Alternativ? komplementär? integrativ? – Teil 2

Die andere Zahnmedizin: Klinische und gesellschaftliche Herausforderungen

Hans Jörg Staehle
Die Grabenkämpfe zwischen „Alternativmedizin“ und „Schulmedizin“ scheinen der Vergangenheit anzugehören. Die einstigen „Alternativen“ zeigen sich „komplementär“ oder „integrativ“ und die „Schulmedizin“ ist ohnehin im modernen Verständnis „ganzheitlich“. Eher still hat sich eine friedliche Koexistenz entwickelt, die sich modern, tolerant und kooperativ präsentiert. Das mutet erstaunlich an, denn von neu etikettierten Alternativtherapien gehen nach wie vor nicht unbedeutende Gefahren iatrogener Schädigungen aus. Es ist daher an der Zeit, den Wandel in Medizin und Gesellschaft zu analysieren und eine medizinpolitische Debatte anzuregen.

Es wird heute vermehrt die Frage gestellt, warum Menschen auf fragwürdige Behandlungsmethoden schwören, ihnen zuweilen uneingeschränkt vertrauen und dadurch in einen alternativ-, komplementär- oder integrativmedizinischen Circulus vitiosus geraten. Wie lässt sich das erklären? Sind das alles „nur“ Placebos, wie gelegentlich zu hören ist? Ausgehend von Teil 1 dieses Beitrags in der zm 8/2022 (S. 68-73) wird im Folgenden auf diese Fragen eingegangen.

Nocebo-Placebo-Medizin

Um einer Antwort näherzukommen, ist ein Blick auf die Effekte medizinischer Behandlungen hilfreich. Diese beinhalten spezifische und unspezifische Elemente [Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer, 2010; Staehle 2013b; zm, 2022b].

  • Spezifische Elemente: Dazu zählen beispielsweise Operationen oder pharmakologisch definierte Medikamente mit all ihren Wirkungen und Nebenwirkungen.

  • Unspezifische Elemente: Dazu zählen Placebo- und Noceboeffekte. Das sind „psychobiologische“ Phänomene, die durch den gesamten therapeutischen Kontext entstehen (Scheinbehandlungen, Behandlungserwartungen und Vorerfahrungen der Patienten, verbale und nonverbale Kommunikation der Behandler, Patient-Behandler-Interaktionen).

Ein Nocebo – der Begriff wurde vor über 70 Jahren geprägt [Kennedy, 1961] – ist das psychosoziale Pendant zu einem Placebo. Während der Placeboeffekt (wörtlich: „ich werde gefallen“) mit einer positiven Erwartungshaltung verbunden ist, ist der weniger bekannte Noceboeffekt (wörtlich: „ich werde schaden“) mit einer Befürchtung assoziiert. Er umfasst unter anderem die Sorge, durch Medikamente, Eingriffe, „Störfelder“, „energetisch ungünstige Situationen“ oder auch angeborene psychosoziale Determinanten (zum Beispiel im Sinne eines homöopathischen Persönlichkeitsprofils) geschädigt zu sein oder noch Schaden zu nehmen. Negative iatrogene Zuschreibungen – zum Beispiel im Hinblick auf körperliche Gegebenheiten und Charaktermerkmale eines Patienten im Sinne bestimmter „Menschentypen“, wie in der Homöopathie geläufig – wurden im Teil 1 dieses Beitrags wiedergegeben. Übergeordnete Aspekte finden sich in Abbildung 1.

So wie es auf spezifischer Ebene fast keine Wirkungen ohne Nebenwirkungen gibt, so existieren auf der unspezifischen Ebene kaum Placebo-Effekte ohne Nocebos, die quasi als die Kehrseite der Medaille fungieren. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob die oben genannten Sorgen begründet oder unbegründet sind. Man muss davon ausgehen, dass bei vielen ärztlichen und zahnärztlichen Interventionen aller (sic!) medizinischen Richtungen unbewusst oder bewusst nicht nur Placebo-, sondern auch Noceboeffekte auftreten.

So können Nocebos ins Spiel kommen, wenn einem Patienten im Rahmen der Aufklärung die negativen Folgen einer unterlassenen Behandlung besonders drastisch dargestellt werden, um ihn zu einem als indiziert erachteten Eingriff besser zu motivieren.

Wohlgemeinte Hinweise, beispielsweise auf die Folgen einer belassenen Zahnlücke mit massiven Schäden für das vorhandene Gebiss, Funktionsstörungen bis hin zu weiterreichenden Beschwerden wie Muskelverspannungen, Kopfschmerzen oder gar Tinnitus, mögen zu einer korrekten Behandlungsentscheidung im Sinne eines Lückenschlusses führen. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, was passiert, wenn der Patient zwar von der zahnärztlichen Aufklärung beeindruckt wird und darüber nachdenkt, aber dennoch eine andere Entscheidung trifft und – aus welchen Gründen auch immer – die Lücke belässt. Die in der Folgezeit eventuell verstärkt auftretende Empfindung unklarer Symptome wie Verspannungserscheinungen, die vorher kaum Probleme bereiteten, lässt sich im Sinne eines Noceboeffekts interpretieren.

Bei der Beratung und Aufklärung von Patienten sollte deshalb darauf geachtet werden, unangemessene Erwartungen einerseits und übertriebene Angstreaktionen andererseits zu vermeiden [Staehle, 2013b; zm, 2022b]. Besonders problematisch sind Noceboeffekte, wenn sie auf wissenschaftlich nicht abgesicherten Behauptungen beruhen. Dazu zählen beispielsweise Verlautbarungen, dass Zähne und umliegende Kieferknochen, auch wenn sie sich klinisch und in bildgebenden Verfahren unauffällig darstellen, zu „Vergiftungen“ und damit einhergehenden Allgemeinerkrankungen führen.

Auch bei einer Nocebo-Placebo-betonten Medizin kann eine unspezifische von einer spezifischen Ebene begleitet werden. Die unspezifische Ebene kann in drei Schritten ablaufen:

1. Schritt: Aufgreifen von zunächst allgemein gehaltenen, durch Medien oder Praxisverlautbarungen gestreuten Ängsten (beispielsweise vor Dentalmaterialien) bei Patienten mit unklaren Beschwerden zur ersten Anbahnung von Noceboeffekten.

2. Schritt: Anwendung fragwürdiger Testmethoden wie beispielsweise Applied Kinesiology oder ähnlichem zum Aufbau beziehungsweise zur weiteren Verfestigung von Noceboeffekten.

3. Schritt: Behandlung der iatrogen erzeugten Noceboeffekte mit Placebo-Methoden (zum Beispiel homöopathische „Ausleitungs- und Entgiftungsprozeduren“).

Auf der spezifischen Ebene kann es zu parallel ablaufenden zahnärztlichen Eingriffen kommen wie zum Beispiel

  • Austausch intakter zahnärztlicher Restaurationen,

  • Entfernung erhaltungswürdiger, strategisch wichtiger Zähne,

  • Ausfräsung von Kieferknochen.

Derartige Vorgehensweisen können keineswegs als „sanfte und schonende Medizin“ eingestuft werden, auch wenn sie sich seit Langem als „menschlich und dem Patienten besonders zugewandt“ darstellen [Windeler, 1992].

Herausführung aus dem Circulus vitiosus

Bei Patienten, die – durch welche Umstände auch immer – in einen alternativ-, komplementär- oder integrativmedizinischen Circulus vitiosus geraten sind und dadurch bereits gesundheitliche Schäden erlitten haben, ist es zur Vermeidung weiterer Gebisszerstörungen anstrebenswert, sie aus diesem Umfeld herauszuführen und wieder in eine sachgerechte zahnmedizinische Versorgung einzufügen. Dies ist vor allem dann eine große Herausforderung, wenn die Patienten in ein alternativ-, komplementär- oder integrativmedizinisches Netzwerk verschiedener Fachrichtungen gelangt sind, aus dem sie sich ohne Hilfe nur schwer befreien können.

Im Folgenden wird das Vorgehen anhand der Behandlung und Betreuung einer 48-jährigen Patientin beschrieben (Abbildung 2): Die anfangs gesunde Frau war seit Jahrzehnten mit Amalgamrestaurationen versorgt, die sie ohne Einschränkungen tolerierte. Dennoch ließ sie sich sämtliche intakten Restaurationen entfernen und durch Keramik-Inlays sowie VMK-Kronen ersetzen, da ihr dies von einem alternativmedizinisch orientierten Behandler aus Gründen des „vorbeugenden Gesundheitsschutzes“ angeraten worden war.

Aus ungeklärter Ursache traten unter anderem am Zahn 36 Schmerzen im Sinne postoperativer Sensibilitäten auf, so dass dort schließlich nur noch diverse instabile provisorische Restaurationsmaterialien zum Einsatz kamen. Der Patientin war auf der Grundlage fragwürdiger Testmethoden vermittelt worden, sie leide unter einer „Unverträglichkeit“ gegenüber allen gängigen zahnärztlichen Restaurationsmaterialien einschließlich Komposit-Kunststoffen. Bei der Vorstellung in der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde der MZK-Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg zeigten sich abgesehen von der insuffizienten Versorgung des Zahnes 36 weder klinisch noch röntgenografisch weiterreichende pathologische Befunde. Die parodontalen Sondierungstiefen waren leicht erhöht und es kam generalisiert zum Bluten nach Sondieren im Sinne einer parodontalen Entzündung. Die Patientin legte bei der Vorstellung in der Klinik den Therapievorschlag eines weiteren alternativmedizinisch orientierten Kollegen vor, den dieser auf der Grundlage „bioenergetischer“ Testungen (hier: „Resonanzketten“) erstellt hatte. Danach sollten zwei erhaltungswürdige Zähne wegen angeblich negativer energetischer Einflussnahmen auf die Bauchspeicheldrüse und den Enddarm der Patientin extrahiert werden (Abbildungen 2a bis 2c). Die Patientin stand mittlerweile alternativmedizinischen Vorstellungen sehr vertrauensvoll gegenüber und machte sich die Sicht des Alternativmediziners im Sinne einer malignen Arzt-Patient-Beziehung zu eigen. Sie verlangte nachdrücklich die Extraktion der beiden Zähne 35 und 36 und bat um die Suche von Dentalmaterialien, die sie tolerieren könne.

In der Klinik wurde ihr eröffnet, dass es sich bei den „bioenergetischen“ Tests des alternativmedizinisch orientierten Kollegen um umstrittene Methoden handelt. Nach einer umfassenden zahnärztlichen Untersuchung wurde ihr angeboten, zunächst die parodontalen Entzündungsreaktionen anzugehen, worauf sie – wenn auch zunächst sehr misstrauisch und widerstrebend – einging. Nach professionellen Zahnreinigungen in Verbindung mit einem Mundhygienetraining, das sich insbesondere auf den sachgerechten Einsatz von Interdentalraumbürsten bezog, kam es rasch zu einem von der Patientin positiv registrierten Rückgang des Zahnfleischblutens. Der Sinn dieser nicht-invasiven vorbereitenden Maßnahmen lag nicht nur in der Behandlung der parodontalen Entzündung. Sie verfolgten darüber hinaus Zweck, ein persönliches Vertrauensverhältnis aufzubauen. Es gelang nach und nach, die Patientin von dem Extraktionswunsch abzubringen. Aufgrund ihrer nahezu unerschütterlichen Vorstellung einer „Kunststoffunverträglichkeit“ kam ein Einsatz von Kompositen zunächst nicht in Betracht. Sie stimmte jedoch einer erneuten Versorgung mit Amalgam zu, das sie nachweislich über mehrere Jahrzehnte sehr gut vertragen hatte. Die Eingliederung der Amalgamrestauration führte zur sofortigen und anhaltenden Beschwerdefreiheit (Abbildungen 2d und 2e).

Bei der Patientin wurde das zahnerhaltende Konzept, nämlich präventive Maßnahmen möglichst offensiv, chirurgische und restaurative Eingriffe hingegen möglichst defensiv anzugehen, erfolgreich umgesetzt. Die Zähne sind nach einer Beobachtungsdauer von nunmehr 28 Jahren noch in situ (Abbildung 2f). Die inzwischen 76-jährige Patientin erscheint regelmäßig zum Recall. Allgemeinmedizinisch ist sie gesund, es bestehen keine Hinweise auf eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüsen oder des Enddarms. Nach einer sukzessiven Verfestigung des Vertrauensverhältnisses konnten inzwischen bei der zahnärztlichen Versorgung auch die von der Patientin aufgrund der alternativmedizinisch verursachten Noceboeffekte anfangs abgewehrten Kompositkunststoffe ohne jegliche negative Reaktionen zum Einsatz kommen.

Das entscheidende Anliegen war es, die Patientin aus einem alternativmedizinischen „Circulus vitiosus“ herauszuführen („Debonding“) und eine neue, tragfähige Arzt-Patient-Beziehung auf der Grundlage der Patientenautonomie, der Benefizienz und der Non-Malefizienz aufzubauen [Groß, 2012].

Gesellschaftspolitische Diskussion

Es ist seit geraumer Zeit ein bemerkenswertes Phänomen zu beobachten. Einige der oben beschriebenen Verfahren halten zwar einer seriösen Prüfung nicht stand und haben zuweilen einen von Intoleranz und Fundamentalismus geprägten weltanschaulichen Hintergrund. Dennoch wurden (und werden) die dahinter stehenden Denkrichtungen von zahlreichen gesellschaftlichen Kreisen und Institutionen (einzelnen Parteien, Verbänden, Universitäten, Fortbildungseinrichtungen, Verlagen, Herstellern pharmazeutischer Präparate und anderen) wohlwollend aufgenommen und sogar unterstützt.

So gab es in den politischen Parteien über das gesamte Spektrum hinweg (von weit links bis rechts) Vertreter, die sich für alternative Verfahren einsetzten. Noch 2017 sprach sich die gesundheitspolitische Sprecherin der Partei DIE LINKE, Kathrin Vogler, dafür aus, dass etwa Homöopathika trotz fehlender wissenschaftlicher Nachweise „klar“ als Arzneimittel einzustufen seien. Sie unterstützte sogar deren Apothekenpflichtigkeit, um sie vor „esoterischer Blasenbildung“ zu schützen [DAZ-online, 2017]. Der gesundheitspolitische Sprecher der AFD, Axel Gehrke, bekannte sich 2019 zur Homöopathie, da sie besonders „effektiv und kostensparend“ sei [Gehrke, 2019]. Aktuell scheinen sich in der politischen Landschaft der Parteien Verschiebungen abzuzeichnen. Wie sich die weitere Entwicklung gestalten wird, bleibt abzuwarten.

Es gab und gibt auch immer wieder kritische Stimmen [Bartens, 2022; Bosch, 2022; zm, 2022a], Streitereien und Konflikte (aktuell beispielsweise das Auslaufenlassen der Zusatzbezeichnung Homöopathie durch einige Ärztekammern), aber insgesamt hat sich die Situation in Richtung eines sich tolerierenden Miteinanders entwickelt. Wie bereits ausgeführt, firmiert die „Alternativmedizin“, die sich ursprünglich als Alternative oder gar „Feind“ zur „Schulmedizin“ sah, heute unter der Etikette „Komplementär-/Integrativmedizin“, die die Evidenz-gestützte Medizin zumindest nach außen hin nicht mehr bekämpft, sondern nur noch „ergänzt“ und „integriert“. Teile der „etablierten Medizin“ sind in die Defensive geraten und erkennen im Gegenzug die „geläuterte“ Alternativmedizin an. Sie tragen dazu bei, diese Sparte salonfähig zu machen. Aus Gegnern werden Partner, die sich gegenseitig respektieren, anerkennen und miteinander kooperieren.

Ein immer wieder gebrauchtes Argument für Nachsichtigkeit gegenüber dem Fehlen von wissenschaftlichen Wirkungsnachweisen ist unter anderem die Nachfrage der Patienten. Große gesetzliche Krankenkassen – wie zum Beispiel die TK und die AOK – unterstützen die Homöopathie und andere alternativmedizinische Verfahren. So wirbt die AOK bis heute unvermindert für die klassische Homöopathie [AOKplus, 2022]. Es liegt auf der Hand, dass dieses Engagement von Akteuren, die ansonsten vehement wissenschaftliche Evidenz einfordern, alternativmedizinische Angebote zusätzlich popularisiert. Das hat dann auch Folgewirkungen auf andere Bereiche und alte, schon längst beantwortet geglaubte Fragen werden wieder aktuell:

  • Kann man von der Industrie erwarten, Unkosten durch Forschungsaktivitäten zu vergrößern, wenn ihr das der Gesetzgeber bei Angeboten der „besonderen Therapierichtungen“ ausdrücklich erspart?

  • Kann man es Ärzten und Zahnärzten verübeln, dass sie wissenschaftlich fragwürdige Methoden, die in ihrem Studium oder in der Fortbildung wohlwollend unterrichtet wurden, in ihr (zahn)medizinisches Angebot aufnehmen?

  • Ist es unethisch, mit „ganzheitsmedizinischen“ Angeboten den Weg in die so oft beschworene Eigenverantwortung (= Erhöhung von Selbstzahlerleistungen) zu ebnen?

  • Ist es nicht zu begrüßen, wenn es den relevanten Playern gelingt, den medizinischen „Wachstumsmarkt“ auch mit alternativmedizinischen Ansätzen anzukurbeln?

Fazit

Es gibt viele gute Gründe, in der Medizin und Zahnmedizin einen lebendigen Pluralismus im Sinne eines regen wissenschaftlichen Austauschs und auch die – mitunter leidenschaftlich geführte – Debatte um die „besten“ Behandlungen zu pflegen. Es sind in der Medizingeschichte zahlreiche wichtige Erkenntnisse bekannt, die als Minderheitenposition begonnen haben und sich gegen die Skepsis des Etablierten durchsetzen mussten. Die Vielfalt medizinischer Denkmodelle darf jedoch nicht als Freifahrtschein missverstanden werden, einzelnen Interventionen die Forderung nach Wirksamkeitsnachweisen unter sorgfältiger Abwägung der Nutzen-Risiko-Relation zu ersparen. Ansonsten drohen mannigfaltige Gefahren für Patientenmanipulationen und -schädigungen. Diese reichen über Nocebo-Placebo-Effekte und den Missbrauch von Patientenvertrauen bis hin zu Scharlatanerie und Geschäftemacherei. Diese Feststellung gilt nicht nur für alternativmedizinische Verfahren, sondern für alle Richtungen der Medizin.

Herausführung aus einem alternativmedizinischen „circulus vitiosus“

  • Offene Aufklärung einer 48-jährigen Patientin über die Problematik fragwürdiger Testmethoden und daraus abgeleiteter invasiver Behandlungsmaßnahmen.

  • Aufbau einer neuen, tragfähigen Arzt-Patienten-Beziehung „auf Augenhöhe“ unter Beachtung der Patientenautonomie sowie des Benefizienz- und des Non-Malefizienz-Prinzips [Groß, 2012].

  • Initial: Vornahme möglichst gering invasiver Eingriffe, zum Beispiel Mundhygienetraining und Zahnreinigung; defensive, im Bedarfsfall leicht wieder entfernbare restaurative Probeversorgung

  • Im weiteren Verlauf: Angebot einer regelmäßigen Nachsorge; schrittweise Heranführung an eine ordnungsgemäße zahnmedizinische Versorgung

  • Weiterer Verlauf:

  • Die allgemeinmedizinischen Symptome haben sich deutlich verbessert (von einer Enddarmerkrankung oder einer Erkrankung des Pankreas ist nicht mehr die Rede).

  • Die Patientin ist jetzt 76 Jahre alt. Sie kommt seit 28 Jahren zum Recall und hat unter anderem erfolgreich ein aktives Mundhygienetraining (einschließlich korrekter Anwendung von Interdentalraumbürsten) absolviert. Pathologische Symptome in der Mundhöhle sind nicht vorhanden.

  • Die zahnärztliche Versorgung ist stabil, es sind keine weiteren iatrogenen Schäden eingetreten. Die Patientin konnte davon abgebracht werden, sich Zähne ziehen und weitere aufwendige restaurative Versorgungen vornehmen zu lassen.

  • Restaurative Maßnahmen können inzwischen ohne jegliche Probleme mit adhäsiv verankertem Komposit vorgenommen werden.

Prof. Dr. Dr. Hans Jörg Staehle

Poliklinik für Zahnerhaltungskunde der Klinik für MKG-Krankheiten des Universitätsklinikums Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 400,
69120 Heidelberg

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