Steigende Zinsen

Ein Grund zum Sparen

Die steigenden Zinsen in der Euroregion sorgen für Freude bei den Anlegern und Trauer bei den Kreditnehmern. Doch bevor der Kunde sich für eine Anlage oder einen Kredit entscheidet, sollte er die Angebote vergleichen. Denn nicht alle Banken reichen die neuen Vorgaben direkt an ihre Kundschaft weiter

Jean-Claude Trichet, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) lässt nicht nach. Nachdem er am 6. Juni 2007 den Leitzins zum achten Mal hintereinander auf jetzt vier Prozent erhöht hat, kündigte er vor kurzem für den Herbst weitere Zinserhöhungen an. Die meisten Fachleute gehen davon aus, dass die Marke dann 4,5 erreicht wird. Das wäre der höchste Wert seit sechs Jahren. Ob er das Ende der Fahnenstange darstellt, hängt ganz sicher von der Entwicklung der Inflationsrate und dem Konjunkturverlauf ab.

Vier Prozent und mehr

Für die Baufinanzierung jedenfalls dürften damit die goldenen Zeiten vorerst vorbei sein. Eine Drei vor dem Komma für zehnjährige Hypotheken wird es so schnell nicht mehr geben. Aktuell liegen die Konditionen wieder bei fünf Prozent. Wer sich jetzt darüber grämt, dass er nicht früher eine Hypothek aufgenommen hat, sollte bedenken, dass auch die jetzt geltenden Zinssätze für langfristige Darlehen noch deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt liegen. Und die Androhung weiterer Zinssteigerungen werten clevere Kreditnehmer als Signal dafür, sich jetzt langfristige Darlehen zu festen Konditionen zu sichern. Denn mittelfristig werden die Zinsen weiter anziehen. Wieviel mehr Bauherren dann für das geliehene Kapital zahlen müssen, verdeutlicht ein Beispiel: Steigen die Zinsen für einen Kredit über 200 000 Euro um 0,5 Prozent, bedeutet das eine jährliche Mehrbelastung von 1000 Euro. Über die Jahre kommt so ein ansehnlicher Betrag zusammen, den der Bauherr gut für andere Dinge brauchen kann.

Nachteilig für angehende Hausbesitzer wirken sich zudem die anziehenden Preise auf dem Immobilienmarkt aus. Das gilt vor allem für die Städte, wohin es die Menschen immer stärker zieht. Deshalb geht an alle, die mit dem Gedanken an das eigene Haus oder die eigene Wohnung spielen, der Rat, sich möglichst bald zu entscheiden, um sowohl beim Kaufpreis als auch bei den Konditionen für einen Kredit möglichst glimpflich davon zu kommen.

Auf eine lange Bindung

Die Devise heißt, eine lange Zinsbindung, wenn möglich 15 Jahre, zu wählen. Sollten wider Erwarten die Zinsen in den nächsten Jahren deutlich sinken, bedeutet dies keinen Nachteil. Denn nach zehn Jahren kann der Kunde den Kredit ohne Probleme kündigen und zu günstigeren Konditionen umschulden. Eine Vorfälligkeitsentschädigung fällt dann nicht an. Umgekehrt bleibt die Bank bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit an den Vertrag gebunden und der Kunde darf sich über seine niedrigen Zinsen freuen.

Unter Wechseldruck

Nervös machen die steigenden Zinsen bestimmt so manchen Darlehensnehmer, dessen Vertrag in wenigen Jahren ausläuft. Kann sein, dass er einen neuen Vertrag nur zu deutlich schlechteren Konditionen als jetzt abschließen kann. Um sich die günstigen Bedingungen von heute zu sichern, bieten sich die so genannten Forward-Darlehen an. Das heißt, man schließt heute einen Vertrag „auf die Zukunft“ ab, der sich dann nahtlos an den alten Vertrag anfügt. Diesen Service lassen sich die Geldgeber mit einem monatlichen Aufschlag in Höhe von 0,01 bis 0,02 Prozentpunkten vergüten.

Verbraucher haben das Gefühl, dass die Zinsen für Kredite besonders schnell dem steigenden Leitzins angepasst werden oder bei einer Senkung lange auf dem hohen Niveau verharren. Bei den Zinsen für Sparguthaben dauert die Angleichung dafür umso länger. Die Banken unterliegen keiner Pflicht, die ihnen eine Anpassung auferlegt. Für sie ist der Leitzins nur ein Faktor von vielen, wenn sie die Höhe der Zinsen für Kredite oder Guthaben festlegen. Leitzinsen sind der Preis, den Banken und Sparkassen für Geld zahlen müssen, das sie sich von der Notenbank leihen. Einen großen Teil bekommen sie aber auch von anderen Instituten und von ihren Kunden, die ihr Geld auf Giro- und Sparkonten deponieren.

Der Leitzins gibt allerdings nur die grobe Marschrichtung vor. Es hängt von der Position einer Bank im Markt ab, wie schnell sie ihre Konditionen anpasst. So gehörte die Internetbank INGDiba noch vor ein, zwei Jahren zu den besonders schnellen Anpassern. Mit ihren hohen Guthaben-Zinsen für Tagesgeld-Konten lockte sie viele tausend Kunden an, die inzwischen rund 45 Milliarden Euro auf ihren Konten aufgehäuft haben. Mittlerweile hat sich die Strategie der Holländer geändert. Sie lassen sich mit dem Anheben der Zinsen mehr Zeit. Dieses Mal steigen die Zinsen für das Extra-Konto erst Mitte August auf 3,25 Prozent. In der Zwischenzeit konnte sie auf diese Weise jeden Monat mehrere Millionen Euro sparen, die statt an die Kunden in die Kasse der holländischen Mutter flossen.

Neue Lockvögel im Land

Wie lange die beliebte und hoch gelobte Bank diese Taktik verfolgen kann, wird sich zeigen. Inzwischen hat sich reichlich Konkurrenz eingestellt, die mit attraktiven Konditionen lockt. Zu den besten gehört das börsennotierte Wertpapierhandelshaus Driver & Bengsch. Dort gibt es satte vier Prozent ohne wenn und aber.

Ein Tagesgeldkonto eignet sich gut zum Zwischenparken oder Ansparen größerer Beträge. Sein Besitzer kann wie beim Girokonto jederzeit einzahlen und über sein Guthaben verfügen. Überweisungen und Daueraufträge sind nicht erlaubt. Auch die direkte Auszahlung ist nicht möglich. Um an sein Geld zu gelangen, benötigt der Kunde ein so genanntes Referenzkonto – meistens das normale Girokonto – auf das er per Telefon oder Internet sein Geld überweisen kann. Kosten fallen keine an. Die relativ hohen Zinsen, die es für Einzahlungen auf ein Tagesgeldkonto gibt, bedeuten für die meisten Banken so etwas wie Werbekosten. Sie erhoffen sich, dass die Inhaber der gut dotierten Konten noch weitere Anlagen tätigen. Sind die Zinsen besonders hoch, gibt es meist die eine oder andere Schikane.

Schikanen

Deshalb tun Sparer gut daran, sich genau über die jeweiligen Konditionen zu informieren, bevor sie sich für eine Bank entscheiden. Viele andere Anbieter verknüpfen mit hohen Zinsen immer Einschränkungen für den Kunden. Die meisten zeigen sich nur gegenüber Neukunden besonders großzügig und oft auch nur für einen begrenzten Zeitraum oder eine begrenzte Summe. So bietet zum Beispiel die 1822 direkt 4,05 Prozent für Neukunden oder die Dresdner Bank 3,50 Prozent für Neuanlagen bis maximal 20 000 Euro. Ein ähnliches Beispiel liefert die Comdirect-Bank. Sie zahlt zwar gute 3,80 Prozent, aber nur bis zu einer Summe von 50 000 Euro; die jedoch gelten für alle Kunden, nicht nur für die Neuzugänge.

Mehrmals per anno fällig

Sinnvoll ist, sich ein Institut zu suchen, das keine Mindestanlage verlangt. Dort können zum Beispiel auch Jugendliche, die noch nicht über ein hohes Einkommen verfügen, kleine Beträge sparen und trotzdem gute Zinsen bekommen. Eine weitere Faustregel besagt, dass es besser ist, sich auf einen durchgängig einheitlichen Zinssatz einzulassen als auf einen Staffelzins. Der erweist sich meist als die schlechtere Alternative. Wer gut rechnen kann, vertraut sein Kapital einem Institut an, das zu mehreren Terminen im Jahr Zinsen zahlt, wie etwa die Comdirect oder die Bankgesellschaft von Essen. Denn so erhöht sich die Rendite um bis zu 0,5 Prozentpunkte im Jahr.

Gesucht, gefunden: der Parkplatz

Anleger, die wissen, dass sie einen Teil ihres Ersparten eine bestimmte Zeit nicht benötigen und einen günstigen Parkplatz suchen, entscheiden sich vielleicht für Festgeld. Ab einer Summe von 2 500 Euro und einer Mindestlaufzeit von einem Monat gibt es mehr Zinsen als auf dem Tagesgeldkonto. Möglich sind auch drei, sechs und zwölf Monate. Gebühren fallen keine an. Auf jeden Fall lohnt sich ein Vergleich der Konditionen, denn die Zinssätze differieren stark zwischen den einzelnen Instituten. Allerdings sollte das Geld dann auch für den vorgesehenen Zeitraum auf dem Konto bleiben. Vorzeitiges Abheben senkt sofort den Zinssatz; oder die Bank kassiert Vorschusszinsen. Aber auch, wer sein Geld bis zum Ende der Laufzeit ruhen lässt, muss aufpassen und früh genug wissen, was mit dem frei gewordenen Kapital geschehen soll. Denn meldet er sich nicht rechtzeitig bei seiner Bank, verlängert diese die Festgeldanlage zu den dann gültigen Konditionen oder sie lässt sie zu einem geringen Zinssatz einfach stehen. Das Festgeld gilt dann als Sichteinlage und wird deshalb behandelt wie ein Guthaben auf dem Girokonto.

Nur so hoch wie die Sicherung

Sparer, die ihr Konto bei einer deutschen Geschäftsbank führen, wissen ihr Geld sicher verwahrt – auch wenn die Bank Konkurs anmeldet. Dann springt der Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken ein. Inzwischen entscheiden sich aber viele Anleger für die günstigen Angebote ausländischer Banken. Institute in EU-Ländern unterliegen der europäischen Einlagensicherung: 90 Prozent von 20 000 Euro sind geschützt. Das entspricht auch den Bedingungen des deutschen Entschädigungsfonds, der nichts mit dem Einlagensicherungsfonds zu tun hat. So sichert die BKM Bausparkasse Mainz ihre Kunden danach ab. Zusätzlich aber ist jeder bis zu 250000 Euro über den Bausparkassensicherungsfonds geschützt. Viele Banken, die mit hohen Zinsen locken, arbeiten mit der Einlagensicherung nach niederländischem Recht. In der Vergangenheit beschränkte sich diese auf 20 000 Euro pro Person. Seit dem 1. Januar 2007 sind es 20 000 Euro plus 90 Prozent von den nächsten 20 000. Viele türkische Banken arbeiten mit dem niederländischen Modell. In diesen Fällen empfiehlt es sich, die Anlagesumme auf 20 000 beziehungsweise 38 000 Euro zu begrenzen. Die Österreicher, zum Beispiel die Parex-Bank und die Vakifbank International, geben sich mit einer Einlagensicherung nach EU-Vorschrift, also mit maximal 20 000 Euro pro Person, zufrieden.

Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de

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