Interaktive Fortbildung

Trauma: Therapie mit Glasfaserstift und Komposit

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Anhand der Falldarstellung soll über die Maßnahmen zur Verbesserung der Ästhetik im Frontzahngebiet bei einer 24-jährigen Patientin berichtet werden. Ausgangssituation sind zwölf Jahre alte Restaurationen, die nach einem Frontzahntrauma in der Kindheit hergestellt wurden. Im Mittelpunkt stehen der adhäsive Stiftaufbau und die Versorgung mit einer Vollkeramikkrone im Anschluss an die Entfernung der zwölf Jahre alten Restauration. Am Nachbarzahn 21 wird die ästhetisch insuffiziente Kompositrestauration erneuert. Unter Berücksichtigung aktueller Konzepte bei der restaurativen Versorgung vitaler und wurzelkanalbehandelter Zähne werden Entscheidungsfindung, Therapie und Prognose diskutiert.

Fallbericht

Eine 24-jährige Studentin äußert den Wunsch nach Verbesserung der Ästhetik in der Oberkieferfront. Die allgemeine Anamnese ist unauffällig.

Zahnmedizinische Anamnese

Die Patientin berichtet über ein zwölf Jahre zurückliegendes Frontzahntrauma, welches in Kronenfrakturen der beiden mittleren oberen Frontzähne resultierte. Die Therapie der damals zwölfjährigen Patientin umfasste die Wurzelkanalbehandlung mit anschließendem gegossenem Stiftaufbau und Überkronung an Zahn 11, sowie einen Kompositaufbau an Zahn 21. Weitere Einzelheiten betreffend Diagnostik und Therapieentscheid von damals können nicht mehr rekonstruiert werden. Bis auf die zunehmende ästhetische Beeinträchtigung seien die damals rekonstruierten Zähne unauffällig geblieben.

Diagnostik

Nach Befunderhebung im gesamten Gebiss fokussiert die klinische und radiologische Diagnostik auf das Oberkieferfrontzahngebiet (Abbildung 1). Es ergeben sich keine pathologischen parodontalen Sondierungstiefen in der gesamten Oberkieferfront.

Bis auf Zahn 11 weisen Farbe, Kontur und Textur der Gingiva auf einen entzündungsfreien Zustand hin. In Regio 11 erscheint die Gingiva livide verfärbt und weist ein glasiges Aussehen auf (Verlust der Stippelung). Dies korreliert mit der VMK Krone an Zahn 11, deren Rand zervikal sichtbar und auch deutlich sondierbar ist. Weiterhin fällt die verfärbte Zahnhalsregion auf, die teilweise durch die Gingiva durchschimmert.

Zahn 21 weist einen mesialen Komposit- Eckenaufbau auf, welcher sich sowohl farblich als auch morphologisch ungünstig vom Restzahn abhebt.

Die Zähne 12, 21 und 22 reagieren auf den Sensibilitätstest mittels CO2. Der wurzelkanalbehandelte Zahn 11 zeigt röntgenologisch im apikalen Wurzeldrittel eine bezüglich Ausdehnung und Dichtigkeit suffizient erscheinende Wurzelkanalfüllung. Während sich im koronalen Anteil der Wurzel ein metalldichter Stiftaufbau darstellt, erscheint der Wurzelkanal im mittleren Drittel ungefüllt (Abbildung 2).

Diagnosen und Therapieüberlegungen

Vorherrschende Diagnosen in der Oberkieferfront sind: insuffiziente Krone an Zahn 11 bei insuffizienter Wurzelkanalfüllung und insuffizienter Komposit-Eckenaufbau an Zahn 21.

Der Entscheidungsfindung zur Therapie liegen folgende Überlegungen zugrunde: Während an Zahn 21 ausschließlich die Restauration im Vordergrund steht, sind an Zahn 11 sowohl restaurative als auch endodontische und parodontale Aspekte zu berücksichtigen. Eine genauere Einschätzung erfordert die Entfernung der alten Krone. Unter der Annahme, dass der röntgenologisch sichtbare metallische Stiftaufbau für die Verfärbung der Zervikalregion mitverantwortlich ist, muss dieser ebenfalls entfernt werden. Obwohl sich röntgenologisch keine Hinweise auf das Vorliegen einer apikalen Parodontitis ergeben, ist aufgrund des unvollständig gefüllten Wurzelkanals eine Reinfektion nicht auszuschließen und eine Revision der Wurzelkanalfüllung vor aufwendiger Restauration sinnvoll.

Therapie

Erste Behandlungssitzung

Nach Herstellung eines Teilabdruckes wird die alte Krone an Zahn 11 getrennt und entfernt. Darunter zeigt sich ein gegossener Stiftaufbau (Abbildung 3), welcher nach Präparation einer kleinen Kerbe mit einem Hirtenstab problemlos entfernt werden kann. Nach Isolierung von Zahn 11 mittels Kofferdam wird der Wurzelkanal mit dem Operationsmikroskop inspiziert. Es lässt im unteren Wurzeldrittel eine nicht überall wandständige Wurzelkanalfüllung erkennen. Die Entfernung in toto gelingt problemlos mit Hedströmfeilen. In Anschluss an die elektrometrische und röntgenologische Längenbestimmung wird der Wurzelkanal vollständig chemomechanisch bis ISO 80 aufbereitet und mit Guttapercha und Sealer abgefüllt. Die Wurzelkanalfüllung wird bis zirka 3 Millimeter (mm) unterhalb der Schmelz-Zement-Grenze reduziert und mit einer 1,5 mm dicken Phosphatzement Unterfüllung abgedeckt. Natriumperborat gemischt mit Wasser wird für mehrere Tage in die Kavität eingebracht (Abbildung 4) und mit Cavit verschlossen. Im Sinne der Walking-Bleach- Technik soll so eine Aufhellung der verfärbten Zahnwurzel eintreten.

Unter Zuhilfenahme des zuvor hergestellten Silikon-Teilabdrucks wird ein Kronenprovisorium aus ProTemp 3 Garant (3M Espe, Seefeld) hergestellt. Dieses wird mit einem eugenolfreien temporären Befestigungszement fixiert. Für zusätzliche Retention sorgt ein zirka 1 mm tiefer Kompositzapfen, der in die Trepanationsöffnung hineinragt.

Zweite Behandlungssitzung

Nach Herstellung eines Mockups aus Komposit zur Beurteilung der gewünschten Zahnform an 11 und 21 wird diese mit einem Silikonschlüssel festgehalten. Die alte Kompositrestauration wird entfernt. Die restaurative Versorgung beginnt unter Kofferdam mit der Herstellung der palatinalen Wand unter Zuhilfenahme des Silikonschlüssels (Abbildung 5) und anschließend der approximalen Wände (Abbildung 6) aus einer transluzenten Schmelzmasse (A1E, Filtek Supreme XT, 3M Espe Seefeld). Die so entstandenen „Schalen“ bieten optimale Voraussetzungen für die weitere Schichtung. Der Dentinkern wird mit Dentinmasse (A3D) unter Berücksichtigung inzisaler Mamellonstrukturen aufgebaut (Abbildung 7). Der Aufbau der fazialen Fläche wird mit geeigneten Schmelzmassen (A2 Body und A1 Enamel) realisiert. Die Ausarbeitung erfolgt mit dem Sof-Lex System (3M Espe, Seefeld) – die Individualisierung der Oberflächenmorphologie mit Feinkorndiamant und Silikonpolierer (Jiffy Polishers medium, Ultradent, South Jordan, UT, USA). Die anschließende Politur mit Occlubrush-Bürstchen (Kerr Hawe, Bioggio, Schweiz) sorgt für Hochglanz und für ein natürliches Erscheinungsbild der Restaurationen (Abbildung 8). Im Anschluss wird das Kronenprovisorium an Zahn 11 entfernt und das Bleichmittel gewechselt. Das Provisorium wird labial und inzisal etwas reduziert und in Anlehnung an den Kompositaufbau des Zahnes 21 mit dem gleichen lichthärtenden Komposit „verblendet“ (Abbildung 9 und 10).

Dritte Behandlungssitzung

Nach Entfernung des Provisoriums wird die Farbe der Zahnwurzel evaluiert. Während nach der ersten Bleichsequenz eine Aufhellung sichtbar war, erscheint die Zahnfarbe im Vergleich dazu nicht mehr nennenswert verändert. Auf eine weitere Bleichsequenz wird (auch in Hinblick auf mögliche Gefahren wie externe Wurzelresorptionen) verzichtet.

Um den ungünstigen Einfluss des Bleichmittels auf die Adhäsion zur Zahnhartsubstanz zu vermeiden, wird Kalziumhydroxid zur „Neutralisation“ in die Trepanationsöffnung gebracht und mit Cavit provisorisch verschlossen. Der adhäsive Aufbau soll zwei Wochen später vorgenommen werden.

Vierte Behandlungssitzung: Adhäsiver Stiftaufbau

Die nächste Etappe stellt der adhäsive Aufbau an Zahn 11 dar. Unter Berücksichtigung des verbliebenen Zahnhartsubstanzangebotes und der zu erwartenden Scherkräfte im Frontzahngebiet ist die Insertion eines Glasfaserstiftes vorgesehen.

Unter Kofferdam wird die Wurzelkanalfüllung mit einem überlangen Rosenbohrer bis ins mittlere Wurzeldrittel reduziert. Auf einen Einsatz von Normbohrern wird verzichtet, um eine zusätzliche Schwächung der bereits durch die Erstbehandlung deutlich bearbeiteten Dentinwände zu vermeiden. Ein passender Glasfaserstift wird ausgewählt. Dieser besitzt zwar keine perfekte Formkongruenz zum Wurzelkanal, füllt diesen aber weitgehend aus und minimiert so das nötige Kompositvolumen. Die Stiftoberfläche wird mit Alkohol entfettet und mit Silan (Monobond S, Vivadent, Schaan, Liechtenstein) vorbehandelt.

Im Anschluss an eine gründliche mechanische Reinigung der Dentinflächen mit Bimsmehl und einem rotierenden Bürstchen (Abbildung 11) wird das Dentin mit 37-prozentiger Phosphorsäure angeätzt. Als Haftvermittler kommt ein dualhärtendes Adhäsiv (Ecxite DSC, Vivadent, Schaan, Liechtenstein) zum Einsatz. Dieses wird mit dem dazugehörigen Mikrobürstchen in die Dentinoberfläche einmassiert (Abbildung 12) und anschließend verblasen. Wegen der einfachen Handhabung wird ein dualhärtendes Komposit aus einer selbstmischenden Kartusche (Multicore Flow, Vivadent, Schaan, Liechtenstein) verwendet. Es kommt ein spezieller Spritzenaufsatz (Accudose® Needle-TipsTM, Centrix, Shelton, CT, USA) zum Einsatz, welcher auf die Automischkanüle aufgesteckt wird und so ein zügiges Auffüllen des Wurzelkanals mit anschließender Platzierung des Stiftes erlaubt (Abbildung 13). Eine Lichthärtung erfolgt durch den Stift. Im Anschluss erfolgt der koronale Aufbau aus dem gleichen Kompositmaterial.

Das Provisorium wird ausgeschliffen, unterfüttert und rezementiert.

Fünfte und sechste Behandlungssitzung

Aus Termingründen erfolgt die definitive Überkronung erst ein halbes Jahr später. Das Provisorium weist nach wie vor eine gute Ästhetik auf. Nach dessen Entfernung erfolgen eine Nachpräparation des Zahnstumpfes (Abbildung 14), das vorsichtige Legen von Retraktionsfäden, sowie die Abdrucknahme.

Die im Labor hergestellte Procera Vollkeramikkrone wird zwei Wochen später mit Rely X Unicem (3M Espe, Seefeld) adhäsiv eingesetzt (Abbildung 15 und 16).

Diskussion

Kritische Bewertung der Ausgangssituation

Der vorliegende Fall zeigt eine typische Ausgangssituation nach posttraumatischer Versorgung im Kindesalter. Während die damalige Behandlung (vor zwölf Jahren) – bis auf die insuffiziente Wurzelkanalfüllung im mittleren Drittel an Zahn 11 – keine nennenswerten technischen Mängel zeigt, werden die ästhetischen Spätfolgen einer möglicherweise zu invasiven Versorgung in frühen Jahren deutlich. Obwohl eine genaue Rekonstruktion der damaligen Situation nach dem Unfall nicht mehr möglich erscheint, lässt sich aufgrund der verbliebenen Restzahnhartsubstanz anzweifeln, ob eine Kronenversorgung erforderlich war. Zwar lässt sich auch die damalige Indikation zur endodontischen Behandlung nicht mehr rekonstruieren, jedoch hätte ein Versuch der Vitalerhaltung – bei korrekter Indikation – die Diskoloration der Zahnwurzel durch die durchgeführten endodontischen und postendodontischen Maßnahmen verhindert.

Generell gilt für die restaurative Versorgung nach einem dentalen Trauma im Kindesalter, möglichst minimalinvasiv vorzugehen, nicht zuletzt um der noch hohen Lebenserwartung der Patienten Rechnung zu tragen.Revision der Wurzelkanalfüllung an 11Eine Revision der Wurzelkanalfüllung an Zahn 11 wurde vor Neuversorgung vorgenommen obwohl röntgenologisch keine Anzeichen einer apikalen Parodontitis sichtbar waren. Jedoch deuteten der im mittleren Wurzeldrittel weitgehend ungefüllte Kanal und das klinische Bild der nicht wandständigen Füllung bei Inspektion unter dem Mikroskop auf einen möglicherweise infizierten Wurzelkanal. Vor diesem Hintergrund war die Revision eine einfache Maßnahme, das Risiko für eine apikale Parodontitis nach Neuüberkronung zu reduzieren.

Indikation für die Stiftversorgung

Therapiekonzepte zur Versorgung wurzelkanalbehandelter Zähne wurden in den letzten Jahren verschiedentlich veröffentlicht [Krastl, 2005; Schwartz und Robbins, 2004; Edelhoff et al., 2003b]. Diese sind meist zahntypbezogen und orientieren sich an dem koronalen Zerstörungsgrad. Vor dem Hintergrund, dass Frontzähne im physiologischen Gebrauch vorwiegend Scherkräften ausgesetzt sind, erscheint bei dem verbliebenen Angebot an gesunder Restzahnhartsubstanz an Zahn 11 eine Stiftversorgung sinnvoll. Ein zusätzliches Opfer an gesunder Zahnhartsubstanz ergibt sich im vorliegenden Fall dadurch nicht.

Art der Stiftversorgung

Konventionelle Methoden zur intrakanalären Verankerung von Kronenaufbauten sehen die Verwendung konfektionierter oder laborgefertigter metallischer Stifte oder Schrauben vor.

Die Entwicklung adhäsiver Aufbauten sowie die Einführung neuer Stiftsysteme resultierten unter anderem aus den festgestellten Misserfolgen nach konventioneller Stiftversorgung (Perforationsrisiko, Wurzelfrakturen, Stiftfrakturen und Retentionsverlust) und aus den Fortschritten in der Adhäsivtechnologie. Im vorliegenden Fall kam ein faserverstärkter Kompositstift zum Einsatz. Solche Stifte finden zunehmende Verbreitung und weisen insbesondere bei In-vitro- Untersuchungen Vorteile auf. Durch die dentinähnliche Elastizität sollen deutliche Unterschiede zwischen den Elastizitätsmoduli von Stift und Zahnhartsubstanz vermieden und das biomechanische Verhalten dem Dentin angepasst werden [Barjau-Escribano et al., 2006]. Andererseits stellen aktuelle Untersuchungen die Bedeutung des Elastizitätsmoduls in Bezug auf die Frakturresistenz wurzelkanalbehandelter Zähne infrage [Naumann et al., 2007].

Das Versagensmuster wird bei Faserstiften im Allgemeinen als günstiger eingestuft. Trotz des noch geringen Datenmaterials hinsichtlich ihrer klinischen Bewährung scheinen Glasfaserstifte in Bezug auf Vermeidung von irreparablen Frakturen an wurzelkanalbehandelten Zähnen von Vorteil zu sein [Akkayan und Gulmez, 2002]. Aus ästhetischer Sicht kann die Verwendung von Metallstiften die Lichttransmission und damit das optische Ergebnis beeinträchtigen [Edelhoff, 2003a]. Hier bieten zahnfarbene Stifte aus faserverstärktem Komposit Vorteile [Edelhoff, 2003a; Schwartz und Robbins, 2004].

Adhäsiver Verbund und seine Bedeutung

In Hinblick auf eine Restabilisierung der geschwächten Zahnhartsubstanz wird dem adhäsiven Verbund zwischen Stiftoberfläche und Wurzelkanaldentin große Bedeutung zugemessen.

Allerdings sind die Voraussetzungen für die Adhäsivtechnik im Wurzelkanal eher ungünstig [Tay et al., 2005]. Neben dem hohen c-Faktor erschweren möglicherweise durch Sealer oder Guttaperchareste kontaminierte Dentinflächen die Adhäsion. In tiefen Wurzelkanalbereichen sind alleine die Reinigung und die Kontrolle der Oberflächen nur unter dem Operationsmikroskop zuverlässig durchführbar.

Die Beschränkung der Stiftinsertionstiefe auf die koronale Wurzelhälfte, wie auch im vorliegenden Fall, erleichtert das Handling und ermöglicht dem Behandler, sich auf die Bereiche zu konzentrieren, die für eine optimale Adhäsivtechnik besser zugänglich und kontrollierbar sind. Darüber hinaus zeigen In-vitro-Untersuchungen zur Adhäsion im Wurzelkanal günstigere Haftwerte in den koronalen als in den mittleren und apikalen Bereichen [Perdigao et al., 2006].

Konditionierung der Stiftoberfläche

Nach Entfettung der Stiftoberfläche wurde diese mit einem Silan konditioniert. Während manche Untersuchungen belegen, dass durch Silanisierung der an der Oberfläche exponierten Glasfasern eine signifikante Erhöhung der Haftwerte erreicht werden kann [Goracci et al., 2005; Aksornmuang et al., 2004; Magni et al., 2007], wird dieser Effekt durch andere Arbeiten in Frage gestellt [Perdigao et al., 2006; Wrbas et al., 2007]. In diesem Zusammenhang kann auch die Zusammensetzung des Stiftes (prozentualer Anteil der Glasfasern, Anteil der Glasfasern an der Oberfläche, Chemie der Kompositmatrix) eine wichtige Rolle spielen [Wrbas et al., 2006].

Aktuelle Studien haben weiterhin den Einfluss verschiedener Maßnahmen zur Konditionierung der Stiftoberfläche (zum Beispiel Wasserstoffperoxid oder Flusssäure) untersucht. Beispielsweise kann Wasserstoffperoxid eine weitere Freilegung von Glasfasern (welche damit für die Silanisierung zugänglich gemacht werden) bewirken und die Haftwerte steigern [Vano et al., 2006; Monticelli et al., 2006]. Weitere Methoden zur Oberflächenbehandlung sehen den Einsatz von Sandstrahlgeräten mit Aluminiumoxid sowie mit CoJet Pulver (3M Espe, Seefeld) vor [Sahafi et al., 2003]. Eine abschließende Beurteilung des klinischen Nutzens dieser zusätzlichen Bearbeitungsschritte ist anhand der Datenlage nicht möglich.

Eine interessante Möglichkeit bieten Stifte mit industriell optimierter Oberfläche (DT Light SL, VDW, München) [Edelhoff et al., 2006]. Die an der Oberfläche befindliche Harzschicht soll die Voraussetzungen für einen chemischen Verbund zu Befestigungskompositen schaffen.

Befestigungskomposit und Adhäsivsystem

Die optimale Kombination von Befestigungskomposit und Adhäsivsystem für die Insertion von Glasfaserstiften ist Gegenstand vieler aktueller Untersuchungen. Aufgrund der schwierigen Lichtleitung in die Tiefe des Wurzelkanals (auch bei sehr transluzenten Stiften) wird von rein lichtpolymerisierenden Befestigungssystemen abgeraten [Giachetti et al., 2004]. Bei Kompositen mit autokatalytischen Komponenten (dual-härtende oder chemisch-härtende Komposite) ist die Kompatibilität zum verwendeten Adhäsivsystem von entscheidender Bedeutung. Die Inaktivierung der Initiatoren, die für die chemische Härtung des Komposits verantwortlich sind, durch saure Bestandteile vereinfachter Adhäsivsysteme ist mehrfach nachgewiesen worden [Suh et al., 2003; Tay et al., 2003a; Tay et al., 2003b].

Diese Adhäsive sollten nur in Kombination mit speziellen Aktivatoren verwendet werden, die chemisch initiierte Katalysatoren zur Verfügung stellen. Auf diese Weise wird einerseits die Kompatibilität zum Befestigungskomposit erreicht und anderseits eine Polymerisation in den schlecht für das Licht zugänglichen Bereiche des Wurzelkanals sichergestellt.

Das im vorliegenden Fall verwendete Adhäsivsystem Excite DSC (Vivadent, Liechtenstein) wird mit einem speziellen Mikrobürstchen angeboten, dessen Borsten mit den notwendigen Aktivatoren beschichtet sind. Diese stellen die Kompatibilität zum verwendeten dual härtenden Komposit (Multicore Flow) sicher.

Stiftlänge

Während für zementierte Stifte die gewählte Länge und das Design einen entscheidenden Einfluss auf die Retention haben [Fernandes et al., 2003; Standlee et al., 1978], erscheint eine Insertionstiefe von etwa 6 mm ab Wurzelkanaleingang (in etwa entsprechend der halben Wurzellänge) bei adhäsiver Eingliederung ausreichend [Nissan et al., 2001; Weiger, 2000; Krastl, 2005]. In einer aktuellen retrospektiven klinischen Studie hatte die Stiftlänge keinen signifikanten Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit prothetisch versorgter Zähne [Wegner et al., 2006].

Überkronung

Mit dem Ziel, eine bessere Lichtleitung im Bereich der marginalen Gingiva zu erzielen, wurde eine Vollkeramikkrone hergestellt. Der im Vergleich zu Glaskeramik opakere Aluminiumoxidkern der Procera Krone hilft bei der Abdeckung der trotz internen Bleichens suboptimalen Stumpffarbe im zervikalen Bereich. Diese kann zwar bei kritischer Betrachtung immer noch erahnt werden, führt aber aufgrund der günstigen Lachlinie der Patientin nicht zu einer ästhetischen Beeinträchtigung. Von entscheidender Bedeutung für die Prognose wurzelkanalbehandelter Zähne, die zur Überkronung anstehen, ist das sogenannte Fassreifendesign (ferrule effect). Die restaurative Versorgung nach Präparation eines 1,5 bis 2 mm breiten Dentinsaums apikal des Aufbaus hat einen stabilisierenden Effekt auf die verbliebene Zahnhartsubstanz und wirkt einer Längsfraktur entgegen [Stankiewicz und Wilson, 2002]. Diese Forderung war bereits bei der vorherigen Überkronung erfüllt.

Kompositaufbau an Zahn 21

Für die Restauration der Schneidekante an Zahn 21 wäre ebenfalls eine laborgefertigte Keramikrestauration (Veneer) naheliegend gewesen. Darauf wurde hier in Absprache mit der Patientin zugunsten einer maximalen Zahnhartsubstanzschonung verzichtet. Darüber hinaus bieten moderne Komposite hervorragende ästhetische Möglichkeiten, wenn an den natürlichen Zahnaufbau angepasste Schichttechniken zum Einsatz kommen. Dies setzt allerdings entsprechende Erfahrung und Sorgfalt im Umgang mit dem jeweiligen Kompositsystem voraus. Auch bezüglich der Haltbarkeit lassen sich aus der zur Verfügung stehenden Literatur keine eindeutigen Vorteile für indirekte Veneers ableiten [Wakiaga et al., 2004].

Prognose

Auch bei kritischer Betrachtung kann die Prognose der zwei restaurierten Zähne als sehr gut eingestuft werden. Die parodontalen Verhältnisse haben sich bereits während der Tragezeit des Provisoriums stabilisiert. Aus endodontischer Sicht schafft die erfolgte Revision der Wurzelkanalfüllung gute Voraussetzungen zur Vermeidung einer zukünftigen Reinfektion. Was die restaurative Versorgung anbelangt (das primäre Anliegen der Patientin), konnten die Wünsche der Patientin durch die Vollkeramikkrone einerseits und eine minimalinvasive Kompositrestauration andererseits erfüllt werden.

OA Dr. Gabriel KrastlProf. Dr. Roland WeigerKlinik für Parodontologie, Endodontologieund KariologieUniversitätskliniken für ZahnmedizinHebelstr. 3CH – 4056 Baselgabriel.krastl@unibas.chroland.weiger@unibas.ch

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