Myxolipom der Wange

Seltene Weichgewebstumoren der Gesichtsregion

231429-flexible-1900
Heftarchiv Zahnmedizin

Bei einem 64-jährigen Patienten fiel in einer Routinekontrolle des Zahnarztes eine schmerzlose Raumforderung der linken Wange auf. Beschwerden waren bislang nicht aufgetreten. Eine Beziehung zu Speicheldrüsenfunktion oder ein Zusammenhang zur Dentition war nicht erkennbar. Auf Befragung gab der Patient an, den Befund erstmals vor acht Monaten wahrgenommen zu haben, in den letzten Wochen habe er allerdings eine Größenzunahme bemerkt. Eine Behandlung war bislang nicht erfolgt. Palpatorisch handelte es sich um einen weichen, gegenüber der Haut und dem Masseter gut verschieblichen, nicht druckdolenten Tumor in einer Ausdehnung von rund 3x2x2 Zentimetern (cm). Der Befund war unmittelbar vor dem Vorderrand des M. masseter tastbar.

Bei der sonographischen Untersuchung (Abb. 1) zeigte sich im Weichgewebe der Wange eine zur Umgebung abgrenzbare etwa 3 cm im Durchmesser betragende Raumforderung mit zentral recht dichter Binnenstruktur. In der computertomographischen Untersuchung wurde der noduläre aber biphasische Charakter der Läsion mit einer rundlichen, zentralen, hypodensen Zone, umgeben von einer dichteren Gewebeschicht, deutlich. Gegenüber dem umgebenden Wangenfett war der Befund randscharf abgegrenzt (Abb. 2).

Die Exzision des Tumors erfolgte in Intubationsnarkose über einen Operationszugang in der Nasolabialfalte. Die etwa 2x3x2,5 cm durchmessende Läsion ließ sich auf einer kapselartigen Begrenzung in toto umfahren (Abb. 3) und war lediglich caudal fibrös adhärent. Im Anschnitt des Tumors wird der bereits im Computertomogramm (CT) erkennbare, biphasische Aufbau mit einem zentralen Fettanteil und einer umgebenden myxoiden Struktur makroskopisch erkennbar.

In der histopathologischen Untersuchung ergab sich ein zellarmer Tumor mit einem recht gut abgegrenzten myxoiden und einem überwiegend lipomatösen Anteil mit spärlicher Vaskularisation (Abb. 5). Zellatypien waren nicht nachweisbar. Der Tumor wurde daher abschließend als Myxolipom klassifiziert.

Diskussion

Myxolipome und Angiomyxolipome sind seltene Lipomvarianten. Sie bestehen sowohl aus myxoidem als auch differenziertem lipoiden Gewebe und beinhalten in beiden Komponenten auch vaskuläre Strukturen. Die Beschreibung als eigenständige Entität liegt erst wenige Jahre zurück. [Mai et al., 1996]. Bis heute ist insgesamt auch nur selten über diese Entität berichtet worden [Zamecnik, 1999; Tardio und Martin- Fragueiro, 2004]. Elektonenmikroskopische Untersuchungen identifizierten Spindelzellen mit Fettvakuolen als so genannte Präadipocyten in der Übergangszone von lipoidem zu myxoidem Gewebe, ähnlich dem Befund eines Spindelzelllipoms. Cytogenetische Untersuchungen zeigten chromosomale Translokationen t(7;13)(p15;q13) und t(8;12)(q12;p13) wie sie auch bei Lipomen vorkommen [Sciot et al., 2001]. Die bisher beschriebenen Fälle betrafen sämtlich Männer zwischen 40 und 65 Jahren. Klinisch ist das Myxolipom subcutan verschieblich, palpatorisch gut abgrenzbar und nicht druckdolent. Die Größen der beschriebenen Befunde variieren von zwei bis sechs Zentimetern im Durchmesser. Myxolipome weisen generell ein langsames Wachstum mit einem Proliferationsindex von nur etwa drei Prozent auf.

Neben der sonographischen Diagnostik kann eine CT-Untersuchung die Dichtunterschiede der lipomatösen und myxoiden Anteile des Tumors gut auflösen. Dieser biphasische Aufbau unterscheidet sich von den sehr viel häufigeren Lipomen des Gesichtsbereiches. Die endgültige Abgrenzung von anderen Lipomvarianten (Angiolipom, Myofibrolipom) aber auch von einem Liposarkom erfordert eine histologische Untersuchung. Im Gegensatz zum infiltrierenden Lipom und zum intramuskulären Lipom [Kindblom et al., 1974] neigt das Myxolipom nach schonender Exzision nicht zu Rezidiven, so dass eine Resektion mit Sicherheitsabstand im allgemeinen nicht notwendig ist.

Für die zahnärztliche Praxis soll dieser Befund auf die zahlreichen Varianten von Weichgewebstumoren in der unmittelbaren Umgebung der perioralen Region hinweisen und den Stellenwert der Palpation bei der initialen Untersuchung des Patienten betonen.

Dr. Felix KochPriv.-Doz. Dr. Dr. Martin KunkelKlinik für Mund-, Kiefer- und GesichtschirurgieKlinikum der Johannes Gutenberg-UniversitätAugustusplatz 2, 55131 Mainzkunkel@mkg.klinik.uni-mainz.de

Das histologische Präparat wurde freundlicherweisevon Prof. Biesterfeld, Institutfür Pathologie der Johannes Gutenberg-Universität (Direktor: Prof. Dr. Kirkpatrick)zur Verfügung gestellt.

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