Kariesforschung in Deutschland

Präventionsforschung vor dem Aus: Zahnärzte protestieren

Im neuen ungeliebten Gesetz steht es schwarz auf wei : Die Pr vention soll mehr Beachtung finden . Was passiert? Die leeren Kassen im Land Th ringen ben kaskadenm ig Druck von oben nach unten aus, mit dem Ergebnis, den einzigen und letzten Lehrstuhl f r die Bundesrepublik (C3) schlie en zu wollen. Steht die Prophylaxeforschung in Deutschland jetzt vor dem Aus?

Alle zahnmedizinischen Fachverbände, gesundheitspolitische Organisationen sowie die Bundeszahnärztekammer haben sich kurzerhand zusammengeschlossen, um die bevorstehende Schließung des letzten Präventionslehrstuhls an einer deutschen Universität zu bekunden. Sie gingen am 23. September 2003 in Berlin vor die Presse, um die Entscheidungsträger, nämlich das Land sowie die Ministerin, und die Öffentlichkeit auf die Wichtigkeit der Existenz dieser Facheinrichtung an der Universität zu Jena zu informieren und schließlich zur Entscheidungsänderung zu bewegen.

Der Hintergrund:

In der Bundesrepublik Deutschland hat sich die Mundgesundheit auf Grund intensiver Aufklärungsarbeit duch Zahnärzte, Medien, Krankenkassen und Verbände, wie die Bundeszahnärztekammer, in allen Bereichen erheblich verbessert. In einer vor wenigen Jahren von der DAJ ( Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege) vorgelegten Studie konnte ein Rückgang der Karies um 30 bis 70 Prozent bei Kindern und Jugendlichen dargelegt und neben der Gruppenprophylaxe mit der breiten Verfügbarkeit von Fluoriden sowie der Individualprophylaxe, insbesondere der Fissurenversiegelung, begründet werden. Die vom Institut der Deutschen Zahnärzte 1997 durchgeführte DMS III-Studie kam zu vergleichbaren positiven Ergebnissen. Bei der genauen Analyse all dieser Zahlen fällt auf, so Priv. Doz. Dr. Norbert Krämer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde, Erlangen, dass Karies vornehmlich in sozial schwachen Regionen auch heute noch ein großes Problem darstellt. Die Ursachen und Veränderungen am kindlichen sowie jungendlichen und auch erwachsenen Gebiss intensiv zu erforschen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, dafür ist die Hochschule der Dreh- und Angelpunkt. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass gerade Erfurt/Jena, der in Deutschland als inzwischen einziger Lehrstuhl für Präventive Zahnheilkunde gilt, eine künftig noch viel wichtigere Bedeutung zukommen wird. Gemäß dem Paradigmenwechsel in der Zahnheilkunde stehen Therapie und Zahnerhalt weit vor dem Zahnersatz, so Krämer. Das unterstreicht auch Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, anlässlich der Pressekonferenz im Bundespresseamt in Berlin, zu dem alle großen führenden Printsowie TV-Medien anwesend waren: „Die Bundeszahnärztekammer stellt im Interesse der Stärkung der Prävention an die Wissenschaft die Forderung nach vermehrter Versorgungsforschung, Evidenzbasierung präventiver Interventionssysteme, Erforschung von biologisch-medizinischen Determinanten oraler Erkrankungen sowie Erforschung der Lebensqualität hinsichtlich der oralen Gesundheit.“

Der Tatbestand:

Der Lehrstuhl für Präventive Zahnheilkunde in Erfurt/Jena besitzt seit 20 Jahren den Status als Kollaborationszentrum „Prevention of Oral diseases“ und genießt international eine hohe wissenschaftliche Reputation. In dieser in Deutschland einmaligen Forschungsstätte werden erfolgreich die wissenschaftlichen Grundlagen der Epidemiologie, des Risikos und der präventiven Strategien von Karies untersucht und international wegweisend publiziert. Ebenso verfügt dieser Lehrstuhl über eine der drei weltweit etablierten Telemetriestationen, die zur Prüfung von zahnfreundlichen Süßwaren durch die Aktion Zahnfreundlich e.V. vonnöten ist. Die nun vom Land Thüringen über den langen Arm des Studiendekans der Medizinischen Fakultät Erfurt/Jena verhängte Schließung des Lehstuhls trifft nicht nur die Präventivforschung alleine, sondern der Lehstuhl soll von 19 auf nunmehr 3,6 Kräfte zurückgefahren werden. Dass eine vollständige Schließung beziehungsweise diese avisierte überdrastische Reduktion politisch nicht verantwortbar ist, wurde auf Grund der Statements der bei der Pressekonferenz anwesenden Vertreter der Hochschullehrer, der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) sowie der European Federation for Conservative Dentistry (EFCD) und der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung äußerst deutlich.

Das deutsche Ziel:

Der Lehrstuhl für Präventive Zahnerhaltung ist für die bundesdeutsche Zahngesundheit unbedingt zu erhalten. Kariesforschung kann ohne epidemiologische und grundlagenspezifische Parameter nicht erfolgen. Denn die deutsche Zahnärzteschaft verfolgt seit acht Jahren (bislang sehr erfolgreich) das Ziel: Prophylaxe ein Leben lang!

Wenn schon reduzierte Landesmittel es nicht mehr zulassen, dass ein Institut, das als einziges in der Bundessrepublik Deutschland Grundlagenforschung für die Deutsche Zahngesundheit betreibt, überlebt, dann soll doch wenigstens der Bund dafür Sorge tragen, dass eine derart wichtige und einzigartige Forschungsinstitution über Bundesgelder finanziert wird!

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