniger schwer wiegen als die Nachteile, die bei einem vorläufigen Außerkraftsetzen der Regelung für vulnerable Menschen zu befürchten seien.

Beim BVerfG waren 74 Verfassungsbeschwerden von rund 300 Klägerinnen und Klägern in Karlsruhe eingegangen. Geklagt hatten überwiegend ungeimpfte Beschäftigte sowie Leiter von Einrichtungen, die weiter ungeimpftes Personal beschäftigen wollen.

Bayern prescht vor und rudert zurück

Wenige Tage zuvor hatte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Bayern aussetzen zu wollen. Nach einer Videokonferenz des CSU-Vorstands in München hatte er erklärt, es solle in Bayern „großzügigste Übergangsregelungen“ geben. Das laufe „de facto“ zunächst einmal „auf ein Aussetzen des Vollzugs hinaus“, fügte er hinzu. Die dortigen zahnärztlichen Körperschaften begrüßten diesen Vorstoß daraufhin als richtige Entscheidung.

Die Personalsituation in den bayerischen Zahnarztpraxen sei bereits sehr angespannt, betonte Christian Berger, Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer und Vorsitzender des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns. „Jede Zahnmedizinische Fachangestellte, die wegen der Impfpflicht den Beruf aufgibt, ist eine zu viel. Zudem haben wir bewiesen, dass unsere Schutz- und Hygienemaßnahmen auch unter Pandemiebedingungen greifen“, betonte Berger.

Heftige Kritik aus Berlin – unter anderem von Lauterbach – am Vorpreschen Bayerns ließ nicht lange auf sich warten. Söder wurde vorgeworfen, er wolle sich nicht an Gesetze halten, die er selbst mitbeschlossen habe. Ziemlich schnell gab es daraufhin mildere Töne aus München. Bayern stehe zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht, hieß es am 15. Februar in einem Beschluss der bayerischen Staatsregierung. „Wir bleiben natürlich rechtstreu“, verkündete der bayerische Ministerpräsident.

BZÄK informiert auf ihrer Website

Zum Thema Impfpflicht hat die BZÄK für die Zahnärzteschaft umfangreiche Informationen auf ihrer Webseite zusammengestellt, die permanent aktualisiert werden. Daher ist es sinnvoll, sich dort tagesaktuell über die einrichtungsbezogene Impfpflicht und deren Umsetzung zu informieren.

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: AZ: 1 BvR 2649/21

Link zurWebsiteder BZÄKLink zur Handreichung desBMGzur Impfpflicht

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.