5. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Endodontie e.V.

Grenzsituationen in der Endodontie

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Vom 2. bis 4. November 2006 fand die 5. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Endodontie e.V. (DGEndo) unter dem Titel „Grenzssituationen in der Endodontie“ in Dresden statt. Die Organisatoren konnten dazu rund 300 Teilnehmer im Maritim Hotel & International Congress Center an der Elbe begrüßen.

Der Vorkongress startete mit einem Literatur-Workshop. Der Biometriker Dr. Rolf Jäger, Marburg, erläuterte statistische Grundkenngrößen und leitete die Teilnehmer dazu an, diese eigenständig in einer Originalarbeit beurteilen zu können. Im zweiten Teil des Workshops stellten Dr. Clemens Bargholz, Dr. David Sonntag und Dr. Hans-Willi Hermann drei relevante Arbeiten der endodontischen Literatur vor. Sie zeigten, wie der Blick auf die Aussagekraft viel zitierter Arbeiten geschärft und die eigene Analysefähigkeit erhöht werden können.

Die Themen der Workshops reichten von der Betrachtung neuer Wurzelfülltechniken über die mikrochirurgische Präparation und Füllung retrograder Kavitäten bis hin zur Diskussion und zum praktischen Training verschiedener rotierender NiTi-Systeme. Die Eröffnung und Leitung des Hauptkongresses erfolgte durch Dr. Carsten Appel, den Präsidenten der DGEndo. Für den Themenkomplex „Allgemeinmedizinische und endodontische Grenzsituationen“ konnten vier hochwertige Referenten gewonnen werden. Prof. Dr. Andrej M. Kielbassa von der Charité Berlin, Campus Benjamin Franklin, eröffnete die Vortragsreihe mit seinem Beitrag „Zahnerhalt im Kontext der Tumortherapie im Kopf-Hals-Bereich“ und setzte sich dabei in seinem Referat mit der Indikation von prä- und postradiotherapeutisch durchgeführten Wurzelkanalbehandlungen und deren Risiken und Erfolgsaussichten auseinander. Dabei kam er zu dem Schluss, dass präradiotherapeutisch röntgenologisch unauffällige, endodontisch behandelte Zähne belassen werden können und dass für die prothetische Rehabilitation wichtige Pfeiler zu erhalten sind. Postradiotherapeutisch durchgeführte Wurzelkanalbehandlungen minimieren im Vergleich zur Extraktion das Osteoradionekroserisiko, der Heilungsverlauf periapikaler Läsionen kann im bestrahlten Kiefer verzögert sein und der Therapieentscheid sollte das prothetische Gesamtkonzept berücksichtigen.

Infektion und Risikopatienten

Anschließend befasste sich Dr. David Sonntag, Marburg, mit dem Thema „Infektion des Kanalsystems – Gesundheitsrisiko oder lokales Problem”. Er betonte, dass bei gesunden Patienten die Infektion im Kanalsystem ein lokales Problem sei und zwischen Infektionen des Kanalsystems und Allgemeinerkrankungen kein kausaler Zusammenhang nachgewiesen werden konnte. Darüber hinaus empfahl er, Endokarditis-Risikopatienten und Patienten mit reduzierter Immunabwehr antibiotisch abzuschirmen.

Danach sprach Dr. Unni Endal, Oslo, zu „Resorptions from an endodontic point of view“. Sie richtete dabei ihren Fokus auf interne Wurzelresorptionen und cervicale Resorptionen. Als Therapieempfehlung für interne Resorptionen, die die Wurzel noch nicht perforiert haben, gab sie die endodontische Behandlung des Zahnes mit Obturation in vertikaler Kondensation. Bei bereits perforierter Wurzel sollte die schlechte Prognose des Zahnes, die auf eine Extraktion hinausläuft, in Betracht gezogen werden. Die Füllung des Kanals im apikalen Bereich mit Guttapercha oder MTA könne eventuell den Zahn retten. Möglicherweise sei somit ein chirurgischer Eingriff vermeidbar. Beim Auftreten cervicaler Resorptionen empfahl sie die endodontische Behandlung (bei Perforation der Pulpa) mit anschließender chirurgischer Exposition der Resorptionslakune und einem Verschluss derselben in Säure-Ätz-Technik.

Mit einen Überblick über „Present Evolution of root canal irrigation technique“ rundete Prof. Guiseppe Cantatore, Verona, den Vormittag ab. Er referierte über mögliche Spülsequenzabfolgen in der Behandlung vitaler und nekrotischer Zähne und stellte darüber hinaus die Produkte MTAD-Biopure“ und TetraClean“ vor, die neben Detergenzien und Zitronensäure Doxycyclin enthalten.

Endodontie – Implantologie

Es folgten Beiträge unter der Leitschiene „Grenzsituation Endodontie – Implantologie“. Den ersten Beitrag gab Dr. Dietmar Weng, Starnberg, mit „Implantologie – die einfachere Alternative zur Endodontie? Mikrospalt, Papillen, Knochenerhalt revisited”. Er betonte, dass die Implantologie durchaus eine Alternative darstellt, jedoch gerade die Versorgung in der ästhetisch anspruchsvollen Oberkieferfrontzahnregion eine durchaus diffizile Aufgabe darstellt, bei der das Fehlen von Knochen und Papillen sowie das Auftreten von Narben und Rezessionen zu einem großen Problem werden kann.

Im Gegenzug referierte Dr. Helmut Walsch, München, über „Endodontie / Implantologie – die endodontische Perspektive“. Er stellte die Erfolgsraten und Überlebenschancen von Implantaten und endodontisch behandelten Zähnen gegenüber und gab die Parameter zu bedenken, die diese beeinflussen.

Dr. Joseph Diemer aus Meckenbeuren sprach zu „Endodontie (Revision) oder Implantat bei komplexen Fällen in der zahnärztlichen Praxis“. Er legte dar, dass ein funktionierender Zahn immer noch besser als ein Implantat ist, sich der Behandler aber darüber Gedanken machen sollte, ab wann der natürliche Zahn nicht mehr funktioniert und dass die Kombination von Endodontie und Implantologie bei komplexen Fällen meistens unumgänglich ist.

Prof. Guiseppe Cantatore eröffnete mit seinem Vortrag „Three-dimensional obturation: Reality or fantasy?“. Er referierte zunächst über die mögliche komplexe Kanalanatomie von Zähnen und die Problematik von Ramifikationen. Er legte dar, dass warme Guttaperchatechniken, wie Thermafil und System B, bei richtiger Ausführung einen hermetischen dreidimensionalen Verschluss des Wurzelkanalsystems ergeben können und diskutierte über die Vor- und Nachteile beider Techniken. Indikationen für die Thermafil-Technik sieht der Referent bei langen und kalzifizierten Kanälen sowie gekrümmten Kanälen. Demgegenüber sieht er die Indikation der warmen, vertikalen Kondensation bei geraden, kurzen Kanälen, C-förmigen Kanälen und bei kleinen Wurzeln mit einem komplexen Kanalsystem.

Live-Behandlung mit Mikroskop und Kamera

Danach erfolgte per Satellit eine Live-Schaltung in die Praxis von Dipl.-Stom. Michael Arnold aus Dresden per Dentalmikroskop. Die Teilnehmer konnten das sichere Auffinden von Wurzelkanälen und Isthmen sowie die rotierende Aufbereitung mit NiTi-Instrumenten am Beispiel eines oberen Molaren live miterleben.

Arnold demonstrierte im zweiten Teil der Live-Übertragung am Falle eines Patienten, dessen Zahn 26 aufgrund einer Fistelung endodontisch behandelt werden musste, sein Praxiskonzept für die Abfolge der Desinfektion und Reinigung sowie die anschließende thermoplastische Obturation im Sinne einer vertikalen Kondensation.

Anschließend stellten Vertreter verschiedener Hochschulen Aktuelles aus der Forschung zum Thema Endodontie vor. Dr. Jörg Schirrmeister, Freiburg, Dr. Christoph Kaaden, München, Dr. Benjamin Blome, Bonn, sowie Dr. Ulf Bärwald, Marburg, berichteten über Forschungsschwerpunkte, die Integration der Endodontie im Studentenkurs und stellten Behandlungskonzepte vor. Eine umfangreiche Diskussion schloss die Vortragsfolge ab.

Preise

Im Anschluss fand die Verleihung des erstmalig ausgeschriebenen Dissertationspreises (je 1000 Euro) der DGEndo statt. Die Preisträger stellten ihre Arbeiten im Anschluss an die Auszeichnung jeweils in einem Kurzvortrag vor. Zu den Preisträgern zählte Dr. Benjamin Blome, Bonn, für seine Arbeit „Molekularbiologische Charakterisierung der endodonischen Infektion mittels Real-Time-PCR“. Dr. S. Delscher, Marburg, wurde für seine Arbeit „Manuelle und maschinelle Wurzelkanalaufbereitung mit NiTi-Feilen durch Studierende“ ausgezeichnet und Dr. Katarina Stephan, Hannover, für ihre „Untersuchung zur Dichtigkeit von verschiedenen Wurzelkanalfüllmaterialien und -techniken“. Dr. Johanna Katharina Hacker, Bonn, wurde für ihre Arbeit „Differentielle Expression Humaner ß-Defensine - 1 und -2 in gesunder und entzündeter Zahnpulpa“ mit dem Preis belohnt.

Termine

Die Frühjahrsakademie wird vom 4. bis 5. Mai in München zusammen mit der Europäischen Vereinigung der Gesellschaften zur Anwendung des Dentalmikroskops (EFAM) stattfinden. Hier wird neben der Endodontie auch die Anwendung des Mikroskops in weiteren Disziplinen der Zahnheilkunde im Mittelpunkt stehen.

Die 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Endodontie wird in Düsseldorf vom 18. bis 20. Oktober 2007 stattfinden. Näheres zum Programm unter www.dgendo.de

Dr. Katrin BekesMartin-Luther-Universität Halle WittenbergGroße Steinstraße 19, 06108 Halle (Saale)

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