Schlaflabor hautnah

Testschlaf im Kabelpyjama

Ein zm-Redaktionsmitglied hat eine Testnacht im Schlaflabor verbracht und Folgendes erlebt:

18 Uhr: Freundlicher Empfang in der Herner Haranniclinik. Hier werden meine persönlichen Daten aufgenommen, Fragen zum Alter und Gewicht fallen freundlicherweise unter den Tisch, geht es ja nur um einen Testschlaf. Damit die Leser auch genau erfahren, was hier vor Ort mit ihnen geschehen würde, wenn sie ihren Schlaf „mal so richtig durchchecken“ lassen würden.

18.15:Krankenhausatmosphäre kommt gar nicht erst auf, als ich in das Zimmer geführt werde, das heute Nacht das meine sein soll. Einrichtung und Standard halten bei Weitem dem stand, was Manager und Vieldienstreisende bundesweit so kennen. Nun geht’s zur Untersuchung. Die freundliche Chefärztin nimmt sich viel Zeit. Schlafgewohnheiten, Vorerkrankungen, sonstige Kleinigkeiten, die ich bisher noch gar nicht so wahrgenommen habe, kommen auf den Tisch wie: „Schlafen Sie im Zug oder vor dem Fernseher ein?“. Alter und Gewicht werden nun doch zum Thema. Die vielen Kreuze auf dem langen Fragebogen erklären einiges, den Rest fragt sie unerbittlich ab.

19.30:Es geht zur Blutabnahme. Eine zarte Hand sticht kräftig zu, aber die freundlichen Worte lenken mich ab. Auch für den Hunger ist gesorgt. In netter Atmosphäre und in Gesellschaft meiner Mitschläfer, heute Nacht werden es acht sein, kann ich mich zwischen den Leckereien kaum entscheiden. Alkohol ist tabu.

20.30:Die Ärztin schaut noch mal vorbei, Blutdruck, Abhören, Bauchinspektion.... Sie scheint recht beruhigt. Ich frage viel, sie gibt geduldig Antwort.

21.00:Die Nachtschwester kommt, rollt mit gekonntem Griff eine Art „Apparatearsenal“ aus dem Schrank, das ich bisher noch nicht entdeckt habe.

Es geht los. Sie legt unendlich viele Kabel (genau 17!) bereit, entfernt die Einmalhüllen von den Sensoren und greift zur „Klebepaste“. Neben dem EKG, befestigt sie eine EEG-Ableitung. Dann werden seitlich der Augen Sensoren zur REM-Schlafmessung fixiert, Kiefergelenksbewegungen werden aufgezeichnet (damit erkennt man den nächtlichen Bruxisten). Unter der Nase kleben die Atem-„stromfühler“. Am Kehlkopf schwebt unmerklich das Mikrophon, das auch jeden kleinsten nächtlichen Grunzlaut mitbekommt und die Infrarotkamera an der Wand gibt über jeden nächtlichen Aktivismus Auskunft. Die Beine werden verkabelt, denn, so meint die Chefärztin Dr. Burmann-Urbanek, wir haben hier auch schon manchen Patienten mit so genannten „unruhigen Beinen (restless Leg-Syndrom) entdeckt. Zum Abschluss gibt’s den Sauerstoffmesser an den Finger und die Schelle in greifbare Nähe, denn ein Aufstehen ist mit diesem Kabelsalat ohne Hilfe nicht möglich.

22.30:Wir testen die einzelnen Funktionen. Über Mikrophon aus dem Nachbarzimmer, wo meine Werte direkt auf dem Monitor landen, werde ich angewiesen, die Augen zu bewegen, ein- und auszuatmen, zu schnarchen und vieles mehr. Das dient der Eichung und Funktionsüberprüfung der Verkabelung. Nun geht es los. Sechs Stunden mindestens. Macht nichts, ich bin müde und schlafe ein. Irgendwann werde ich wach, beim Drehen merke ich an den Kabeln, wo ich bin. Ich nicke wieder ein. Mitten in der Nacht eine freundliche Stimme: „Legen Sie sich bitte mal auf den Rücken“. Eine Sonde wird neu fixiert, ich merke es kaum. Falle in einen traumlosen Schlaf....

6.30:Ein freundliches Gesicht holt mich aus Abrahams Schoß und befreit mich von den Kabeln. Herrlich, so schlauchlos unter der Dusche zu stehen.

Im Foyer wartet schon die dampfende Tasse Kaffee und ein frisches Brötchen. Mit den Mitschläfern tausche ich meine ersten Eindrücke aus und erfahre, dass der eine oder andere „aus wirklich ernsthaften Gründen“ hier ist. Einer von beiden hatte, so berichtet er, bei der letzten Überwachung etwa 75 Atemaussetzer pro Stunde. Unter der eigens für ihn angepassten Atemmaske, mit der er heute die Nacht verbracht hat, soll es nun besser werden. Seine Auswertungen werden gleich zeigen, ob sich die bisherigen Anstrengungen gelohnt haben. So auch bei mir. Dr. Burmann-Urbanek geht mit mir am Monitor alle einzelnen Schlafphasen durch. Anfangs sehen die Linien für mich aus wie auf einem Schnittmusterbogen. Aber bald kann ich sehen, wie oft der Tiefschlaf unterbrochen wurde, wie lange ich wach lag, wie die Sauerstoffsättigung aussah und ob der Kiefer bruxiert hat. „Alles im Grünen Bereich, bei Ihnen!“. Aber von wegen traumlos – sie zeigt mir anhand einiger schwarzer dick geschriebener Linien, dass ich doch mehrere Male über einen längeren Zeitrum von etwas sehr Schönem geträumt haben muss... „Hier haben wir das Schwarz auf Weiß!“.

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