Kongress für Versorgungsforschung in Berlin

Aussagen mit Breitenwirkung

„Die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Deutschland“ – so lautete das Generalthema des 4. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung vom 21. bis 24. September in Berlin. Das Zusammenwirken zwischen Medizin, Gesundheits- und Sozialwissenschaften ergab eine breite inhaltliche Ausgestaltung. In die Diskussion um Bedarfsgerechtigkeit, Innovation und Systemgestaltung klinkte sich die Zahnärzteschaft mit ein.

32 wissenschaftliche Fachgesellschaften, 101 Vortrags- und Postersessions, Workshops und Plenarveranstaltungen, 450 Teilnehmer – der Kongress war inhaltlich sehr breit gefächert und sprach eine Vielzahl von Experten an. Versorgungsforschung – ein in Deutschland relativ neues wissenschaftliches Fachgebiet – befasst sich mit der Qualität, Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. So standen im Zentrum des Kongresses, der vom Berliner Zentrum Public Health veranstaltet wurde, gesundheitspolitische Systemfragen. Die Kongresspräsidentin, Prof. Dr. Ulrike Maschewski-Schneider, nannte dafür Beispiele: Wie kann eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung sichergestellt werden? Welche Erwartungen haben Patienten und Versicherte? Wie kann gewährleistet werden, dass in einem auf Wirtschaftlichkeit und Effizienz ausgerichteten Gesundheitswesen die menschlichen – sozialen und individuellen – Faktoren nicht vernachlässigt werden?

Eine Zusammenarbeit von Medizin, Gesundheits- und Sozialwissenschaften gebe Anlass zu der Hoffnung, dass Durchbrüche zu einer besseren Gesundheitsversorgung erzielt werden könnten, zeigte sich Prof. Dr. Pfaff, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) zuversichtlich. Eine Besonderheit des diesjährigen Kongresses war die gemeinsame Durchführung mit den Jahrestagungen der DGMS und der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (GGSMP). Deswegen standen im Mittelpunkt der beiden ersten Kongresstage ein Rückblick auf die Geschichte der Sozialmedizin sowie Themen wie soziale Ungerechtigkeit, Armut, Arbeitslosigkeit und deren Auswirkungen.

Prof. Dr. Peter C. Scriba, Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer (BÄK), verwies auf den Beschluss des letzten Deutschen Ärztetages, wonach sich die Ärzteschaft am Aufbau einer wissenschaftlichen Versorgungsforschung in Deutschland beteiligen wird. Themenfelder seien unter anderem die Implementierung von Leitlinien, die Ökonomisierung und die Versorgungsqualität.

Die Themenblöcke Bedarfsgerechtigkeit, Innovation und Systemgestaltung wurden im Rahmen der Plenarveranstaltung aus der Sicht verschiedener Akteure im Gesundheitswesen ganz unterschiedlich beleuchtet. Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, plädierte dafür, dass Versorgungsforschung in Deutschland ausgebaut werden müsse und nannte Stichworte wie mehr Transparenz, die Verbesserung der Datenlage zu Versorgungsfragen oder die Ausweitung von Patientenrechten und Patientenbeteiligung.  

Den Pflegewissenschaften war die umfassende Professionalisierung des Berufsstandes wichtig, während die Krankenkassen den Konflikt zwischen Therapiebeliebigkeit versus Gremienmedizin zur Sprache brachten. Dr. Leonhard Hansen von der KV Nordrhein stellte ein Modellprojekt vor, in dem seine Institution an der Einführung einer flächendeckenden Palliativmedizin arbeitet

Zahnärzte aktiv beteiligt

Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, nutzte die Gelegenheit, dem Fachpublikum die Sicht der Zahnärzte zu erläutern. Auch in der Zahnärzteschaft, so Oesterreich, beschäftige man sich intensiv mit Fragen der Versorgungsforschung. Durch den Paradigmenwechsel hin zu einer präventionsorientierten Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde habe sich das Verständnis von Zahnmedizin grundlegend gewandelt. Er nannte Stichworte wie das medizinisch-biologische Verständnis von Zahnmedizin, die Ausweitung therapeutischer Möglichkeiten, den gewachsenen Stellenwert der Diagnostik oder die Erkenntnis über immer mehr Schnittstellen mit der Medizin. Diese fachwissenschaftliche Sicht habe sich in einer geänderten professionspolitischen Standortbestimmung manifestiert.

Oesterreich wies auf starke Zusammenhänge mit der Demographie hin, nannte Faktoren wie Verhalten, soziale Risiken oder altersassoziierte Erkrankungen. Versorgungsbedarfe seien abhängig vom Lebensbogen und nähmen in Alter zu: „Was wir früher einsparen, geben wir später wieder aus.“ Das System der befundorientierten Festzuschüsse in der Zahnmedizin orientiere sich an medizinischen Befunden und schaffe Bedarfsgerechtigkeit. Durch die Gundlagenforschungsarbeit im Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ), durch die Entwicklung von Leitlinien und Mundgesundheitszielen und durch den verstärkten Fokus auf evidenzbasierte Zahnmedizin sei die Zahnärzteschaft an der Versorgungsforschung aktiv beteiligt.

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