Werbung für die Zahnarztpraxis

Trommeln Sie laut – und richtig!

Rebecca Richter
Wer früher als Freiberufler für Dienstleistungen warb, galt als unseriös. Werbung wurde von Medizinern auch bewusst vermieden, um sich von alternativmedizinischen Kreisen zu distanzieren. Trotz einer immensen Lockerung der Werbeverbote spiegelt sich der Gedanke fehlender Seriosität noch heute in vielen Gerichtsentscheidungen für den Kreis der Freien Berufe wider. Bleibt die Frage: Was ist verboten, was erlaubt?

Bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2005 galt ein umfassendes Werbeverbot für Ärzte und Zahnärzte. Juristisch hatte dieses sich daraus entwickelt, dass Ärzte und Zahnärzte einer öffentlich-rechtlichen Gebundenheit unterliegen und kein Gewerbe sind. Zur Vereinheitlichung des Angebots wurde alles bis hin zur Größe des Praxisschildes gesetzlich festgelegt.

Im heutigen Zeitalter des Internets ist ein solches Werbeverbot undenkbar, denn darunter würden ja bereits die Homepage, Anzeigen in der Zeitung und Informationsbroschüren fallen. Der immerzu herangezogene Gedanke des Patientenschutzes wird ja gerade durch die fachgerechte Fachinformation im Netz erreicht, die nach früherem Recht als unzulässige Werbung verbannt worden wäre. Hier darf aber grundsätzlich keine Hervorhebung der Person der Zahnärztin oder des Zahnarztes erfolgen – das Augenmerk muss den Gesetzen zufolge in der Sache liegen.

Diese Werbung ist erlaubt

1. Werbung einer Zahnarztpraxis mit der Aussage “Zahnspezialisten”

(OLG München, Urteil vom 5. März 2020, Az.: 29 U 830/19)

In diesem Fall lag nach Ansicht des klagenden Berufsverbands eine Irreführung vor, denn die in der Praxis tätigen Personen hatten keine Fachzahnarztzulassung, lediglich eine Zahnarztzulassung. Die Formulierung „Spezialisten“ wies nach Ansicht des Klägers jedoch auf eine Zusatzausbildung hin.

Das Gericht sah hier indes keine Irreführung: In Kombination mit dem allgemeinen Begriff „Zahn“, entspricht dies auch der Qualifikation des Teams und suggeriert keine fachärztliche Zulassung.

2. Bewerbung von elektrischen Zahnbürsten durch Werbeflyer in Zahnarztpraxis mit Rabatt bei Zahnreinigung – Zahnbürstenwerbung in Zahnarztpraxis

(OLG Hamburg, BeschLuss vom 14. April 2020, Az.: 3 W 17/20)

Ist das Auslegen von Flyern mit einer Rabattaktion in einer Zahnarztpraxis gesetzeswidrig? Die Flyer eines Zahnbürstenherstellers bewarben einen Rabatt auf ihre Produkte und einen damit verbundenen Preisvorteil von 30 Prozent für eine Zahnreinigung sowie eine Zahnaufhellung in der jeweiligen Praxis.

Diskutiert wurde, ob der Zahnarzt hier seine Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke hergibt, was nach § 21 Abs. 4 MBO-Z nicht erlaubt ist. Das Gericht hielt die Werbung im Ergebnis nicht für berufswidrig, da die Auslage von Flyern keinen ausreichende Verknüpfung der Bezeichnung des Zahnarztes mit dem Gewerbe darstellt.

Zwar sind Rabatte auf zahnärztliche Leistungen mit Vorsicht zu genießen, aber nicht zu beanstanden, wenn der Zahnarzt die Behandlung aus welchen Gründen auch immer (beispielsweise, weil ein Bleaching medizinisch nicht empfehlenswert ist) ablehnen kann (anders beim Kaufvertrag über Groupon).

Relevant sind hier die landesrechtlichen Berufsordnungen, die auf der Musterberufsordnung (MBO-Z) basieren, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Wie Sie sich in diesem Minenfeld zurechtfinden, zeigt dieser Kurzaufriss:

Diese Werbung ist verboten

Leider ist der Bereich einzelfallabhängig und es verbieten sich grundsätzlich allgemeinwirksame pauschale Wertungen.

Dem Zahnarzt kann Werbung nicht gänzlich verboten werden, auch wenn sie in erster Linie auf Akquisition gerichtet ist. Berufswidrige Werbung ist natürlich unzulässig. Maßgeblich für die Einordnung ist § 21 der MBO-Z. Der erste – und wichtigste – Absatz besagt: „Dem Zahnarzt sind sachangemessene Informationen über seine Berufstätigkeit gestattet. Berufsrechtswidrige Werbung ist dem Zahnarzt untersagt. Berufsrechtswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung.“

Berufswidrig und damit unzulässig ist Werbung also, wenn sie ...

... anpreisend ist:                        

Dabei handelt es sich um eine gesteigerte Form der Werbung, vor allem wenn reißerische und marktschreierische Mittel verwendet werden.

... irreführend ist:                         

Die meisten gerichtlichen Auseinandersetzungen drehen sich um den Aspekt der Irreführung. Sie liegt vor, wenn bei den Patienten eine Fehlvorstellung über die zahnärztlichen Leistungen erweckt wird.

... herabsetzend oder vergleichend ist: Bei persönlicher vergleichender Werbung wird auf die persönlichen Eigenschaften und Verhältnisse ärztlicher Kolleginnen und Kollegen, bei vergleichender Werbung auf die Zahnarztpraxis oder Behandlungstätigkeit anderer Kollegen Bezug genommen. Dies ist sehr selten.

Das sind die Folgen

In erster Linie besteht die Gefahr, dass die Konkurrenz, Berufsverbände oder die Berufsaufsicht mit wettbewerblichen Klagen oder einstweiligen Verfügungsverfahren gegen den Verstoß vorgehen, damit diese Werbung beseitigt und künftig unterlassen wird. Denn die Berufs- und die Gebührenordnung gelten auch als Marktverhaltensregel und enthalten damit Wettbewerbsverbote und -beschränkungen, die wettbewerbsrechtlich durch Mitbewerber als auch Wettbewerbsverbände geltend gemacht werden können. Daneben sind berufsrechtliche Verfahren vor der Bundeszahnärztekammer möglich, die hohe Bußgelder gegen die Praxisinhaber zur Folge haben können.

Achtung: Wenn eine unzulässige Werbung, die beispielsweise eine unzulässige Bezeichnung enthält und trotz Löschung auf Praxis-Webseite noch bei Google & Co. zu finden ist, muss der Inhaber auch die Löschung beim Suchmachinenbetreiber beantragen. Sonst kann hier eine kostspielige Abmahnung und ein gerichtliches Verfahren folgen.

Diese Werbung ist verboten

1. Werbung mit der Angabe „Kieferorthopädie“

(BGH, Urteil vom 29. Juli 2021, Az.: I ZR 114/20)

Wirbt ein Zahnarzt, der nicht Fachzahnarzt für Kieferorthopädie ist, ohne entsprechende Aufklärung mit den Angaben „Kieferorthopädie“ und „(Zahnarzt-)Praxis für Kieferorthopädie“, ist die Werbung irreführend.Ebenfalls nicht erlaubt (OLG Oldenburg, Urteil vom 30. April 2021, Az.: 6 U 263/20):

  • „KFO-Fachpraxis“

  • „Fachpraxis für Kieferorthopädie“

  • „Zahnarzt für Kieferorthopädie“

2. Werbung mit 3x wöchentlich kostenloser Implantatsprechstunde und Bezeichnung der Praxis als Praxiszentrum

(LG Braunschweig, Urteil vom 25. März 2021, Az.: 22 O 582/20)

Es wurde eine Werbeanzeige in einer Zeitung mit der Überschrift „Bezahlbare Implantate auch in Deutschland“ „3× wöchentlich kostenlose Implantatsprechstunde“ geschaltet. Im unteren Teil der Anzeige hieß es „Praxiszentrum“.

Trotz eigenes Labors wird hier eine Erwartung bei den Patienten geschaffen, dass es sich um ein Praxiszentrum, also eine Praxis mit überdurchschnittlicher Größe handelt und damit auch mehrere Zahnärzte oder Zahnärztinnen dort zusammenwirken. Es ist irreführend, wenn es sich in Realität lediglich um eine Einzelpraxis handelt.

3. Werbung mit Bezeichnung der Praxis als „Praxisklinik“

(OLG Hamm, Urteil vom  27. Februar 2018, Az.: 4 U 161/17)

Der Begriff Klinik steht synonym für Krankenhaus und erfordert die Möglichkeit einer stationären Aufnahme. Ist das nicht gegeben, liegt eine Irreführung und damit eine unzulässige Werbung vor.

4. Zahnarztwerbung bei Groupon beziehungsweise DailyDeal

(LG Köln, Urteil vom 21. Juni 2012, Az.: 31 O 25/12)

Ein Zahnarzt bot professionelle Zahnreinigung und Bleaching über Groupon und DailyDeal zu sehr günstigen Preisen an (Die PZR kostete bei ihm 2011 nur 19 statt Euro 99 Euro, das Bleaching 149 statt 530 Euro). Kauften die Kunden einen Gutschein, konnten sie ihn innerhalb von zwölf Monaten einlösen.

Diese Leistungen dürfen aber nicht zu einem vorher angelegten Festpreis ohne eine vorherige Untersuchung des Patienten und einem individuellen Kosten- und Heilplan angeboten werden. Anders ist dies, wenn der Zahnarzt die Behandlung hätte ablehnen können, aus welchem Grund auch immer.

Darüber hinaus liegt auch ein Abweichen vom regulären Preis und damit ein Rabatt vor, der so erheblich ist, dass von einer kostendeckenden und gründlichen Arbeit nicht mehr ausgegangen werden kann.

Rebecca Richter

DUNKEL RICHTER
Rechtsanwältinnen
Mühsamstr. 34, 10249 Berlin

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