Roland-Berger-Studie

Der Zweite Gesundheitsmarkt

Vor zwei Jahren gab die Studie der Roland Berger Strategieberatung zu Innovation und Wachstum im Gesundheitswesen neue Impulse. Jetzt warten die Ökonomen mit neuen Fakten aus ihrer jüngsten Studie „Der Zweite Gesundheitsmarkt“ auf. Kunden verstehen, Geschäftschancen nutzen lautet ihre Botschaft. Gerichtet an alle, die auf diesem zweiten, ausschließlich privat finanzierten Markt tätig sind oder sein wollen

Sie sehen es kommen, die Strategen aus dem Hause Berger: Das Zeitalter der „Psychosozialen Gesundheit“ löst bis 2050 die Ära des Internet ab. Die Umsatzmarge selbst finanzierter „Gesundheitsleistungen“ (inklusive Sport) erreichte 2005 satte 55 Milliarden Euro. Tendenz steigend, sagen Berger & Co. Für Gesundheitsreisen etwa hat fast jeder Elfte der Befragten gezahlt, für Literatur etwa jeder Dritte – für Bio-Lebensmittel fast jeder Zweite, ebenso für Sportartikel.

Scheint, als ob der Wunsch, jung und fit zu bleiben proportional zu dem Durchschnittsalter der Bevölkerung zunimmt. Unterstützung findet dieses Interesse bei den Arbeitgebern, die durch gezielte betriebliche Präventions- und Reha-Förderprogramme Know-how und Potenzial an Arbeitskräften ihrem Haus erhalten wollen. Schon heute gibt jeder Erwachsene in der Bundesrepublik im Schnitt per anno 900 Euro für seine Gesundheit aus. Nicht immer jedoch investiert er dabei tatsächlich in den angedachten guten Zweck. Denn „Gesundheit“ definieren und werten die Menschen mitunter völlig unterschiedlich, wählen entsprechend unterschiedliche, mitunter kontraproduktive Wege dorthin. Fünf Prototypen haben sich in der Studie herauskristallisiert:

1. Rundum Aktive– sie handeln mehr für ihre Gesundheit, als dass sie über diese nachdenken. Und geben überdurchschnittlich viel dafür aus, auch für alternative Heilmethoden oder Nahrungsergänzungsmittel und präferieren Bioprodukte.

2. Sorglose Sportler,die eben intuitiv für ihren Sport tief in die Tasche greifen statt für Gesundheitspflege. Sie splitten sich auf in a) betuchte Ruheständler und b) Schüler oder Studenten mit kleinen Einkommen. Alle miteinander sind subjektiv von ihrem hohen Einsatz für ihre Gesundheit besonders überzeugt. Den Arzt konsultieren sie nur, wenn’s sein muss.

3. Minimalistenaus Tradition – sind immerhin schon gesund, wenn sie nicht krank sind. Den Arzt besuchen sie gelegentlich. Sport und Gesundheit interessieren diese meist älteren Menschen wenig. Am besten bleibt alles beim Alten. Bisherige Produkte sprechen sie kaum an. Sie wären aber sehr wohl bereit, sich eine bessere Absicherung mehr kosten zu lassen und wären offen für Vorsorge-Produkte, die ihnen der Arzt anbietet – am liebsten ohne jegliche Notwendigkeit zu eigenen Aktivitäten.

4. Zaudernd Passivejeden Alters, die sich „eigentlich“ ja gerne aufraffen würden, lassen sich weder mit Wellness noch mit Sport für Gesundheit begeistern. Dennoch fühlen sie sich unwohl in ihrer Haut, suchen deshalb häufig den Arzt auf.

5. Interessiert und selbstkritischsind die Merkmale des letzten Typus, der am meisten für sein Wohlergehen ausgibt: Oft noch nicht einmal Mitte Dreißig, informiert er sich selber vorab und gezielt, will sein Gesundheits-Level ebenso verbessern wie sein Gewicht und – ist der stärkste Nachfrager bei Heilpraktikern und Bioprodukten. Außerdem nimmt er Angebote von Krankenkassen und Arbeitgebern gerne wahr.

Die Typisierung zeigt: Auch wenn die Menschen sich mehr um ihre Gesundheit bemühen, so doch auf sehr verschiedene Weise.

Der Markt macht sich

Logisch, dass bei einer so heterogenen Mischung von Nachfragern ein einziges Produkt kaum alle begeistern kann. Wer auf dem boomenden Zweiten Gesundheitsmarkt mitmischen will, sollte also erst die Zielgruppe kennen, die sein spezielles Angebot, seine Leistung mit offenen Armen annimmt. Berger empfiehlt, hierbei nach einem schlichten System vorzugehen:

1. den bestehenden Interessentenstamm mit der Typologie der oben angeführten Prototypen abgleichen,

2. strategische Optionen entwickeln, um die nachgefragten Segmente zu besetzen,

3. anhand dieser Optionen nach Gewichtung die Geschäftsausrichtung angehen und

4. den Mix für Marketing und Angebote gestalten. Oder – bei Firmen die Vertriebskanäle ausloten. Angebote kommen aus fast allen Branchen.

Da sich der zweite Markt dicht neben dem originären entwickelt hat, gelten die dortigen Leistungserbringer als bevorzugte Ansprechpartner für Konsumenten und Anbieter, ergab die Studie.

Die ersten Player des ersten Marktes sind schon aus den Startlöchern: So kooperierte die Barmer Ersatzkasse mit dem „gesund & aktiv Club“, und die Berliner Charité bietet an der Ambulanz für Patienten und integrative Medizin (CHAMP) Leistungen für Selbstzahler an.

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