Studieren im Ausland

Zahnärztliche Ausbildung in der Volksrepublik China

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Die Autorin ist Kieferorthopädin an der Universität Nanjing, Volksrepublik China, und absolviert derzeit ein Austauschprogramm an der Poliklinik für Kieferorthopädie der Klinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg i. Br.. Im Folgenden berichtet sie über den Ablauf des Zahnmedizinstudiums in ihrem Heimatland.

Die Volksrepublik China, die aus 34 unabhängigen Provinzen besteht, ist eine sich rasant entwickelnde Nation und mit 1,3 Milliarden Menschen die größte Population der Welt. Jede Provinz ist Sitz eigener medizinischer Universitäten, an die jedoch nicht immer eine Zahnklinik angeschlossen ist. Am Beispiel der Jiangsu Provinz soll dieser Beitrag einen Einblick über die zahnmedizinische Ausbildung in China vermitteln.

Die Jiangsu Provinz liegt im Osten der Volksrepublik China etwa drei Autostunden von Shanghai entfernt. Sie umfasst eine Fläche von 1 026 000 km2 und eine Bevölkerung von rund 72 Millionen Menschen. Nanjing ist die Provinzhauptstadt; in dieser Stadt mit ihren fünf Vorstädten leben mehr als 70 Prozent der Bevölkerung. In der Provinz befinden sich sieben medizinische Universitäten, jedoch nur einer Universität ist eine Zahnklinik angeschlossen; diese liegt im Stadtzentrum Nanjings mit einem Einzugsbereich von 27,6 Millionen Einwohnern. Ausschließlich an dieser wird in der Provinz Zahnmedizin als Studienfach angeboten. Da jede Universität in China einige Eigenheiten besitzt, bestehen geringfügige Unterschiede im Ausbildungssystem der einzelnen Provinzen der Volksrepublik.

Studentenzahlen

Zum Studium der Zahnmedizin zugelassen werden jährlich zwischen 35 und 40 Studenten entsprechend ihrem Abschneiden in einer national durchgeführten Aufnahmeprüfung. Der überwiegende Teil der Studenten der Universität kommt aus der Jiangsu Provinz. Im Allgemeinen nehmen die Studenten das Studium im Alter von 18 Jahren auf. Eine chinesische Besonderheit nach der Aufnahme an der Universität ist ein allgemeiner, universitärer Einführungskurs und eine Art „Exerzierkurs“ von je zwei Wochen, in denen den Studenten die Grundzüge der Ausbildung an der Universität vermittelt werden. Die reguläre Studienzeit des Faches Zahnmedizin umfasst dann fünf Jahre. In diesem Zeitraum werden rund 220 Wochen Ausbildung absolviert; diese gliedern sich in 140 Wochen Vorlesungen und zahntechnische Laborarbeiten, eine 18-wöchige Examensphase und ein praktisches Jahr in einer zahnmedizinischen Klinik der Provinz; 37 Wochen hat der Student Semesterferien.

Mit Medizinern zwei Semester zusammen

Im ersten Studienjahr erfolgt die Ausbildung zusammen mit den Studenten der Humanmedizin. Mit Ausnahme im Fach Oralchirurgie, in welchem der Student kleine Eingriffe durchführen darf, erfolgt in den ersten vier Jahren keine praktische Ausbildung am Patienten, sondern lediglich die Vermittlung theoretischen Wissens. Die Ausbildung schließt ein Praktikum in einem allgemeinmedizinischen Krankenhaus mit den Fächern Innere Medizin, Chirurgie, Hals-Nasen-Ohrenheikunde ein.

Das Studium beinhaltet Pflichtfächer (etwa 37 bis 56 Wochen) und etwa 40 Wochen Wahlfächer. Gewährleistet wird der absolvierte Ausbildungsinhalt über ein Punktesystem. Den einzeln Fächern sind eine Anzahl von Punkten zugeordnet, die zum Examen vorgelegt werden müssen. Das Verhältnis Vorlesung zu praktischer Laborarbeit beträgt etwa 1:0,8. Das Studium der Zahnmedizin ist in den ersten vier Jahren nicht ausschließlich auf zahnmedizinische Themen ausgerichtet, etwa 30 Prozent des Studiums haben allgemeine Unterrichtsfächer, zum Beispiel Englisch und Computerlehre, zum Inhalt. Die Pflichtfächer umfassen medizinische Grund-(28 Prozent) und klinische Fächer (20 Prozent). Lediglich ein Fünftel der Pflichtfächer bis zum Examen widmen sich speziellen zahnmedizinischen Themen. Nach dem vierten Studienjahr legen die Studenten ein Examen über die Pflichtfächer orale Anatomie, Physiologie, Histologie, Pathologie, Endodontologie, welche die Fächer Parodontologie und Kinderzahnheilkunde einschließt, Kieferorthopädie, Kieferchirurgie, Prothetik, Radiologie und Prävention ab.

Das letzte Ausbildungsjahr absolviert der Student an einer der Zahnkliniken der Region Nanjing. In je 17 Wochen wird in den Abteilungen für Zahnerhaltung, welche die Fächer Endodontologie, Parodontologie und Kinderzahnheilkunde zusammenfasst, und den Abteilungen Prothetik und Oralchirurgie die Ausbildung praktisch vertieft. Die Behandlung erfolgt nach den Anweisungen eines Senior-Arztes; die notwendigen praktischen zahntechnischen Arbeiten werden vom Studenten durchgeführt. Die Kieferorthopädie wird als Fachdisziplin verstanden und umfasst mit 18 Stunden Vorlesungen und 18 Stunden Laborarbeiten nur eine sehr eingeschränkte Grundausbildung. Eine praktische kieferorthopädische Ausbildung am Patienten erfolgt nicht. Das Abschlussexamen setzt sich aus einem schriftlichen, mündlichen und praktischen Teil zusammen. Zusätzlich zu dem zahnmedizinischen Examen müssen die Studenten eine nationale Englischprüfung und einen Computertest der Provinz Jiangsu bestehen. Mit durchschnittlich 23 Jahren erhalten die Studenten nach dem Examen ein „Bachelor Degree“.

Berufsaussichten

Das Examen wird in der gesamten Volksrepublik anerkannt, nach dem Studium kann sich der graduierte Zahnarzt seinen zukünftigen Arbeitsplatz nach seinen Interessen selbst wählen. Die meisten Zahnärzte arbeiten in öffentlichen Kliniken. Zurzeit beträgt das Verhältnis Zahnarzt und zu betreuende Patienten 1:20 000. Nur eine sehr begrenzte Anzahl der Zahnmedizinabsolventen finden einen Platz in einer privaten Praxis oder eröffnet eine eigene Praxis. Unabhängig von der berichteten öffentlichen universitären Ausbildung besteht ein spezieller Ausbildungszweig an Zahnkliniken der Befreiungsarmee.

Dr. Wenjing Chenzurzeit Universitätszahnklinik FreiburgAbteilung KieferorthopädieHugstetterstraße 5579106 Freiburg i. Brg.

(übersetzt aus dem Englischen von Dr. Dr. Edmund Rose, Freiburg)

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