Seit April gilt für Ärzte der EBM 2000plus

Start mit Skepsis

Mehr als zehn Jahre haben Kassen und KBV über ihn gestritten, acht Jahre dauerte allein die Bauphase. Jetzt ist er da: Am 1. April trat der neue Einheitheitliche Bewertungsmaßstab für Ärzte, kurz EBM, in Kraft. Mehr Gerechtigkeit und Transparenz soll das Abrechnungswerk bringen. Doch die Mediziner sind skeptisch.

„Gerecht, einfach zu handhaben, transparent und flexibel“ – die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) findet für den neuen EBM ausschließlich positive Worte. Überflüssig, ein Rückschritt, schafft jede Menge Ärger und bringt weniger Honorar, klagt indes das Gros der Ärzte, wie jetzt eine Umfrage der Ärzte Zeitung ergab. Dickes Lob kontra schlimme Schelte – was ist dran am neuen Honorarmaßstab für Ärzte?

Auffällt vorab eins: Er hat gehörig zugelegt. In gedruckter Version kommt der EBM statt wie bisher mit 350 nun mit gut 1 000 Seiten daher. Auch die Kennziffern, mit denen die Ärzte ihre Leistungen abrechnen, haben sich geändert. Deshalb dürften viele Ärzte momentan leise fluchend nach Feierabend am Schreibtisch sitzen und die neuen Ziffern auswendig lernen. Doch gestattet der gewaltige Umfang auch eine differenzierte Beurteilung der verschiedenen Arbeiten: Über die Leistungen hinaus, die in jeder Praxis anfallen, gibt es nämlich einen eigenen Bewertungsmaßstab für Haus-, Kinderärzte und für jede Facharztgruppe.

Gewaltiger Umfang

„Der EBM regelt die relative Gewichtung untereinander“, erklärt Dr. Jörg-Andreas Rüggeberg, Vorsitzender der Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände. „Die Höhe des Honorars hängt von den Honorarmaßstäben beziehungsweise von den festzulegenden Regelleistungsvolumina ab“.

Mehr Geld für die ärztliche Versorgung wird das neue Honorarsystem jedoch nicht bringen. Der Finanzdeckel, den Politik und Kassen den insgesamt 130 000 Ärzten und Psychotherapeuten Anfang der 90er Jahre aufstülpten, bleibt dicht. Die Mittel, knapp 23 Milliarden Euro im vergangenen Jahr, werden allerdings anders verteilt – und zwar gerechter, wie die KBV behauptet. Denn anders als bisher basiert die Gebührenordnung jetzt auf betriebswirtschaftlich nachprüfbaren Kalkulationen, sagt die KBV. Sie hat insgesamt 28 unterschiedliche Praxismodelle entwickelt.

Um die Ärzte fit zu machen, starteten KBV und KVen eine wahre Info-Offensive: Die neue Gebührenordnung lag als CD-ROM im Deutschen Ärzteblatt, die häufigsten Fragen und Antworten stehen im Netz. Schulungen, Seminare und Hotlines ergänzen das Angebot. Insgesamt 400 Veranstaltungen organisierten die Ärzte-Vereinigungen.

Verunsichert sind die Ärzte dennoch. Allein in der KV Westfalen-Lippe gehen jeden Tag 2 500 Anrufe zum neuen EBM ein. Niemand weiß genau, wie sich die Verschiebungen auf die Kontostände kleiner und großer Praxen auswirken. Hat der Landarzt Nachteile im Vergleich zur City-Praxis? Wie schneiden Spezialisten im Vergleich zu Allgemeinmedizinern ab? Die Schmerztherapeuten warnen beispielsweise vor dem Totalzusammenbruch ihrer Patientenbehandlung.

Man habe den EBM nicht auf die Interessen einzelner Arztgruppen zugeschnitten, widerspricht KBV-Chef Dr. Andreas Köhler. Der EBM sei leistungsbezogen, die Frage der Benachteiligung oder Bevorzugung stelle sich für jede einzelne Praxis. Köhler gilt als geistiger Vater des neuen Honorarrahmens. „Ich glaube, dass wir nicht alle Ärzte zufrieden stellen können“, räumt er gleichwohl ein. Köhler verstehe die Unruhe, geht aber davon aus, dass sie sich in einigen Monaten legen werde. Sollten die Abweichungen von den bisherigen Einkommen zu stark ausfallen, werde nachgesteuert.

Gewinner und Verlierer

Das Deutsche Ärzteblatt sieht die Sache nüchtern: „Dass es Gewinner und Verlierer geben wird, liegt auf der Hand“. ck

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