Praxisgründung 2004

Trend zur Gemeinschaftspraxis bei jüngeren Zahnärzten

Seit 1984 analysiert das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Kooperation mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank jährlich das zahnärztliche Investitionsverhalten bei der Niederlassung. Der folgende Beitrag dokumentiert die wichtigsten Ergebnisse für das Jahr 2004.

Die Zahl der Zahnärzte, die ihre Praxis aufgaben, verharrte ebenso wie die Zahl der Existenzgründungen im Jahr 2004 auf dem Vorjahresniveau. Knapp 1 400 Zahnärzte schieden aus dem Berufsleben aus. Gleichzeitig entschieden sich etwa 1 850 Zahnärzte für den Schritt in die Selbständigkeit.

Die Verteilung zahnärztlicher Existenzgründungen auf die Einzelpraxisneugründung, die Einzelpraxisübernahme und die Gemeinschaftspraxis blieb in den alten Bundesländern im Vergleich zum Vorjahr relativ stabil. Der Anteil der Einzelpraxisneugründungen nahm um zwei Prozentpunkte ab, während sowohl der Anteil der Einzelpraxisübernahmen als auch der Anteil der Gemeinschaftspraxen um jeweils einen Prozentpunkt auf 45 Prozent beziehungsweise auf 29 Prozent stieg. In den neuen Bundesländern erhöhte sich der Anteil der Einzelpraxisübernahmen gegenüber dem Vorjahr deutlich um zehn Prozentpunkte; der Anteil der Gemeinschaftspraxen sank hingegen um sechs Prozentpunkte (vergleiche Abbildung 1).

Übernahme dominiert

In Westdeutschland war die Übernahme einer Einzelpraxis im Jahr 2004 mit einem Anteil von 45 Prozent nach wie vor die dominierende Niederlassungsform. In Ostdeutschland wählten im Jahr 2004 sogar 82 Prozent der Zahnärzte diese Existenzgründungsform als Start in die Freiberuflichkeit. Der Anteil der Einzelpraxisneugründungen in den neuen Bundesländern ist seit 1999 deutlich von 47 Prozent auf aktuell zehn Prozent gesunken. Gemeinschaftspraxen haben in Ostdeutschland mit einer Quote von acht Prozent nach wie vor eine deutlich geringere Bedeutung als in Westdeutschland. Die Unterschiede im Verteilungsmuster zwischen Ost- und Westdeutschland waren auch in 2004 immer noch deutlich erkennbar.

Das Durchschnittsalter der zahnärztlichen Existenzgründer in Westdeutschland betrug zum Zeitpunkt der Niederlassung 35,4 Jahre, in Ostdeutschland 33,7 Jahre. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Altersstruktur waren weniger ausgeprägt. Die männlichen Existenzgründer waren im Durchschnitt 35,5 Jahre alt und damit lediglich ein halbes Jahr älter als ihre Kolleginnen. Die gewählte Form der zahnärztlichen Niederlassung variiert je nach Alter des Existenzgründers. In den alten Bundesländern zeigte vor allem die Gruppe der jungen Zahnärzte (bis 30 Jahre) eine deutliche Vorliebe für die Niederlassungsform der Gemeinschaftspraxis; hier stieg der Anteil gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozentpunkte auf 41 Prozent.

Gemeinsam oder allein

Offensichtlich sehen gerade die jüngeren Zahnärzte in der Kooperation eine gute Möglichkeit, um sich vor dem Hintergrund angespannter gesundheitspolitischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen etablieren zu können. In der Altersgruppe der über 40-jährigen zahnärztlichen Existenzgründer hat die Gemeinschaftspraxis mit einem Anteil von 18 Prozent (2003: 19 Prozent) einen vergleichsweise geringen Stellenwert. Hier wird die Einzelpraxisneugründung mit einem Anteilswert von 49 Prozent deutlich präferiert. Bei jungen zahnärztlichen Existenzgründern (bis 30 Jahre) kam die Einzelpraxisneugründung lediglich für 18 Prozent infrage (vergleiche Abbildung 2). Die geschlechtsspezifischen Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland bestanden auch im Jahr 2004 weiter. Im Gegensatz zu den alten Bundesländern, in denen 61 Prozent der Existenzgründungen durch Männer und 39 Prozent durch Frauen realisiert wurden (vergleiche Abbildung 3 links), war die Geschlechtsverteilung in den neuen Bundesländern nahezu umgekehrt. Hier erfolgten 52 Prozent der Existenzgründungen durch Frauen, lediglich 48 Prozent durch Männer (vergleiche Abbildung 3 rechts). Gegenüber dem Vorjahr fiel der Anteil der weiblichen Existenzgründer in den neuen Bundesländern um sieben Prozentpunkte. Er lag damit aber immer noch einen Prozentpunkt höher als im Jahre 2002. In den alten Bundesländern stieg der Anteil der weiblichen Existenzgründer seit dem Jahr 2000 um insgesamt acht Prozentpunkte. Mittelfristig ist mit einer Angleichung der Geschlechtsverteilung in den alten und den neuen Bundesländern zu rechnen – bei einem gleichzeitigen Trend hin zu einer „Feminisierung“ des zahnärztlichen Berufsstandes.

Mehr Praxen auf dem Land

Im Hinblick auf die gewählte Praxislage war in den alten Bundesländern eine Abnahme von Existenzgründungen im großstädtischen Bereich zu erkennen; gegenüber dem Vorjahr sank der Anteilswert von 36 Prozent um acht Prozentpunkte auf 28 Prozent im Jahr 2004. Demgegenüber konnten die Existenzgründungen in allen anderen Praxislagen anteilsmäßig zulegen. Die höchste Zuwachsrate hatten Praxisgründungen im ländlichen Umfeld mit einem Plus von vier Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr.

Auch in den neuen Bundesländern nahm der Anteil der Existenzgründungen im ländlichen Raum vergleichsweise am stärksten zu; der Anteil erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um drei Prozentpunkte auf 45 Prozent. Gleichzeitig sank der Anteil der Existenzgründungen im kleinstädtischen Umfeld um fünf Prozentpunkte auf 24 Prozent.

Wie sich diese bemerkenswerten Veränderungen auf die Finanzierungsstrukturen ausgewirkt haben, wird im Folgenden für die alten Bundesländer dargestellt (vergleiche Tabellen 1 und 2).

In Westdeutschland ist das Gesamtfinanzierungsvolumen einer Einzelpraxisneugründung im Jahr 2004 erneut gestiegen und lag mit 335 000 Euro etwa zwei Prozent über dem Vorjahreswert (vergleiche Abbildung 4).

Das Gesamtfinanzierungsvolumen einer Einzelpraxisübernahme stieg zugleich um acht Prozent auf 255 000 Euro (vergleiche Abbildung 5). Damit reduzierte sich die Differenz zwischen den beiden Niederlassungsformen hinsichtlich des Gesamtfinanzierungsvolumens um 12 000 Euro auf aktuell 80 000 Euro.

Löwenanteil für die Technik

Im Jahr 2004 entfielen 65 Prozent des Finanzierungsvolumens einer Einzelpraxisneugründung auf die medizinisch-technischen Geräte und Einrichtung, 14 Prozent auf die Bau- und Umbaukosten und 21 Prozent auf den Betriebsmittelkredit. Bei einer Einzelpraxisübernahme wurden im Jahr 2004 durchschnittlich 43 Prozent des Finanzierungsvolumens für den Substanzwert zuzüglich Neuanschaffungen, 32 Prozent für den Goodwill, vier Prozent für die Bau- und Umbaukosten und 21 Prozent für den Betriebsmittelkredit aufgewendet. Im langfristigen Trend hat sich die Kostenverteilung damit als relativ stabil erwiesen.

Eine nach Alter differenzierte Betrachtung zeigt, dass zahnärztliche Existenzgründer der Altersgruppe der 31- bis 40-Jährigen mit einem durchschnittlichen Gesamtfinanzierungsvolumen von 343 000 Euro (2003: 326 000 Euro) für eine Einzelpraxisneugründung am meisten investierten. Mit einem durchschnittlichen Finanzierungsvolumen von 264 000 Euro nahm das finanzielle Engagement dieser Altersgruppe auch bei einer Einzelpraxisübernahme gegenüber dem Vorjahr um 22 000 Euro beziehungsweise neun Prozent zu. Die höchsten Investitionen für eine Einzelpraxisübernahme tätigten die jüngeren Zahnärzte bis 30 Jahre mit einem durchschnittlichen Finanzierungsvolumen von 274 000 Euro. Im Vorjahr lag das Finanzierungsvolumen dieser Altersgruppe noch bei 232 000 Euro. In der Gruppe der 41-jährigen und älteren Existenzgründer wurden bei einer Einzelpraxisneugründung im Schnitt 329 000 Euro investiert; bei der Einzelpraxisübernahme lag das Investitionsvolumen dieser Altersgruppe mit 213 000 Euro im Jahr 2004 knapp unter dem Vorjahresniveau (216 000 Euro). Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Altersgruppen bezüglich des jeweiligen Finanzierungsvolumens sind im Jahr 2004 wieder angestiegen.

Auch die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Hinblick auf das Investitionsvolumen nahmen gegenüber dem Vorjahr deutlich zu. In die Neugründung beziehungsweise Übernahme einer zahnärztlichen Einzelpraxis investierten Männer durchschnittlich 375 000 Euro (plus elf Prozent) beziehungsweise 274 000 Euro (plus 14 Prozent). Die Investitionsvolumina weiblicher Zahnärzte bei der Einzelpraxisneugründung sanken im Jahr 2004 hingegen um acht Prozent auf 284 000 Euro. Auch bei der Einzelpraxisübernahme investierten weibliche Existenzgründer entgegen dem allgemeinen Trend mit 227 000 Euro etwa drei Prozent weniger als im Vorjahr; der Differenzbetrag zu den männlichen Existenzgründern vergrößerte sich infolgedessen gegenüber dem Vorjahr von 7 000 Euro auf 47 000 Euro.

Wie schon im Vorjahr erforderte die Einzelpraxisneugründung in einer Kleinstadt auch im Jahr 2004 die höchsten finanziellen Anstrengungen für die Zahnärzte. Mit 352000 Euro lag das Finanzierungsvolumen 7000 Euro beziehungsweise etwa zwei Prozent über dem Vorjahreswert. Am stärksten stieg das Finanzierungsvolumen bei den Einzelpraxisneugründungen im ländlichen Bereich mit einer Steigerungsrate von sieben Prozent, während das Finanzierungsvolumen von Einzelpraxisneugründungen in der Großstadt gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent sank.

Bei einer Einzelpraxisübernahme war das höchste Finanzierungsvolumen im mittelund kleinstädtischen Bereich aufzubringen. Hier schlug eine Einzelpraxisübernahme jeweils mit 262 000 Euro zu Buche. Den stärksten Zuwachs im Hinblick auf das durchschnittliche Finanzierungsvolumen hatten Einzelpraxisübernahmen im ländlichen Umfeld zu verzeichnen; hier stieg das Finanzierungsvolumen um 26 Prozent auf durchschnittlich 259 000 Euro.

Während Existenzgründungen im Jahr 2003 vor allem im ländlichen Bereich vergleichsweise günstig waren, zeigte sich 2004, dass Existenzgründungen in der Großstadt das geringste Finanzierungsvolumen erforderten. Einzelpraxisneugründungen wurden hier mit einem durchschnittlichen Finanzierungsvolumen von 310 000 Euro realisiert; bei Einzelpraxisübernahmen betrug das Finanzierungsvolumen im Schnitt 246 000 Euro. In der Kleinstadt war der Differenzbetrag zwischen den beiden Niederlassungsformen am größten (90 000 Euro), während der Unterschied im ländlichen Umfeld lediglich 58 000 Euro betrug.

Während der Existenzgründungsphase dient der Betriebsmittelbeziehungsweise Kontokorrentkredit dem niedergelassenen Zahnarzt zur Vorfinanzierung der Anlaufkosten. Der bei einer Einzelpraxisneugründung nachgefragte Betriebsmittelkredit betrug im Jahr 2004 etwa 71 000 Euro und lag damit knapp unter Vorjahresniveau. Der im Rahmen einer Praxisübernahme gewährte Betriebsmittelkredit lag im Jahr 2004 mit 54 000 Euro um 2 000 Euro über dem Vorjahreswert. Die höchsten Betriebsmittelkredite fragten die 31- bis 40-jährigen Zahnärzte bei einer Einzelpraxisneugründung nach (75 000 Euro). Auffallend waren hier die geschlechtsspezifischen Unterschiede. Männer fragten bei einer Einzelpraxisneugründung mit durchschnittlich 80 000 Euro einen um 19 000 Euro höheren Betriebsmittelkredit nach als ihre Kolleginnen.

Kosten für Bauherren

Die im Rahmen einer Praxisneugründung anfallenden Bau- und Umbaukosten stiegen im Jahr 2004 um 2 000 Euro auf 48 000 Euro. Bei den Praxisübernahmen betrugen die Ausgaben für bauliche Maßnahmen 10 000 Euro. Die Differenz zwischen den beiden Praxisformen hinsichtlich der Bauund Umbaukosten hat sich von 15 000 Euro im Jahr 1999 auf aktuell 38 000 Euro deutlich erhöht.

Bei der Praxisübernahme liegt der Kaufpreis im Regelfall deutlich über dem materiellen Wert der bereits in der Praxis vorhandenen Geräte und Ausstattungen (Substanzwert). Die Differenz wird als ideeller Wert oder auch „Goodwill“ bezeichnet. Im Goodwill spiegeln sich die subjektiven Erwartungen des Käufers an die zukünftige Ertragskraft der Zahnarztpraxis wider. In den alten Bundesländern stieg das Niveau des Goodwill im Jahr 2004 um 9 000 Euro auf 82 000 Euro und erreichte damit erneut das Niveau des Jahres 2002.

Der arztgruppenbezogene Vergleich der für eine Praxisneugründung aufzubringenden Finanzmittel in den Jahren 2003/2004 (vergleiche Abbildung 6) zeigt, dass das zahnärztliche Investitionsvolumen wie schon im Vorjahr von keiner anderen Arztgruppe übertroffen wird. Mit knapp zwei Prozent blieb der Zuwachs jedoch vergleichsweise moderat. Die Investitionsvolumina in den anderen Arztgruppen entwickelten sich unterschiedlich. Die höchsten Steigerungsraten verzeichneten die Kinderärzte mit einem Plus von 14 Prozent, während das Finanzierungsvolumen bei den Neurologen um 36 Prozent zurückging. Subsummiert man die Gesamtfinanzierungsvolumina der einzelnen Facharztgruppen unter „Ärzte“, so errechnet sich hierfür in 2003/2004 ein Betrag von etwa 137 000 Euro, was einem Rückgang von 13 Prozent gegenüber dem Zeitraum 2002/2003 entspricht.

Unverkennbar ist, dass die zahnärztliche Berufsausübung eine sehr umfangreiche medizinisch-technische Ausstattung zur modernen Patientenversorgung erforderlich macht, die entsprechend hohe Investitionsvolumina begründet. Dies gilt in gleicher Weise für die zunehmende Prophylaxeorientierung der Zahnärzteschaft, die auf der einen Seite zusätzlichen finanziellen Aufwand mit sich bringt, sich auf der anderen Seite aber auch positiv auf die Berufszufriedenheit auswirkt und durch mutige Investitionsentscheidungen widergespiegelt wird.

Dr. David KlingenbergerInstitut der Deutschen Zahnärzte (IDZ)Universitätsstraße 7350931 Köln

Dipl.-Kfm. Andrea SchwarteDeutsche Apotheker- und ÄrztebankRichard-Oskar-Mattern-Straße 640547 Düsseldorf

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