Interview mit Flottenarzt Dr. Helfried Bieber a.D.

„Auch in der Bundeswehr gibt es nur eine Zahnmedizin!“

Flottenarzt Dr. Helfried Bieber, leitender Zahnarzt der Bundeswehr, nimmt nach einer langen Karriere im Militär seinen Abschied. Die FDI-Generalversammlung im September in Genf gehörte zu seinen letzten offiziellen Amtshandlungen. Hier spricht der oberste Militärzahnarzt über Aufgaben, Erreichtes und Ziele.

Was waren Ihre größten Ziele? Haben Sie diese erreicht?

Dr. Helfried Bieber:

Mir liegen die Mundgesundheit der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz wie auch ihre adäquate zahnärztliche Versorgung besonders am Herzen. Hier sind wir Militärzahnärzte gefordert und haben sozusagen nicht nur den „Alleinvertretungsanspruch“, sondern auch die Verpflichtung unter zum Teil schwierigen Bedingungen Mundgesundheit zu gewährleisten und erforderliche Behandlungsmaßnahmen anzubieten und durchzuführen. Hier wollte ich – durch Bündelung und Auswertung der Erfahrungen anderer Nationen – zum Wohle unserer uns anvertrauten Soldaten noch besser werden.

Die besonderen Bedingungen im Einsatz wie Stress, Klima, Unterbringung fordern und fördern neue Gedankengänge. So führen wir zum Beispiel wehrmedizinische Forschungsvorhaben aus dem Bereich der Prävention einsatzbedingter Verschlechterungen der Mundgesundheit von Soldaten durch. Oder denken Sie an die besonderen Lebensbedingungen in Gemeinschaftsunterkünften. Hier kommt etwa der Schnarchtherapie auch aus sozialhygienischer Indikation eine wichtige Bedeutung zu. Wesentliche Änderungen gibt es ebenfalls im Bereich der Einsatzversorgung im Hinblick auf die Mobilität.

Mir war wichtig, die Zahnmedizin auch in der Bundeswehr als Teil der Medizin zu begreifen oder begreifbar zu machen. Dazu zählte – deutlich vor Einführung der neuen Leistungen zur Behandlung der Parodontitis im zivilen Bereich – eine mehr präventive Ausrichtung der Zahnmedizin in der Bundeswehr. Und selbstverständlich gibt es auch in der Bundeswehr nur eine Zahnmedizin!

Worauf kam es Ihnen dabei noch an?

Für mich standen die Zusammenarbeit auf Augenhöhe und das kollegiale „voneinander Lernen“ im Mittelpunkt. Deshalb haben wir in den letzten Jahren unsere Kontakte und die Zusammenarbeit mit dem zivilen Gesundheitssystem weiter ausgebaut und intensiviert. Mittlerweile hat sich hieraus eine hervorragende Zusammenarbeit des Fachbereichs Zahnmedizin der Bundeswehr mit den Körperschaften, Standesorganisationen und wissenschaftlichen Fachgesellschaften entwickelt.

Sanitätsoffiziere arbeiten seit vielen Jahren in zahlreichen bundeswehrrelevanten Ausschüssen der Bundeszahnärztekammer mit, wie Internationales, Röntgen, Praxisführung, Telematik, Ausbildung und Hygiene. Ich selbst durfte durch regelmäßige Einladungen des Vorstands der Bundeszahnärztekammer die Sichtweisen und Interessen des Sanitätsdienstes einbringen, was sich besonders in Pandemiezeiten sehr bewährt hat. Für diese gelebte Einbindung bin ich sehr dankbar.

Auch im internationalen Bereich ist der Fachbereich Zahnmedizin der Bundeswehr gut mit seinen Partnern vernetzt, nicht nur auf NATO-Ebene. Ergänzend findet ein regelmäßiger Austausch unter anderem durch gegenseitige Einladungen zur Teilnahme an Veranstaltungen und Symposien statt.

Was wünschen Sie sich für die Bundeswehrzahnärzte in Deutschland in Zukunft?

Die Mundgesundheit in der Welt zu verbessern gehört tatsächlich nicht zu unseren Aufgaben, wir hätten dazu weder Kräfte noch Mittel. Wie in weiten Teilen der NATO wird auch in der Bundeswehr seit Jahren sehr erfolgreich ein zahnärztliches Risikoqualifizierungssystem in Form der sogenannten Dental Fitness Class (DFC) praktiziert und gelebt. Mir kommt es darauf an, diesen zielführenden Ansatz weltweit mit anderen Militärkollegen zu diskutieren und ihn als quasi natürlichen Anspruch jedes Soldaten weiterzugeben: Gesund beginnt im Mund!

„In den letzten Jahren hat sich eine hervorragende Zusammenarbeit des Fachbereichs Zahnmedizin der Bundeswehr mit den Körperschaften, Standesorganisationen und wissenschaftlichen Fachgesellschaften entwickelt.“

Für die Zahnmedizin in der Bundeswehr wünsche ich mir, dass diese die vor ihr liegenden Herausforderungen meistert und die Berufszufriedenheit durch einen kameradschaftlichen und kollegialen Umgang, ergänzt durch eine zeitgemäße materielle und infrastrukturelle Ausstattung – ich denke hier insbesondere auch an die IT –, weiter zunimmt. Wichtig ist hier die Zufriedenheit der zu versorgenden Soldaten. Ich wünsche mir weiterhin und gehe gleichzeitig davon aus, dass wir in die zivile zahnärztliche Community integriert bleiben. Wie in der zivilen Kollegenschaft gilt: Nur zusammen sind wir stark! 

Vielen Dank und alles Gute für Ihre Zukunft.

Anita Wuttke

Freie Journalistin

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