Recycling von Elektromül

Wegwerfen verboten

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Elektroschrott landet bei uns in der Regel unsortiert im Müll. „Ab in die Tonne“ ist aber bald nicht mehr erlaubt. Ab Ende März 2006 gilt in Deutschland das Elektrogesetz: Neue Geräte sollen umweltfreundlicher werden, alte muss der Hersteller kostenlos zurücknehmen und recyceln.

Ohne PC, Toaster, Fernseher oder Staubsauger sind wir aufgeschmissen – elektronische Geräte sind aus unserem Alltag schlicht nicht mehr wegzudenken. Doch der Fortschritt hat auch eine Kehrseite: Die Firmen entwickeln immer schneller neue Produkte – ausgediente Ware kommt einfach auf den Schrottplatz.

Steigende Berge aus Elektromüll

Das neue Elektrogesetz ist daher die Antwort auf die stetig steigenden Berge aus Elektromüll. Von 1992 bis 2000 wuchs allein in Deutschland der Schutthaufen von 1 188000 auf 2099000 Tonnen und hat sich damit fast verdoppelt. Davon wird mit rund 400 000 Tonnen freilich nur wenig getrennt gesammelt. Richtet man den Blick auf ganz Europa, sieht die Lage ähnlich aus: Neun von zehn Altgeräten verrotten auf Deponien, werden verbrannt oder ohne jegliche Vorbehandlung wiederverwertet. Jeder EU-Bürger produziert im Schnitt 17 bis 20 Kilo Elektroschrott – Tendenz steigend.

Mit einem Anteil von nur etwa einem Prozent am Gesamtabfall sind die Elektroreste zwar vergleichsweise unbedeutend. Dennoch besteht Handlungsbedarf: Wertvolle Rohstoffe gehen verloren, hohe Abfallgebühren entstehen, giftige Stoffe belasten Umwelt und Gesundheit. Ständig anwachsende Siedlungsabfälle mit einem hohen Anteil prinzipiell recycelbarer Stoffe belegen nämlich nicht nur in beängstigender Geschwindigkeit den knappen Deponieraum, sondern verschmutzen wegen ihrer Schadstoffe auch noch Luft und Trinkwasser.

Diesen Trend will das Gesetz stoppen: Bezogen auf ganz Deutschland sollen künftig mindestens vier Kilogramm pro Einwohner gesammelt und recycelt, drei Viertel davon wiederverwendet oder -verwertet werden. Gesundheits- und umweltschädliche Schwermetalle wie Cadmium, Blei, Quecksilber und bestimmte Flammschutzmittel werden ab Juli 2006 komplett verboten, seit Mitte August dürfen sowieso nur noch solche Produkte in Umlauf gebracht werden, die auch wiederverwertet werden können. Damit der Verbraucher weiß, dass er Neugeräte nicht einfach unsortiert entsorgen darf, sind diese Waren außerdem mit einer durchgestrichenen Tonne gekennzeichnet.

Die Wirtschaft in der Pflicht

Verantwortlich für das Recycling ist die Wirtschaft. Sie registriert ab März 2006 alle Hersteller und Importeure und holt auch die Altgeräte ab. Das von ihr extra eingerichtete „Elektro-Altgeräte Register“ in Fürth soll dafür sorgen, dass Produzenten, Importeure und Händler entsprechend ihren Marktanteilen für den gesammelten Elektroschrott haften.

Egal, wann die Altgeräte auf den Markt gebracht wurden: Die Hersteller tragen die Kosten für Entsorgung und Recycling. Wer sich nicht registrieren lässt, darf nichts mehr auf den Markt bringen. Die Sammelstellen bleiben dagegen weiter in der Hand der Kommunen, müssen allerdings ab nächstem März für die Bürger kostenlos sein. Verbraucher in der EU können ausgediente PCs, Kühlschränke und andere Altelekronik freilich schon jetzt kostenlos bei der Anschaffung eines neuen Geräts zurückgeben. Oder aber sie bringen die aussortierten Teile direkt in das Geschäft zurück, wo sie gekauft wurden – ohne die Verpflichtung, dort ein neues Gerät zu kaufen. Jährlich etwa 500 bis 900 Millionen Euro wird es kosten, die Richtlinie umzusetzen, schätzt die EU. Davon entfallen 300 bis 600 Millionen Euro auf die Sammlung und 200 bis 300 Millionen Euro auf Verwertung, Wiederverwertung und Recycling. Die EU rechnet für die meisten elektrischen und elektronischen Geräte mit einem Preisanstieg von einem Prozent, für Kühlschränke, Fernseher und Monitore von zwei bis drei Prozent.

Mit dem Elektrogesetz setzt das Land zwei im Jahr 2003 verabschiedete EU-Richtlinien um. Während die WEE (Waste Electric and Electronic Equipment) mit Sammel- und Recyclingvorgaben die Schrottmenge eindämmen soll, gibt die RoHS (Restriction of Hazardous Substances in Electrical and Electronical Equipment) Stoffverbote vor, um die Umwelt- und Gesundheitsbelastungen zu verringern und das Recycling zu erleichtern. Brüssel geht es also darum, die Hersteller zu einer umwelt- und recyclinggerechten Produktgestaltung zu bewegen und zudem den Umweltschutz europaweit zu vereinheitlichen.

Eigentlich sollte das Elektrogesetz schon zum 13. August 2004, also genau ein Jahr früher, verabschiedet werden. Die kostenlose Rücknahme hätte dann bereits zum 13. August diesen Jahres gegolten.

Aber was auf dem Papier so einfach klang, verlief in Wirklichkeit dann doch komplizierter und dauerte länger.

Anders als beim Dosenpfand brachten die Verbände jedoch schon früh eigene Ideen ein und stellten ihre Produktion auf die neuen Anforderungen um. Außerdem hatte Marktriese Japan bereits ähnliche Vorgaben festgeschrieben – die Industrie musste sich ohnehin umstellen, wollte sie mithalten.

Brüssel setzt auf Kompromisse

Die EU setzt auf Kompromisse: Da die Unterschiede in den Mitgliedsstaaten von bereits laufenden Systemen – etwa in Holland, Belgien und Schweden – bishin zum Null-Recycling reichen, beschränkt sie sich an etlichen Stellen auf Mindestansprüche.

International tätige Unternehmen müssen sich darum allein in der EU mit rund zwei Dutzend nationalen Regelungen auseinander setzen – neben weiteren beispielsweise in der Schweiz, Norwegen, Korea oder Japan.

Ob die Verbraucher mitmachen, wird sich zeigen. Nehmen sie das Wegwerfverbot künftig ernster als erwartet, könnte die Versuchung steigen, den Schrott auf illegalem Wege zu entsorgen.

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