Mit welchen Tricks Banken Geldanleger umgarnen

Der Goldesel-Effekt

In ihrer Werbung wollen die Banken durch ihre kompetente Beratung alle wohlhabend und glücklich machen. Doch hinter den Kulissen geht es primär darum, möglichst viel vom akquirierten Kundengeld im Form von Provisionen, Gebühren oder Ausgabeaufschlägen für sich selber abzuzweigen.

Das Bankgewerbe gibt derzeit sehr viel Geld für Werbung aus. Die Deutsche Bank 24 etwa – unter diesem Namen spaltete die große Deutsche Bank AG eine Bank für die „kleinen Leute“ ab – lässt in ihrer Fernsehwerbung neuerdings keine Models, sondern Leute aus dem wahren Leben auftreten. Diese erzählen ihren Mitmenschen, dass sie es ganz toll finden, wenn sie sich am Computer mit einem Mausklick für Aktien, Optionsscheine oder auch Fonds ihrer Wahl entscheiden können. Alle Informationen seien im Internet so fantastisch aufbereitet und keiner rede ihnen rein.

So kaschiert man eine vielfach als wenig kompetent empfundene Bankberatung, was die Verbraucherverbände und auch die neutrale Stiftung Warentest dem Geldgewerbe regelmäßig testieren. So verkauft man aber auch Fonds und andere Wertpapiere mit Gebührenaufschlag, ohne eine persönliche, kostenaufwändige Einzelberatung geleistet zu haben. Eine geradezu geniale Werbestrategie: Der Kunde hat selbst gewählt und ist damit für seine Finanzentscheidung voll verantwortlich, vor allem, wenn sie ihn tief ins Minus führt. Und die Bank hat ohne teuren Personaleinsatz trotzdem verdient. Ob diese Werbemasche auch vom Gesetz getragen wird, werden wohl erst Musterprozesse entscheiden.

Andere Werbung, andere Szene: Die Sparkassen stehen nun mal in dem Ruf, die Geldinstitute der kleinen Leute zu sein. Das passt der Sparkassenorganisation aber nicht mehr ins Konzept. Die Kassen wollen wie die großen Geschäftsbanken ebenfalls an das wirklich große Anlagegeld kommen und womöglich mit der Elitekundschaft im Private Banking der Deutschen Bank konkurrieren. Also preisen die Sparkassen die Geldvermehrungsmöglichkeiten ihrer Fondstochter Deka an. Gewöhnliche „Leute wie Du und ich“, so lautet die maßlos übertriebene Werbebotschaft, können sich dank Deka-Fonds eines nur etwas fernen Tages sogar solche Wohlstandsträume erfüllen, die sich eigentlich nur ein Lottogewinner erlauben kann: Luxusimmobilie, Motoryacht oder gar ein Privatflugzeug.

„Mit Speck fängt man Mäuse“, lautet wohl hier das Werbekonzept. Wer auch nur ein wenig Erfahrung auf den Kapitalmärkten gesammelt und sein Lehrgeld dafür bezahlt hat, der weiß indes: Am Kapitalmarkt ist das große Geld entweder nur mit extrem viel Risiko in Form von Spekulation oder aber mit viel Zeit und Geduld zu verdienen. Wer als Frühpensionär die Luxus-Insignien der Sparkassen genießen möchte, sollte am besten mit der Einzahlung eines fetten Lottogewinns in die Fondsfirma Deka starten. Denn nur so könnten unter realistischen Bedingungen die Werbeversprechen in Erfüllung gehen.

Geldverleihen bringt kaum noch Geld

Das Bankgewerbe hat einen triftigen Grund, um Anlagekapital zu buhlen. Mit dem klassischen Bankgeschäft des Geldverleihens ist nämlich nicht mehr viel zu verdienen. Dank aggressiver Konkurrenz sind die Zinsmargen niedrig. Bei Hypotheken etwa sind die Institute schon froh, wenn ein halbes Prozent vom Nominalzins in ihre Kassen fließt. Und mit den ein oder zwei Prozent bei Geschäftskrediten ist auch kein Staat zu machen. Diese Margen decken kaum die Kosten für das teure Personal. Überdies sind Kreditgeschäfte für die Banken hoch riskant. Wird auch nur ein Großkredit notleidend, weil etwa der Kreditnehmer durch Insolvenz zahlungsunfähig geworden ist, frisst dieser Verlust womöglich den Zinsgewinn eines ganzen Jahres auf. Deshalb steuern die Geldinstitute ganz gezielt weitaus sicherere und lukrativere Gewinnquellen an: Provisionen aus der Vermittlung von Geldanlagen und Gebühren aus der Verwaltung von Geldvermögen.

Die deutschen Geschäftsbanken zieht es überdies ins Investmentbanking. Hier kassieren sie sichere Mammutprovisionen, unter anderem dafür, dass sie für Industriekunden Aktien oder Anleihen auflegen. Sie selber umgehen damit das Risiko des Geldverleihens. Das von den Großkunden benötigte Kapital wird dann – mit den entsprechenden Risiken – überwiegend bei Privatinvestoren abgeschöpft.

Die Investmentbank macht so ein sicheres Gebühren- und Provisionsinkasso. Der von der Bank geköderte und im Sinne der Investmentbanker beratene Kunde trägt jetzt das Risiko – und trägt selber ebenfalls sein Gebührenscherflein zum Provisionsaufkommen bei.

So wundert es nicht, wenn die Bilanzen der Banken mittlerweile einen höheren Provisionsüberschuss ausweisen als Zinsgewinne aus dem klassischen Bankgeschäft.

Verliert jedoch der Privatkunde wegen allgemeiner Katerstimmung an den Kapitalmärkten das Interesse an der Geldanlage, wird – wie derzeit der Fall – bei den Banken durch Personalabbau kräftig rationalisiert, damit der Gewinn durch Einsparung von Personalkosten möglichst erhalten bleibt.

Bankenschuld an der Börsenbaisse

Dass der Kapitalmarkt schon so lange und so schwerfällig am Boden liegt, haben nicht zuletzt die Banken in ihrer Geldgier mitverschuldet. Viele Aktionäre der Deutschen Telekom etwa erinnern sich noch gut, wie druckvoll ihnen von Seiten der Bankberater diese Papiere bei Mondpreisen zum Kauf empfohlen wurden. Die Aktienanalysten der Banken jubelten die Titel vom Neuen Markt in schwindelnde Kurshöhen hoch.

Dass die Analysten der Emissionsbanken von Hause aus befangen waren, spielte keine Rolle. Sie trommelten oft am lautesten für die Titel, die ihr Arbeitgeber selber an die Börse gebracht hatte. Was als „neutrale“ Analyse verkauft wurde, war nicht selten Eigenwerbung. Die Kunden aber vertrauten ihren Beratern und verloren viel Geld.

Kein Wunder, dass sich nun ehrenwerte Wirtschaftsmedien über das Bankgewerbe hermachen und ihrerseits analysieren, wie das Geldgewerbe mit seinem Goldesel Geldanleger umspringt.

„Bankräuber im Nadelstreif“, so betitelte unlängst das „Manager Magazin“ einen entsprechenden Großbericht und listete die Sünden der Banken auf: „Fehlberatung kaschieren“, „Klagen blockieren“, „Vertrauen missbrauchen“ oder „Urteile missachten“. Oder das Geldanleger-Magazin „Capital“ warnte letzten Dezember mit einer Titelgeschichte: „Vorsicht Bank“ und stellte im Vorspann klar: „Sie pflegen ihr Image vom neutralen Ratgeber. Tatsächlich gehorchen sie knallhartem Gewinnstreben.“

Wie können sich Geldanleger davor schützen, von der Bank ihres Vertrauens nur im Sinne der Bank beraten und über Gebühr zur Kasse gebeten zu werden? Die Antwort lautet: Vorsicht bei drei entscheidenden Stufen der Geschäftsanbahnung.

1. Die Beratung

Die Banken sind (wie auch jeder bankunabhängige Vermittler von Kapitalanlagen) verpflichtet, ihre Klientel über die Risiken des favorisierten Produkts voll aufzuklären und die konkrete Empfehlung der Finanzkraft des Interessenten anzupassen. Vor allem aber muss die Bank die Risikobereitschaft des Kunden analysieren.

Dazu legen die Berater vielfach ein vorbereitetes und nicht gerade in Klartext abgefasstes Formular zum Ankreuzen vor. Ehe der Bankkunde seine Kreuzchen macht, sollte er sich mit dem vorgelegten Dokument in eine stille Ecke zurückziehen, die Fragen sorgfältig lesen, sich Unklarheiten erläutern lassen und erst dann per Unterschrift seine Risikobereitschaft festlegen. Denn im Streitfall gibt das per Fragebogen definierte Risikoprofil oft den Ausschlag dafür, dass die Bank Recht hat und Recht behält. Daraus folgt das Urteil: Der Kunde ist selber schuld, wenn er Verluste hat. Denn er wurde das Opfer seiner Risikobereitschaft. Und der abgestrafte Anleger wundert sich, dass er so risikobereit sein konnte, wie ihm unterstellt wird. Auf folgende Gesichtspunkte sollte der Beratungsaspirant besonders achten:

• Nach Möglichkeit vermeiden, selbst Produkte, wie bestimmte Fonds oder Versicherungen, vorzuschlagen. Gewiefte Bankberater gehen sofort darauf ein und schildern nur noch die Vorteile dieser vom Kunden angesprochenen Produkte. Geht das Investment schief, heißt die Rechtfertigung der Bank: Wir können dem Kunden schlecht abschlagen, was er selber vorgeschlagen hat.

• Skepsis ist angebracht, wenn der Berater es versäumt, vor oder im Rahmen der Beratung die persönliche Finanzsituation des Klienten (Einkommen, Steuern, Schulden, Lebensstandard und sonstige Verpflichtungen) zu erforschen. Dieses gravierende Versäumnis ist ein Indiz dafür, dass der Berater möglichst schnell ein provisionsträchtiges Produkt, etwa eine fondsgebundene Lebensversicherung oder einen Dachfonds, verkaufen will. Er hat ja kein Interesse daran, feststellen zu müssen, dass eigentlich kein Bedarf nach einer Lebensversicherung besteht – oder schlimmer noch, dass sich der Kunde die Offerte des Beraters gar nicht leisten kann.

• Nach Möglichkeit einen neutralen Zeugen (also kein eng verwandtes Familienmitglied) zum Beratungsgespräch mitbringen und auch als möglichst sachkundigen Zeugen vorstellen. Dann bekommt der Berater Respekt und gibt sich womöglich mehr Mühe als sonst. Der Kunde sollte auch wissen: In der Regel werden alle Beratungsgespräche vom Berater protokolliert, damit die Bank bei Reklamationen den Sachverhalt wieder aufrollen kann.

Eine Kopie dieses Protokolls sollte sich der Beratungskunde aushändigen lassen, im Verweigerungsfall darauf bestehen, dass ein Protokoll üblich ist. Ansonsten selber ein Protokoll anfertigen und sich vom Berater unterschreiben lassen.

2. Der Prospekt

Für jedes Produkt der Kapitalanlage muss laut Gesetz ein entsprechender Prospekt aufgelegt werden, sei es nun ein Fonds, eine Neuemission von Aktien oder einer Industrieanleihe, sei es eine Aktienanleihe, eine Immobilie, die ein Bauträger errichtet, eine Wandelanleihe oder eine Kapitalerhöhung. Dieser Prospekt hat mit Werbung eigentlich nichts zu tun, auch wenn er sich oft wie ein nichts sagender Werbeprospekt liest. Dieser Prospekt ist vielmehr ein juristisch relevantes Dokument, in dem die Zielsetzung, der Charakter und vor allem die Risiken des vorgestellten Instruments zur Geldanlage bis in die Details hinein beschrieben sein sollten. Das wissen die Banken. Als Emissionshaus lassen sie in aller Regel auch dicke, schwer verständliche Prospekte auflegen. Doch die zur Risikobeurteilung wirklich relevanten Fakten fehlen zumeist. Ein Beispiel: Im Börseneinführungsprospekt des Nürnberger Discountbrokers Consors, herausgegeben von der Investmentbank GoldmanSachs und der Baden Württembergischen Bank war zwar vermerkt, dass Consors für die Kreditverpflichtungen der Muttergesellschaft Schmidt Bank zu haften habe. Aber eine Information darüber, wie hoch diese Verpflichtungen waren, fehlte.

Nun steht die Schmidt Bank wegen Überschuldung zur Disposition. Die Aktionäre des Jungunternehmens Consors haben das Nachsehen. Bei Prospekten sollte Folgendes beachtet werden:

• Auf jeden Fall genau studieren. Erklären lassen, was nicht verstanden wird. Auch wenn es Geld kostet, sollte bei einer wichtigen Anlageentscheidung der interessierte Investor den relevanten Prospekt von einem neutralen Fachmann, etwa dem Steuerberater oder einem auf Kapitalanlagen spezialisierten Juristen, prüfen lassen.

• Anlageprospekte nie wie Werbeprospekte mit dem Papiermüll entsorgen, sondern sorgsam aufbewahren. Sollte sich herausstellen, dass der Prospekt fehlerhaft oder an entscheidenden Stellen unvollständig war, kann der Emittent für eventuell entstandene Schäden haftbar gemacht werden. Der Prospekt ist somit wichtiges Beweismaterial.

• Gerade deshalb immer einen Prospekt anfordern, auch wenn er gerade (angeblich) nicht verfügbar ist und der Bittsteller vertröstet wird. Nie eine Anlage zeichnen, ohne im Besitz des Prospektes zu sein. Gerade wenn ein Prospekt nicht freiwillig ausgegeben wird, ist Vorsicht, ja sogar Skepsis geboten. Denn vorenthaltene Prospekte enthalten oft kritische, kaufabschreckende Inhalte.

3. Vermögensverwaltung

Wenn einige hunderttausend Euro im Spiel sind, bieten Banken und Sparkassen gerne an, dieses Vermögen als Ganzes zu verwalten und zu vermehren. Der Kunde muss sich um nichts mehr kümmern, er muss nur einen Verwaltervertrag und eine entsprechende Vollmacht unterschreiben. Im Vertrauen darauf, dass die Bank mit Fachkunde und Engagement zu Gunsten der versprochenen Geldvermehrung ans Werk geht, unterschreiben vermögende Bankkunden gerne diesen Verwaltervertrag. Er kostet in der Regel im Jahr (einschließlich Mehrwertsteuer) 1,74 Prozent vom gesamten Vermögenswert. Was die meisten Kunden nicht wissen und nicht einmal ahnen: Sie erteilen der Bank gleichsam eine Lizenz zur Geldvermehrung – im Sinne der Bank und nicht des Kunden. Denn das Depot besteht zumeist aus einer Vielzahl von Fonds.

Bei Fonds nämlich, vor allem denen aus dem eigenen Haus, lässt sich via Ausgabeaufschlag und verdeckter Fondsmanagementgebühr am meisten verdienen. Allein die Fondsmanagementgebühr und die Verwaltergebühr addieren sich auf jährlich rund drei Prozent vom angelegten Vermögen, die als Rendite nicht mehr in Erscheinung treten. Das Depot wird in der Regel zentral per Computer verwaltet und gesteuert. So ist es ein Leichtes, eine Vielzahl von Depots umzuschichten – nach den Bedürfnissen der Bank und nicht des Kunden. Die Masse der Fonds wird mit vermeintlicher Risikostreuung gerechtfertigt. In Wirklichkeit steht dahinter eine bewusst gewollte Risikovermehrung. Denn wer viele Fonds im Portfolio hat, denaturiert das Fondsprinzip. Wer gar so viele Fonds besitzt wie an Einzelaktien vertretbar wäre, hat eine entsprechende Zahl an Ausfällen, die natürlich immer wieder provisionsträchtig bereinigt werden müssen. Fällig werden dabei immer wieder fünf Prozent Ausgabeaufschlag, die vom Vermögen abgezogen werden.

Mit anderen Worten: Will die Bank beispielsweise ihren Quartalsgewinn erhöhen, um ihre eigenen Aktionäre bei Laune zu halten, genügen ein paar Computerbefehle, um die Provisionskasse aus den verwalteten Depots heraus nennenswert aufzubessern. Und wenn die Bank neue Fonds auflegt, sind die verwalteten Vermögen die ersten, die diese Neulinge per Computerbefehl zeichnen. Ein erfahrener Investor hingegen würde solche Blankoschecks auf die Zukunft nie in sein Portfolio einbuchen. Dreister noch: Bleiben etwa die Investmentbanker des Instituts auf einer unattraktiven Industrieanleihe oder auf Emissionspapieren sitzen, die niemand mehr kaufen möchte, bieten sich die verwalteten Depots als Müllschlucker an.

So kommt so mancher vermögende Geldanleger nach einigen frustrierenden Jahren zu der Erkenntnis: Außer Spesen nichts – oder nicht viel – gewesen.

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