Recht und Kosten

Gebühren sind Anwalts Liebling

Wer einen Rechtsanwalt zu Rate oder gar vor Gericht ziehen muss, gerät nicht selten in eine Kostenfalle. Durch die Wahl eines qualifizierten und engagierten Anwalts lässt sich zumeist ein Kostendilemma vermeiden. Vor allem aber: gezielt prüfen und testen, bevor man sich mit einer Vollmacht bindet.

In die Rechtsberatung gehen die meisten Mandanten genauso ahnungslos wie in die Anlageberatung. Oft mit einem großen Vertrauensvorschuss, aber doch mit einem mulmigen Gefühl im Magen, treffen sie in der Regel nur auf Grund vager Empfehlungen oder auch anhand der „Gelben Seiten“ ihre Expertenwahl. Ohne es zu wissen oder auch nur zu ahnen, werden die Rat Suchenden das Opfer einer perfiden Ausbeutung.

In der Anlageberatung zahlt der Laieninvestor zumeist viel Lehrgeld, ehe er merkt, dass von einer schön geredeten Rendite recht hohe Kosten abgehen, die sich großenteils beim Berater als Provision niederschlagen. Oder die Beratung besteht primär darin, ein eingerichtetes Wertpapier-Portfolio immerfort umzuschichten. Hinter dem vermeintlichen Engagement des Beraters verbirgt sich entweder Inkompetenz oder, was wohl am häufigsten auch und gerade bei Banken zutrifft, die Absicht, einen nie abreißenden Strom an neuen Vermittlungsprovisionen zu generieren.

Eine kostenträchtige Anlageberatung kann man schnell abstellen. Eine auf Gebühren schinden ausgerichtete Rechtsberatung hingegen kann fatale, oft Existenz entscheidende Folgen haben. Und sie kann sich über Jahre hinziehen. Denn wer wechselt schon mitten in einem Rechtsstreit den Anwalt? Glaubt ein Mandant, dass er schlecht bedient und womöglich sogar abgezockt wird, muss er notgedrungen durchhalten, wenn er bei einem bleibend ungewissen Prozesserfolg schier uferlose Kosten vermeiden möchte.

Deshalb ist es entscheidend, von vorn herein einen kompetenten und vertrauenswürdigen Anwalt zu engagieren. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung eine Expertenkommission eingesetzt hat, um eine neue Gebührenverordnung auszuarbeiten. Der Vorschlag der Experten sieht vor, die Gebühren der Rechtsberatung um bis zu 50 Prozent zu erhöhen. Der Expertenvorschlag soll noch vor der Bundestagswahl im September dieses Jahres als Gesetz verabschiedet werden.

Trotz der geplanten Verteuerung der Rechtsberatung sieht der Gesetzentwurf auch eine sinnvolle Wohltat vor: Die Höchstgrenze für das Erstberatungshonorar wird (wahrscheinlich) von derzeit 175 Euro auf etwa 100 Euro gesenkt. Damit tragen auch die Experten der Tatsache Rechnung, dass für den Recht Suchenden die Wahl des richtigen Anwalts von entscheidender Bedeutung ist. Jeder, der ein Rechtsproblem hat, sollte sich auf der Grundlage der verbilligten Erstberatung nicht scheuen, mehrere Anläufe zum Aufspüren eines fachkompetenten und zugleich vertrauenswürdigen Rechtsanwalts zu unternehmen. Mit dieser Investition und dem damit verbundenen Zeitaufwand lassen sich womöglich horrende Folgekosten sparen.

Kriterien

Doch wie findet man den Anwalt, auf den man sich verlassen kann? Hierfür gibt es einigermaßen verlässliche Auswahlkriterien:

Vertrauenerweckendist, wenn der Kandidat schon am Telefon Bereitschaft zeigt, sich auf die geschilderte Rechtsmaterie einzulassen und sich nicht scheut, zumindest grob skizzierte Lösungsvorschläge zu formulieren. Das ist jedenfalls ein Indiz für Fachkunde, Rechtspraxis und Umgänglichkeit. Ein erfahrener Anwalt weiß, dass er mit ebenso nützlichen wie ehrlichen Telefonauskünften samt möglichen Lösungsvorschlägen einem Mandanten in spe entscheidend weiterhilft.

Skepsisist angebracht, wenn sich ein Anwalt beim telefonischen Erstkontakt nicht auf ein Problemgespräch einlässt und auf einen Termin in seinem Büro drängt. Ablehnen sollte man Anwälte, deren Kompetenz und Reputation man nicht kennt, die den telefonischen Erstkontakt mit potenziellen Mandanten gar nicht erst zulassen, sondern lediglich über Mitarbeiter eine Terminvereinbarung organisieren lassen. Solche Rechtsanwälte nehmen ihre Mandanten auch später in aller Regel nicht richtig ernst.

Ablehnungist anzuraten, wenn ein Anwalt beim ersten persönlichen Beratungsgespräch in seinem Büro gar nicht erst auf die Möglichkeit der pauschal zu entgeltenden Erstberatung zu sprechen kommt, wenn er sogleich den Formularblock zückt, um sich eine Vertretungsvollmacht unterschreiben zu lassen. Dann soll der Rat Suchende gleich mit einer Fehlberatung in die Mandantschaft einsteigen. Denn ist die Vertretungsvollmacht erteilt, gab es gar keine Erstberatung. Es gilt nicht mehr die Pauschale, sondern der Streitwert. Anwälte, die so verfahren, zeigen sich gleich zu Beginn als künftige Gebührenraffer.

Erstberatung

Auch an der Qualität der Erstberatung lässt sich ablesen, ob von einem Anwalt eine faire und fachkundige Beratung und Betreuung zu erwarten ist:

Positivzu werten ist, wenn der Angesprochene nach Kenntnis der Sachlage ohne große Umschweife auf die Kosten zu sprechen kommt. Die Prozessgebühren richten sich nach dem Streitwert. Das Anwaltshonorar jedoch lässt sich nach Aufwand in Form von Stunden abrechnen oder ebenfalls nach Streitwert. Ist der Streitwert gering, kann dies für den Mandanten die kostengünstigere Berechnungsbasis sein. Ist er hoch, fährt der Mandant womöglich besser, indem er die aufgewandte Zeit abrechnen lässt (pro Stunde im Schnitt 150 Euro). Für die Vertrauenswürdigkeit eines Anwalts spricht, wenn er selbst die für den Mandanten kostengünstigere Berechnung seines Honorars vorschlägt.

Vergleichvon Aufwand und Nutzen: Ein ehrenwerter Anwalt weist gleich beim Erstgespräch ungefragt auf die Risiken und die Gefahren eines geplanten Rechtsstreites hin. Er vergleicht Aufwand und Nutzen und macht womöglich sogar den Vorschlag einer Mediation, einer Einigung der streitenden Parteien ohne Anrufung eines Gerichts. Daran würde er – in der Regel – am wenigsten verdienen, dem Mandanten aber womöglich am besten helfen.

Ein Hinweisfür Engagement und Leistungsbereitschaft ist es auch, wenn ein kontaktierter und noch nicht fest engagierter Anwalt für sein pauschales Erstberatungshonorar ungebeten die entscheidenden Beratungsergebnisse im Rahmen eines Protokolls schriftlich präsentiert.

Kontinuierliche Kontrolle: Auch wer einen Anwalt engagiert hat und von ihm einen Rechtsstreit führen lässt, sollte sich nicht scheuen, dessen Einsatz, Kompetenz und die Kosten, die er verursacht, kontinuierlich zu kontrollieren. Denn ein erteiltes Mandat zu kündigen, kann äußerst kostspielig werden, da der engagierte Anwalt einen Anspruch darauf hat, die bis zum Zeitpunkt der Kündigung angefallenen Gebühren zu kassieren. Und der neue Anwalt berechnet Gebühren für die Einarbeitung in den Fall. Macht allerdings ein engagierter Anwalt Fehler, kann der Mandant nicht nur Honorarzahlungen verweigern, er kann sogar Schadensersatz verlangen. Und Fehler macht ein Anwalt, der auf verstecktes Gebührenschinden aus ist, gar nicht so selten. Ohne viel Aufhebens stehen solche Fehler in trockenem Juristendeutsch vielfach sogar im Urteil. Wird etwa eine Klage als „unzulässig“ abgewiesen, wurden womöglich Fristen ganz außer Acht gelassen oder versäumt. Vielleicht war sogar Verjährung im Spiel, weshalb die angestrengte Klage von vornherein aussichtslos war. Bei Regressfällen, so weiß die Allianz-Versicherung als größter Haftpflichtversicherer für Juristen, sind „fast die Hälfte“ der vor Gericht verhandelten Fälle wegen Verjährung oder Fristversäumnis aussichtslos.

Vergaloppiert

Hellhörig sollte ein Mandant auch werden, wenn sein Anwalt bei Gericht den Antrag auf „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ stellt. Dann bittet er in den meisten Fällen gleichsam um Gnade, weil er eine wichtige Frist versäumt hat; ein Fehler, der einem gut organisierten Anwalt nicht passieren darf. Weist ein Gericht den Rechtsvertreter eines Klägers darauf hin, seine Anträge zu ändern oder besser ganz zurück zu ziehen, ist auch dieser „Wink mit dem Zaunpfahl“ ein Hinweis darauf, dass sich ein Anwalt womöglich zum Schaden und zu Lasten des Mandanten juristisch vergaloppiert hat. Auch wenn eine Klage in der Urteilsbegründung mit Worten wie „abwegig“ oder „unsinnig (aber kostenpflichtig) abgewiesen wird, dürfte es sich lohnen, einen neutralen Gutachter einzuschalten, der hinter diesen Argumenten eines Richters Rechtsfehler des beauftragten Anwalts ermittelt.

Schwer zu beweisen ist indes, ob ein Anwalt in der Erstinstanz eine Klage bewusst so schlampig vertreten hat, dass er einen für den Kläger negativen Urteilsspruch geradezu provozieren musste. Ein Grund hierfür liegt auf der Hand: Berufung einlegen, um in etwa die gleichen Gebühren noch einmal kassieren zu können. Letztlich hat ein derart taktierender Anwalt sogar einen dankbaren Mandanten in seiner Kartei, der nicht einmal zahlen muss. Eine solche Dreistigkeit können sich Anwälte nur dann erlauben, wenn eine Klage juristisch klar auf Gewinnen programmiert ist. Das erstinstanzliche Verlieren wird geschickt inszeniert, indem etwa entscheidende Beweismittel zunächst aus dem Spiel gehalten und später dann unter spektakulären Umständen in den Prozess eingebracht werden.

Aufklärung

Ein schadenersatzpflichtiger Fehler des Anwalts liegt auch dann vor, wenn er seinen Mandanten nicht voll über die negativen Folgen eines Rechtsaktes aufklärt. So ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom November vergangenen Jahres (Aktenzeichen IX ZR 64/01) ein Rechtsanwalt auch dazu verpflichtet, seinen Mandanten auf die nachteiligen Aspekte eines Vergleichs unter den streitenden Parteien hinzuweisen. Das gilt selbst dann, so betonten die Bundesrichter in ihrem Urteil, wenn ein Anwalt der Meinung ist, das Äußerste für seinen Mandanten erreicht zu haben. 

Der langjährige Autor unserer Rubrik „Finanzen“ ist gerne bereit, unter der Telefon-Nr. 089/64 28 91 50Fragen zu seinen Berichten zu beantworten.Dr. Joachim KirchmannHarthauser Straße 2581545 München

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