Ergebnis der Allensbacher Umfrage für Dienstleister MLP

Skeptische Prognose für ein kränkelndes System

Skepsis äußerte die Mehrheit derer, die die Allensbacher Meinungsforscher nach den Chancen für das deutsche Gesundheitssystems befragten. Im Dezember 2005 und Februar 2006 nannten jeweils 2 000 Bundesbürger recht präzise bei einer repräsentativen MLP-Umfrage, dem Gesundheitsreport 2006, ihre Vorstellungen zu Systemwechsel, Kostentransparenz und-beteiligung – etwa beim Zahnarztbesuch.

Die Mehrheit der Deutschen fordert eine umfassende Reform des Gesundheitswesens: 70 Prozent wollen zum Beispiel mehr Transparenz und Eigenverantwortung bei den Kosten. Doch wird auch deutlich: Es klafft eine Lücke zwischen Theorie und Praxis, ergab der Gesundheitsreport 2006 des Finanzdienstleisters MLP in Kooperation mit dem Institut für Demoskopie Allensbach.

Menscheln erwünscht

Bei der Beurteilung der Ärzte fanden die Patienten neben der fachlichen Qualifikation und der Kenntnis neuester Behandlungsmethoden vor allem den persönlichen Umgang wichtig. Drei von vier Befragten wünschten sich, dass der Behandler menschlich auf sie eingeht und sich viel Zeit nimmt. Der „eigene Hausarzt“ schnitt dabei deutlich besser ab, als die Ärzteschaft insgesamt: ihm bescheinigten 66 Prozent, er gehe menschlich auf sie ein, seinen Kollegen bestätigten nur 24 Prozent diese Fähigkeit.

Klaren Handlungszwang sehen die Bundesbürger bei Politik und Kassen. 55 Prozent der Bundesbürger fordern eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens. Drei von vier Befragten rechneten damit, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre die Beiträge für die Krankenversicherung sowie die Zuzahlungen für Medikamente steigen werden. 69 Prozent erwarteten, dass sich zunehmend eine Zwei-Klassen-Medizin entwickelt. Entsprechend deutliches Interesse an Zusatzversicherungen für Zahnarztkosten meldeten 25 Prozent an, für den Fall der Pflegebedürftigkeit sieben und für Brillen vier Prozent, sechs Prozent dachten auch an eine Krankenhaustagegeldversicherung.

Gefragt nach Anreizen für einen eventuellen Wechsel in die PKV gaben die befragten GKV-Versicherten zu 56 Prozent die Erstattung von Kosten für Zahnersatz an. Als andere Motive nannten sie den größeren Leistungsumfang der Privaten und bessere Therapiemöglichkeiten und Medikation. „Ich finde es gut, wenn man die Arztrechnung sieht“ gaben 54 Prozent an, mehr Transparenz käme folglich also an, ebenso mehr Verantwortung in Sachen Vorsorge: Drei von vier Patienten haben in den letzten zwei Jahren ihren Zahnarzt aufgesucht.

Vorsorge nachgefragt

Anklang finden in der Bevölkerung Reformoptionen, die gesundheitsbewusstes Verhalten fördern. Dazu zählen unter anderem Beitragsrabatte für regelmäßige Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen (66 Prozent). Die Ausgliederung einzelner Elemente aus der GKV wird inzwischen vermehrt akzeptiert: Stimmten 2002 noch nur 48 Prozent zu, dass die Krankenkasse medizinische Leistungen nicht mehr bezahlen solle, wenn sie nicht unbedingt zur Heilung von Krankheiten notwendig seien, so befürworten dieses heute bereits 61 Prozent. Nur noch das notwendigste zu versichern als Option für eine leistungs-reduzierte GKV hält ein Drittel der Befragten für sinnvoll, doppelt so viele wie vor drei Jahren.

Für die Initiatoren der Umfrage ein deutliches Signal dafür, dass „die Bereitschaft zu mehr Eigenverantwortung und einer damit verbundenen Entlastung der gesetzlichen Versorgung“ eindeutig zunehme. Die Politik solle eine umfassende Reform jetzt anpacken und das Gesundheitssystem zukunftsfähig gestalten.

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